Siegen. Junge Frau habe gefleht: „Bitte bring mich nicht um, ich habe kleine Kinder“, erzählt der Zeuge im Landgericht Siegen. Er hat den Mord gesehen.

Im Wesentlichen bestätigt der Belastungszeuge die Vorwürfe, die die Siegener Staatsanwaltschaft dem Angeklagten zur Last legt. Der Mann berichtet am Mittwoch, 13. März, im Landgericht Siegen, wie er bei einem heimtückischen Mord dabei gewesen sei, wie der Beschuldigte am frühen Montagmorgen, 14. August 2023, seine Ex-Partnerin und Mutter der gemeinsamen Kinder in deren Beisein am Grenzübergang Emmerich-Elten hinterrücks mit einem Messer getötet habe. Das Gericht hat dennoch Mühe mit dem Zeugen und seiner Aussage, die sich über mehrere Stunden hinzieht.

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Nicht nur, weil der Mann, der kein Deutsch spricht, zu ausgiebigem Diskutieren neigt, ausweicht, sich rechtfertigt, wenn Vorsitzende, Nebenklage, Staatsanwältin, Verteidiger und Sachverständiger Fragen stellen. Sondern vor allem, weil er in einigen Details abweicht von dem, was er in mehreren Befragungen den Ermittlern der Polizei erzählt hat. Was der Mann, der parallel selbst als Beschuldigter eines Schleuser-Prozesses vor Gericht steht und derzeit in Untersuchungshaft ist, mit seinem erheblichen Drogenkonsum vor und nach der Tat begründet. Erst seit wenigen Wochen sei er wieder klar. Allerdings widerspricht er sich mitunter in Details auch selbst, etwa zur Chronologie oder wenn es darum geht, wer etwas zu ihm gesagt habe. Nicht alle offenen Fragen können an diesem Verhandlungstag geklärt werden.

Der Leichnam der Frau wurde am Montagmorgen, 14. August 2023, in Emmerich-Elten auf einem Feldweg neben der Autobahn gefunden. Die Angaben des Zeugen bestätigen den Fundort als möglichen Tatort, auch wenn dazu noch Fragen offen sind. (Archivbild)
Der Leichnam der Frau wurde am Montagmorgen, 14. August 2023, in Emmerich-Elten auf einem Feldweg neben der Autobahn gefunden. Die Angaben des Zeugen bestätigen den Fundort als möglichen Tatort, auch wenn dazu noch Fragen offen sind. (Archivbild) © Emmerich | Konrad Flintrop

Familienausflug oder Land verlassen? In der Nacht beginnt in Siegen die Fahrt der Frau in den Tod

Grundsätzlich aber bestätigt der Mann das, was Ermittler und Zeugen, die die weibliche Leiche an der niederländischen Grenze fanden, bereits im Prozess ausgesagt hatten, wobei allerdings nach wie vor Fragen offen sind. Er habe durch seinen Drogenkonsum Job und Wohnung verloren, sagt er am Mittwoch. Über einen Freund – der Cousin des Angeklagten – hörte er, dass jemand gesucht werde, der mit nach Holland fährt und später das Auto zurückbringt, dafür 1000 Euro bekommt. Den Beschuldigten kannte er demnach flüchtig, vom Drogenkaufen. Grund sei angeblich gewesen, dass er mit Drogen am Steuer erwischt worden sei und mit der Familie das Land habe verlassen wollen.

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Ungefähr um Mitternacht seien sie in Siegen losgefahren. Der Angeklagte am Steuer, die Frau und die beiden Kinder, 1 Monat und 4 Jahre alt, auf der Rückbank, er auf dem Beifahrersitz. Es sei ihm alles ganz normal vorgekommen, wie ein normaler Familienausflug, sagt er. Wenige Minuten nach dem Start sei er eingeschlafen. An einer Tankstelle sei er ein paar Stunden später wieder wach geworden, nicht wissend, wo er sei, wenig später habe der Angeklagte den Mietwagen von der Autobahn auf einen Feldweg gelenkt. Warum sie stehengeblieben seien, wollte er demnach wissen. „Er sagte, dass seine Frau Sex mit zwei Männern haben wollte.“ Die beiden seien ausgestiegen und hinters Auto gegangen, er sei mit den Kindern im Wagen geblieben. „Ich dachte, die wollten was für die Kinder holen.“

Angeklagter soll Ex-Partnerin zu Sex mit Zeugen genötigt haben – und schnitt ihre Kehle durch

Nach ein paar Minuten habe der Angeklagte ihn aufgefordert, ebenfalls auszusteigen und wiederholt, dass seine Frau Sex mit zwei Männern wolle. Er stellte sich demnach zu den beiden, in die Nähe der offenen Kofferraumklappe. Die Frau sei nah zu ihm gekommen, habe ihn geküsst, seine Hose heruntergezogen, sie solle niederknien, habe der Beschuldigte gefordert. Er stand demnach hinter ihr; als sie dem nachkam, habe er ein Messer herausgeholt und ihr in den Hals gestochen – genau in dem Moment, als sie gefleht habe: „Bitte bring mich nicht um, ich habe kleine Kinder.“ Er sei zurückgewichen, der andere habe weitergemacht. Sie schleppte sich auf die andere Seite des Autos, sagt er weiter, sie habe erneut gefleht, dass der Angeklagte sie nicht töte, „er hat mit dem Messer weitergemacht“, auf die Frau eingestochen, die ein paar Meter vom Wagen entfernt im Gras gelegen habe.

Er sagte, dass seine Frau Sex mit zwei Männern haben wollte.
Zeuge - vor dem Siegener Landgericht

Der Angeklagte habe danach außerdem auch seine ältere Tochter umbringen wollen, so der Zeuge weiter, der im Lauf des Verfahrens durchaus selbst noch zum Angeklagten werden könnte, wie am Mittwoch angedeutet wurde. Weil sie alt genug sei, um zu verstehen, was passiert war. Davon habe er ihn aber abbringen können, „Nein, du bringst deine Tochter nicht um“, obwohl er unter Schock gestanden habe. „Hätte er mich angegriffen, hätte ich mich nicht wehren können.“ Der Angeklagte habe das Messer weiter in der Hand gehabt, er habe ihm beim Händewaschen helfen müssen. Dann seien sie zurück Richtung Siegen gefahren, er habe am Steuer gesessen. Das ältere Mädchen habe die ganze Zeit geweint, nach ihrer Mama gerufen, der Angeklagte habe es geschafft, sie halbwegs zu beruhigen. „Ich wollte so schnell wie möglich aus der Sache raus, nur nach Siegen.“ Der Angeklagte habe angedeutet, dass er mitmachen müsse, da er Mittäter sei. Er solle das versprochene Geld nehmen und Deutschland verlassen. Später präzisiert er allerdings, der Cousin des Angeklagten habe das zu ihm gesagt, als sie, nach der Tat wieder in Siegen, kurz in dessen Wohnung waren.

Zeuge im Landgericht Siegen: Tatwaffe nahe des Aldi in Eiserfeld vergraben

Dort sei ein weiterer Mann zugestiegen, dann hätten sie die Kinder bei der Schwester der Getöteten in Dreis-Tiefenbach abgeladen. Nachdem sie das Messer in der Nähe des Eiserfelder Aldi zusammen mit dem zerstörten Handy des Opfers vergraben hätten, hätten sie den Wagen gewaschen und zurück zum Autoverleih gebracht, dann hätten sich ihre Wege getrennt. Er sei in einem noch tieferen Drogensumpf versunken als vorher schon, sei aber am nächsten Tag zu einem Anwalt, der ihn zur Polizei begleitet habe.

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Die Familie der Getöteten sagt an diesem Prozesstag ebenfalls aus. Wir berichten noch.