Hilchenbach. Murrend beugt sich der Hilchenbacher Rat dem Veto des Landrats in Sachen KAG-Beiträge – mit 27 Stimmenthaltungen.

Der Hilchenbacher Rat fügt sich: Mit sechs Stimmen hat er am Mittwoch seinen Beschluss vom 27. Februar 2019 aufgehoben, die Straßenoberfläche der Siedlung allein auf Kosten der Stadt zu sanieren. 27 Ratsmitglieder enthielten sich der Stimme.

Formal ist der Rat damit einer Beanstandung seines Beschlusses durch Bürgermeister Holger Menzel gefolgt, zu der dieser wiederum von der Kommunalaufsicht und damit letztlich von Landrat Andreas Müller angewiesen worden war. In der Sache jedoch, so wurde deutlich, steht die Mehrheit des Rates zu ihrem Beschluss. „Wir werden niemals einer KAG-Maßnahme zustimmen“, sagte SPD-Fraktionschef Helmut Kaufmann – weder in der Siedlung noch in irgendeiner anderen Straße.

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Vor der Aula: Protest von neuer Interessengemeinschaft

Vor der Aula der Carl-Kraemer-Realschule, in die die Ratssitzung diesmal wegen der Corona-Abstandsbestimmungen verlegt worden war, hatte die neu gegründete „Interessengemeinschaft Siegen-Wittgenstein für beitragsfreie Straßen“ demonstriert. Unter dem Dach der Interessengemeinschaft haben sich Initiativen zusammengeschlossen, die gegen Anliegerbeiträge zum Straßenausbau und für die Änderung des Kommunalabgabengesetzes (KAG) eintreten – die älteste Gruppe aus Erndtebrück führt den Kampf bereits seit 2012.

Mit allen Vorsitzenden der 54 Ratsfraktion im Kreisgebiet habe die Interessengemeinschaft Kontakt aufgenommen, berichtet Sprecherin Diana Borawski aus Hainchen. Alle bisherigen Antworten unterstützten das Anliegen der Anlieger. Von der CDU habe es allerdings bisher keine Rückmeldung gegeben.

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„Der Anliegeranteil muss weg“, fordert Diana Borawski. Der Beschluss des Landtags, 50 Prozent zu bezuschussen, sei keine Lösung: Die Fördermittel seien an den Stichtag 1. Januar 2018 gebunden, nach dem der Straßenausbau beschlossen worden sein muss. Ob das Budget ausreiche sei offen. Und: Immer noch bleibe unter Umständen eine hohe Belastung. „Paradox“ findet es Diana Borawski, Familien zum Bauen zu animieren und danach mit dem Straßenbau zu belasten – sie selbst hat es in der Hainchener Kampenstraße getroffen, zwei Jahre nach dem Eigenheimbau in einer Baulücke. „Mich erwartet eine Rechnung von 30.000 Euro.“ Glück, so Susanne Linde von der Feudinger Initiative, hätten allenfalls Einwohner wohlhabender Kommunen: Die könnten sich niedrigere Anliegeranteile leisten.

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In der Aula: Kaum Stimmen für Anliegerbeiträge

„Das Gesetz wird die nächste Landtagswahl nicht überleben“, hofft Helmut Kaufmann (SPD). Bis dahin werde kein Straßenausbau in der Siedlung und auch nicht in der Hain- oder Hörbachstraße erfolgen. Kaufmann verwies auf die Umstrittene Dichtheitsprüfung für Kanalhausanschlüsse: Die sei auch sehr schnell abgeschafft worden – zum Nachteil derer, die ihre Rechnung schon bezahlen mussten, ausgerechnet auch in der Hilchenbacher Siedlung. „Das wollen wir uns ersparen.“

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„Der Bürger hat verdient, dass man ehrlich mit ihm umgeht“, erwiderte André Jung (CDU). An einem Ausbau nach KAG-Bedingungen führe kein Weg vorbei, „mit den Oberflächensanierungen auf Kosten der Stadt kommen wir an technische Grenzen“. Zumindest in der Siedlung werde es auch nicht zu einem „Vollausbau“ kommen. Jung nannte eine Kostenschätzung von 2,80 Euro Beitrag je Quadratmeter Grundstück, der dann durch Landesförderung auf die Hälfte reduziert werde.

Vergleich mit Heinsberger Straße

Jung spreche als Nicht-Betroffener, wandte Dr. Peter Neuhaus (Grüne) ein, der sich als Kirchweg-Anlieger ebenfalls auf der sicheren Seite sah: „Du kriegst eine schicke Bundesstraße vor die Tür.“ Dr. Neuhaus regte einen Ratsbeschluss an, Straßenausbauten, für die KAG-Beiträge fällig würden, „kategorisch auszuschließen“.

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Ähnlich äußerte sich Sven Wengenroth (Linke): „Wir werden keiner KAG-Maßnahme zustimmen.“ Als „unehrlich“ kritisierte Wengenroth CDU-Landtagsabgeordnete, die sich vor Ort gegen das KAG eingesetzt und im Landtag doch für die Beibehaltung gestimmt hätten. Ernst Heinrich Hofmann (FDP) führte zum Beginn der Debatte zurück: Bei der Heinsberger Straße habe die Kommunalaufsicht den Verzicht auf Anliegerbeiträge bestätigt. Den Unterschied zur Siedlung, sagte Hofmann, „kann ich nicht nachvollziehen.“

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