Siegen. . Die Uni Siegen und das Bonner Institut für Mittelstandsforschung (IfM) forschen zusammen zum Thema Kleine und Mittlere Unternehmen in Südwestfalen. Ein Forschungsprojekt widmet sich einer Nische mit wachsender Bedeutung: Crowdfunding als neue Form der Finanzierung bei Existenzgründungen.

Kooperation ist immer gut. Deshalb herrschte im Februar 2013 allgemeine Zufriedenheit, als die organisierte Zusammenarbeit zwischen den Wirtschaftswissenschaftlern der Universität Siegen und dem Bonner Institut für Mittelstandsforschung (IfM) verkündet werden konnte. Die Initiative dazu ging vom IfM-Kuratoriumsvorsitzenden Hartmut Schauerte, dem langjährigen CDU-Mittelstandexperten aus dem Sauerland, und Siegens Uni-Rektor Holger Burckhart aus und wird an der Spitze verkörpert durch Friederike Welter, die zugleich Präsidentin des IfM und BWL-Professorin an der Uni Siegen ist.

Das Projekt klingt naheliegend und erfolgversprechend, weil Südwestfalen eine der stärksten Mittelstandsregionen Deutschlands bildet und in Siegen der Forschungsschwerpunkt Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) etabliert ist, während das IfM seit 1957 eine Institution darstellt, an der momentan 46 Mitarbeiter, darunter 24 Wissenschaftler über und für den Mittelstand arbeiten. Aber was ist konkret passiert im ersten Jahr, abgesehen davon, dass ein IfM-Büro in Siegen eingerichtet wurde? Friederike Welter: „Zwei gemeinsame Forschungsprojekte sind bereits gestartet.“

Erfolgversprechendes Projekt

Das erste leitet der Siegener Professor Arnd Wiedemann (Finanz- und Bankmanagement). Er hat beobachtet, dass „gerade die mittelständischen Unternehmen in oder trotz der Finanzkrise in der Lage waren, ihre Eigenkapitalquote deutlich zu steigern“. Die Regelungen für die Banken wurden 2007 verschärft (Basel II), und das machte es vielen Mittelständlern schwerer, an Kredite zu kommen. Darin dürfte die Ursache für die erhöhte Eigenkapitalquote liegen. „Die Bedeutung von Finanzierungsentscheidungen ist gewachsen, und die Frage des richtigen Finanzierungsmixes spielt eine immer stärkere Rolle“, sagt Wiedemann.

Er will nun untersuchen, ob sich die starken Mittelstandsregionen in Baden-Württemberg und Bayern in der Finanzierungsstrategie von der südwestfälischen Nr. 3 unterscheiden, wie es deutschlandweit aussieht und wie sich die verschiedenen Branchen unterscheiden. Auch die Hebelwirkungen von Finanz- und Kostenstrukturen auf den Unternehmenserfolg würden genauer betrachtet. „Südwestfalen ist dabei der Testballon“, erklärt der Forscher. „Vielleicht gibt es hier besondere Erfolgsfaktoren.“

Eine Nische mit Wachstumspotenzial

Und das zweite Forschungsprojekt? Eine Nische mit wachsender Bedeutung: Prof. Dr. Petra Moog, Expertin für Unternehmensnachfolge und innovative Unternehmensgründungen, untersucht mit insgesamt sechs Wissenschaftlern aus der Universität Siegen, dem Gründerbüro und dem IfM Bonn, welche Rolle Crowdfunding als neue Form der Finanzierung bei Existenzgründungen spielt. Bislang gibt es kaum großflächige empirische Forschung zu diesem Phänomen, das aus dem angelsächsischen Raum nach Deutschland geschwappt ist und bei dem Internet-Plattformen Investoren und Gründer zusammenbringen.

Hierzulande wurde beispielsweise der „Stromberg“-Kinofilm durch Fans der TV-Serie mitfinanziert, aber Moog beobachtet dieses Modell in vielen Geschäftsbereichen und Regionen: „Es geht durchaus nicht nur um Media und IT, und es gibt Anfragen aus ganz Deutschland zu Crowdinvestment.“ Die Bewerber seien oft Gründer, deren Geschäftsideen für Großinvestoren (Venture Capitalist) zu klein sind, für Banken zu innovativ oder wo die üblicherweise verlangten Sicherheiten nicht vorhanden sind.

Fuß in Wissenschaft und Praxis

Aber das gehört auch schon zu den Fragen, die in den kommenden eineinhalb Jahren zu klären sind: Wer sind die Kapitalsuchenden, wer sind die Investoren? Wie verhält es sich mit den Überlebenswahrscheinlichkeiten im Vergleich zu anderen Gründungen?

Prof. Weiter beschreibt die grundsätzlichen Vorteile für die Universität so: „Die Siegener Wissenschaftler erhalten die Möglichkeit, einen Fuß in die Wissenschaft und einen in die Praxis und die Wirtschaftspolitik zu setzen.“ Es verändere sich auch die Zielrichtung bei der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse. Nicht wissenschaftliche Fachpublikationen stünden zuvorderst im Fokus, sondern die Information von Wirtschaftsverbänden und Wirtschaftspolitik: „Diese Forschung hat eine längere Wirkung mit praktischem Nutzen.“ Zugleich schätzt Welter, dass sie in die Lehre eingebunden bleibt. Sie bietet zweisemestrige Master-Projektseminare beispielsweise zur Politikberatung für den Mittelstand an. Für den Sommer ist eine Exkursion zum Bundeswirtschaftsministerium geplant.