Siegen. Quartier Kirchweg Siegen: Viele marode Wohnhäuser auf einer, Riesenbauten auf anderer Seite, in der Mitte ein Biergarten. Stadt will optimieren.
Das Quartier Kirchweg liegt in der sogenannten „Verwaltungsstadt“, eigentlich mitten im Zentrum, aber abgeschnitten durch die breiten, stark befahrenen Koblenzer und Berliner Straße. Eigentlich bildet es also eher das Tor zur Innenstadt, ein Ausläufer der Hammerhütte. Hier mischen sich zwischen Kleins Ecke auf der einen und Landgericht auf der einen Seite Wohnen und Gewerbe; aus der Luft betrachtet eher unstrukturiert und durcheinander. Der Bereich ist zwar in größeren Teilen derzeit nicht sonderlich attraktiv, kann es aber werden. Denn als „Gelenk“ und Übergang zwischen wichtigen Standorten wie Hauptbahnhof und Siegerlandhalle ist er wichtig für die Stadtentwicklung. Die Stadt möchte das Quartier seit Jahren aufwerten, optimieren; hier Wohnen und Arbeiten verzahnen mit öffentlichen Nutzungen. Mit einer Entwicklungsstrategie sollen nun konkrete Schritte unternommen werden.
Der Ist-Zustand: An Siegener Hauptstraßen große Gebäude, kleinteilige an der Rückseite
Neben großen, auch betrieblich genutzen Gebäuden an den Hauptverkehrsachsen gibt es an der nördlichen Kante kleinteiligere Bebauung; Wohnhäuser und Nebengebäude, Hinterhöfe, dazu ein alter Baumbestand und der zentral gelegene Biergarten an der Rückseite der ehemaligen Hammerhütter Schule („KIQ“). Die Stadt, heißt es ein einer nichtöffentlichen Vorlage, über die der Rat am 29. Mai abschließend beraten soll, hat in diesem Bereich immer wieder Grundstücke gekauft, um auf einen anstehenden Umbau des Quartiers vorbereitet zu sein. Neben der denkmalgeschützten früheren Schule gehören auch das Tankstellen-Areal und der ehemalige Gasthof Klein an „Kleins Ecke“ der Stadt, außerdem weitere Grundstücke mit teils ebenso renovierungsbedürftigen Häusern darauf.
Die Ziele: Durcheinandergewürfelte Strukturen in zentrumsnahem Siegener Quartier aufwerten
Knackpunkt ist der Grundbesitz. Wenn hier Abriss und Neubau stattfinden, müssen alle Eigentümer mitmachen. Nicht alles soll dabei weg; die prägende Gaststätte ebenso bleiben wie möglichst die ehemalige Schule. Aber insbesondere Kleins Ecke und angrenzende Wohngebäude sind in keinem guten optischen und oftmals auch baulichen Zustand. Die Stadt möchte die etwas durcheinandergewürfelten Strukturen langfristig auf Vordermann bringen und nachverdichten - ähnlich wie im Quartier vordere Friedrichstraße, wo die Uni statt der heutigen verschachtelten Gebäude und Hinterhöfe einen durchgeplanten Teilcampus anstrebt. Mitte des Jahres 2024, heißt es in der Vorlage weiter, könnten strategische Entscheidungen getroffen werden, „die sich maßgeblich auswirken“.
Ein Schlüsselgrundstück sei dabei die Tankstelle. Frühestens Ende 2025 könne das Pachtverhältnis gekündigt werden, dafür brauche es aber ein Städtebau-Konzept für das gesamte Quartier. Da nach wie vor nicht alle Grundstücke der Stadt gehören, braucht es die Eigentümer. Die Stadt Siegen hat sich bereits vor einiger Zeit erfolgreich bei „Bau. Land. Partner“ beworben; die Initiative des NRW-Heimatministeriums unterstützt Kommunen unter anderem bei der Kommunikation mit unwilligen Grundbesitzern. „Zum jetzigen Zeitpunkt ist niemand aus der Eigentümerschaft des Standortes bereit, eine Kooperationsvereinbarung zu unterzeichnen“, so die Verwaltung. Aber es gebe zumindest Interesse an weiterem Austausch, weiteren Informationen. Anders formuliert: Die Stadt muss dicke Bretter bohren, steter Tropfen höhlt den Stein. Vielleicht.
Zusammen mit „Bau. Land. Partner“ möchte die Stadt demnach weitere Nutzungsvarianten erarbeiten und damit die Eigentümer anzusprechen - in der Hoffnung, dass diese zur Kooperation bereit sind, wenn ihre Interessen im Bebauungsplanverfahren berücksichtigt werden. Dabei geht es eben vor allem um eine verbesserte Struktur mit einheitlicherer (Wohn-)Bebauung, mehr Grün, besseren Wegeverbindungen.
Die Varianten: Kann die Alte Hammerhütter Schule in Siegen erhalten werden - oder zu marode?
Die sanierungsbedürftige alte Hammerhütter Schule muss ohnehin angefasst werden. Das dortige „Kultur-Integration-Quartier“ könnte alternativ in die Tiergartenstraße verlagert werden, wo die KEG für die Stadt das ehemalige Kreiswehrersatzamt umbauen will. Instandsetzen und erweitern des Altbaus sei die bessere, Abriss die schlechtere Variante - erhebliche bautechnische und statische Mängel könnten das Gebäude, Denkmalschutz hin oder her, unsanierbar machen. Dazu brauche es aber zunächst weitere Gutachten.
Direkt daneben liegt die Tankstelle, hier soll in jedem Fall möglichst auch Freiraum geschaffen werden, zumindest an der Rückseite eines Neubaus, in dem Räume für Kultur und Soziales, Büros und Verwaltung, eine Kita oder die Bluebox denkbar sind. Wie berichtet ist das Jugendzentrum an der Sandstraße ebenfalls ziemlich baufällig.
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An die Stelle des früheren Hotels Klein könnte als Favorit der Verwaltung ein Neubau treten, wiederum auch mit Büro- und Verwaltungsflächen - oder aber eine „Grüne Ecke“ (die auch an der nordwestlichen Ecke als attraktivere Freifläche denkbar ist; gegenüber der Einmündung Wiesenstraße auf den Kirchweg). Die Bepflanzung würde sich von dort weiter durchs Quartier ziehen und die bislang fehlenden Wegeverbindunge schaffen. Problematisch an dem Gebäude auf der Ecke ist seit jeher, dass es sich eine tragende Wand mit einem Nachbargebäude teilt, ein Abriss daher schwierig ist. Ein Kauf sei derzeit nicht möglich. Immer noch nicht. Ein Kunstwerk von Joseph Beys auf besagter Wand dürfte da nur eine Randnotiz sein.