Siegen. . Wissenschaftler der Universität Siegen arbeiten seit Jahresbeginn mit Firmen an Lösungen für ein nachhaltiges Energiemanagement für mittelständische Unternehmen und Privathaushalte. Das Programm wird mit fast 1,8 Millionen Euro vom NRW-Umweltministerium gefördert.

Energie wird teurer. Das bekommen Unternehmen genauso zu spüren wie alle Menschen. In Siegen-Wittgenstein und in ganz Südwestfalen gibt es viele energieintensive Branchen. Die Stahlverarbeitung zählt dazu. In manchen Wirtschaftszweigen machen Energiekosten 40 Prozent der Gesamtkosten aus. Doch für alle anderen Gewerbe und die eigenen vier Wände gilt: Die steigenden Energiekosten sind oft viel zu deutlich spürbar.

Forscher und Praktiker

Wissenschaftler der Universität Siegen arbeiten seit Jahresbeginn mit auf Datenverarbeitung und Simulationsmodelle spezialisierten Firmen an Lösungen für ein nachhaltiges Energiemanagement für mittelständische Unternehmen und Privathaushalte. Living Lab Energy & Environment heißt das Programm. Es wird mit fast 1,8 Millionen Euro vom NRW-Umweltministerium gefördert. Mit einem effizienten Energiemanagement können sich Unternehmen einen Vorsprung gegenüber Mitbewerbern verschaffen.

Und: Wer Energie spart, schont die Umwelt. „Die Reduzierung des CO2-Ausstoßes ist eine globale Aufgabe“, sagt Minister Johannes Remmel. „Sie geht aber auch ins Regionale.“ Der größte Teil der Unternehmer wisse sehr gut über seine Gesamtstromkosten Bescheid. „Wenn man sie fragt, in welchen Prozessen wie viel Energie verbraucht wird, wissen es nur die wenigsten exakt“, sagte Remmel bei der Vorstellung des Forschungsprojekts im Kundenzentrum der Sparkasse Siegen.

Prinzipiell setzt das Forschungsprogramm dort an: Wissen und Innovationsbereitschaft. Am Ende sollen die von den Forschern und Praktikern analysierten Unternehmen z.B. ihren Energieeinkauf effizienter gestalten und ihren Energieverbrauch auf allen Produktionsebenen zuordnen können, um mögliche Einsparpotenziale leichter aufzuspüren. Außerdem sollen für die Firmen passgenaue Produkte entwickelt werden, die im Arbeits- und Produktionsprozess helfen, Energie zu sparen.

„Ein Ziel ist es, ein Bündel von Produkten zu entwickeln“, sagt der Siegener Wirtschaftsinformatiker Prof. Volker Wulf. Um Einsparpotenziale für die Unternehmen aufzuspüren, werden betriebliche Abläufe zunächst analysiert: Produktion, Kommunikation, Arbeitsschritte usw. Auf diesen Daten basierend werden technische Lösungen in enger Kooperation mit den späteren Anwendern erarbeitet – im sogenannten Living Lab.

Verblüffender E-Mail-Test

Wichtig sei, dass Anwendern – egal ob in Unternehmen oder in Privathaushalten – gezeigt werde, welches Sparpotenzial möglich sei, sagt Prof. Martin Hill. Denn durch die fehlende Sichtbarkeit und Materialität der Energie wird der bewusste – und kostensparende – Umgang erschwert. Der Siegener Betriebswirtschaftler erzählt von einem Test, den er vor Jahren bei einem großen deutschen Unternehmen gemacht habe: E-Mail-Ausdrucke aus allen Abteilungen wurden im Foyer auf Europaletten gestapelt. Mitarbeiter sollten schätzen, über welchen Zeitraum das Papier gesammelt wurde. „Die meisten tippten auf einen Monat“, sagt Hill. Ein Tag war die korrekte Lösung. „Die Visualisierung von Ergebnissen ist wichtig, um Verhalten zu ändern und Anreize zu schaffen“, so der Forscher.