Erndtebrück. Die Interessengemeinschaft für beitragsfreie Straßen wollte es wissen, jetzt gibt es Antworten: So stehen die Erndtebrücker Fraktionen zum KAG.

Kurz vor der Kommunalwahl nimmt die Interessengemeinschaft (IG) Siegen-Wittgenstein für beitragsfreie Straßen die Parteien sozusagen ins Kreuzverhör – vor einigen Wochen forderten sie alle Fraktionsvorsitzenden im Kreis zu einer Stellungnahme in Sachen KAG auf (wir berichteten).

„Vor der Kommunalwahl sollen die Leute doch wissen, wen sie wählen“, sagte Diana Borawski, Vertreterin der IG damals zur Motivation der Fragestellung. Folgendes wollte die IG von den Fraktionsvorsitzenden wissen: „1. Werden Sie und Ihre Fraktion sich dafür aussprechen, Baumaßnahmen nach Paragraf 8 KAG auszuführen bzw. abzurechnen? 2. Werden Sie und Ihre Fraktion sich für die Abschaffung des Paragrafen 8 KAG aussprechen? 3. Werden Sie und Ihre Fraktion sich dafür aussprechen, neue Straßenbaumaßnahmen bis zur endgültigen Abschaffung auszusetzen?“

Jetzt liegen der IG die Stellungnahmen der Erndtebrücker Fraktionen vor – bei einem Gedankenaustausch vor Ort in der Gemeinde kamen alle Beteiligten noch einmal ins Gespräch.

Die SPD

„Für die SPD Fraktion in Erndtebrück ist klar, dass aktuell keine Straßen nach KAG ausgebaut werden können“, antwortet Tim Saßmannshausen, SPD-Fraktionsvorsitzender Erndtebrücks auf die Fragen der IG. Bereits seit Beginn der Diskussionen spreche sich die Partei für die Abschaffung des KAGs aus.

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„Man kann es den Bürgerinnen und Bürgern nicht zumuten, dass sie fünfstellige Summen für ihre Straße bezahlen müssen. Somit werden wir uns auch weiterhin dafür einsetzen, dass dieser Paragraph abgeschafft wird“, versichert Saßmannshausen. Trotz des schlechten Zustandes vieler Straßen sei ein Ausbau jetzt nicht möglich. Es heiße weiter Abwarten mit Blick auf den Landtag und die Wahl 2022.

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„Abschließend möchte ich mich persönlich bei Ihnen und Ihren Mitstreitern für Ihren Einsatz bedanken. Nur gemeinsam mit vielen Beteiligten können wir es schaffen, dass dieser Paragraph im KAG möglichst bald der Vergangenheit angehört“, schließt Saßmannshausen an die Mitglieder der IG gerichtet.

Die CDU

„Das wird Aufgabe der neuen Fraktion sein, die sich nach der Kommunalwahl bilden wird“, macht Heinz-Josef Linten, CDU-Fraktionsvorsitzender zur ersten Frage der IG klar. Die CDU habe sich einstimmig im

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Gemeinderat und somit auch in der Fraktion für die Abschaffung des KAG ausgesprochen. „Mit der jetzigen Fraktion, die noch bis zum 31. Oktober im Amt ist, haben wir für das Jahr 2020 alle KAG-Straßenausbaumaßnahmen ausgesetzt“, so Linten.

Die FDP

„Die FDP hat sich zum Thema KAG deutlich positioniert. Daher bekommen solche Baumaßnahmen von uns

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keine Zustimmung“, erklärt Erndtebrücks FDP-Chef Guido Schneider. „Wir haben uns schon über Jahre für andere Konzepte und Wege im kommunalen Straßenbau ausgesprochen, um Anliegerbeiträge zu vermeiden. Schon vor mehr als zwei Jahren habe ich die Diskussion vor Ort angestoßen und die Unterstützung des heimischen Kreisverbandes gesichert“, so Schneider.

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Die Erndtebrücker FDP werde sich weiter für ein endgültiges Ende der Straßenbaubeiträge einsetzen und werde damit erst aufhören, wenn die Abschaffung „durch ist“. Die Freien Demokraten in Erndtebrück setzen sich laut Guido Schneider seit Jahrzehnten für einen laufenden Straßenunterhalt ein, der große Ausbaumaßnahmen zur Ausnahme, statt zur Regel mache.

„Diese Baumaßnahmen können schon jetzt nicht über Anliegerbeiträge abgerechnet werden. Wir sehen darin einen sinnvollen Weg der Substanzerhaltung der Infrastruktur, denn gerade der Rückgriff auf Baumaßnahmen nach KAG hat doch zu vielen maroden Straßen geführt, die heute zu hohen Kostenführen. Unabhängig von Kostenumlagen nach KAG fordern wir ein Umdenken im Straßenbau, hin zu mehr Substanzerhaltung“, so Schneider.

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Dort, wo es möglich ist, solle aber der Investitionsstau nicht noch größer werden. Straßenbau ohne Kostenbeteiligung müsse weiterhin möglich sein. „Wir werden Ihre Interessengemeinschaft und hoffentlich bald Verein bei Ihrer Lobbyarbeit unterstützen“, erklärt Schneider in seiner Stellungnahme.

Die UWG

„Die UWG Erndtebrück spricht sich ausdrücklich nicht dafür aus, Baumaßnahmen nach Paragraf 8 KAG auszuführen und/oder abzurechnen“, betont Benjamin Lübbert von der UWG Erndtebrück. Die Fraktion

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befürworte hingegen die Abschaffung des KAG und spreche sich dafür aus, anstehende Bauvorhaben so langeauszusetzen, bis „die KAG-Thematik zufriedenstellend geklärt ist.“

In der Frage, was an die Stelle der bisherigen Regelung treten soll, gebe es in der UWG Erndtebrück unterschiedliche Ansichten. „Meine ganz persönliche Meinung ist, dass die Gemeinden eine geringe regelmäßige Abgabe mit Zweckbindung erheben sollen, deren Ertrag in die Straßensanierung im gesamten Gemeindegebiet fließen soll.

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Je nach Grundstücksgröße sollte dieser Betrag zwischen 100 und 500 Euro pro Jahr liegen. Die Regelmäßigkeit der Abgabe ermöglicht es den Anwohnern zum einen, diese von vornherein einzubeziehen in die Finanzplanung und zum anderen, sie ohne Kreditaufnahme oder Opferung der Ersparnisse aufzubringen.“

Die Interessengemeinschaft

„Hier im Ort haben die Fraktionen für ihre betroffenen Bürger Verständnis gezeigt“, so Diana Borawski, Christa Guardia und Susanne Linde, Vertreterinnen der Interessengemeinschaft. „Von dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Heinz Josef Linten haben wir eine sehr ernüchternde Antwort erhalten. Ist die Unterstützung also personenabhängig und muss man erst warten, wie gewählt wird?“, fragt die IG.

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„Wir erwarten vielmehr, dass sich eine Fraktion auch vorher schon Gedanken macht, wie sie in den Wahlkampf gehen will und für welche Themen sie sich einsetzen wird“, betonen die Vertreterinnen. „Alle anderen Fraktionen konnten uns durchaus eine eindeutige Auskunft dazu geben. [...] Wir begrüßen an dieser Stelle ausdrücklich, dass wir von allen Fraktionen aus Erndtebrück eine schriftliche Stellungnahme erhalten haben.

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„Dankbar sind wir, dass UWG, FDP und die SPD sich weiterhin für die Abschaffung einsetzen werden und bis diese erfolgt ist, keiner Baumaßnahme zustimmen wollen, die nach Paragraf 8 KAG abgerechnet werden würde. Enttäuscht bleiben wir hingegen vom Desinteresse der CDU- Fraktion“, macht die IG klar.

Das Gespräch

„Paragraf 8 des KAG ist antiquiert“, sagte Karl-Ludwig Völkel (SPD) am Montagabend im Gespräch mit der IG und anderen Politikern der Gemeinde. Bürgermeisterkandidat Steffen Haschke (CDU) wies darauf hin, dass nicht außer Acht gelassen werden dürfe, dass potenziell Anlieger mit Anspruch auf Verkehrssicherheit klagen könnten – in diesem Fall müsse es eine Lösung geben, die die Bürger nicht belastet und die Verkehrssicherheit hergestellt werden könne.

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„Ein Gesetz ist dazu da, dass es geändert wird. Das ist Demokratie. Wenn wir sehen, dass die Bürger etwas nicht leisten können, müssen wir etwas ändern“, sagte Heinz-Georg Grebe (FDP). Schlussendlich waren sich alle Parteien einig, dass das KAG so, wie es jetzt ist, nicht stehen bleiben kann. „Das muss von Landes- auf Bundesebene gebracht werden“, mahnte Borawski an.

Sie könne nicht verstehen, warum 15 Milliarden Euro, die bereit stünden, von der Landesebene nicht abgegriffen würden und die Bürger für den Straßenausbau zahlen müssen: „Das Geld ist da, es muss nur besser verteilt werden.“ Und darauf müsse in der Politik immer wieder gepocht werden.