Siegen/Dreis-Tiefenbach. Eine 23-Jährige wird vermisst, die Familie alarmiert die Polizei. Das vier Jahre alte Kind weckt bei den Beamten einen schlimmen Verdacht.
Das 4-jährige Kind habe gesagt: Der Vater habe der Mutter etwas angetan. Und dann ballte es die kleine Faust und imitierte Stichbewegungen Richtung Bauch und unterer Rücken. So schildert es einer der Polizisten, die am 14. August in eine Wohnung in Dreis-Tiefenbach gerufen wurden. Die Angehörigen einer jungen Frau machten sich Sorgen. Später an diesem Montag wurde eine in Emmerich-Elten gefundene Frauenleiche als die Vermisste identifiziert. Ihr ehemaliger Lebensgefährte wird beschuldigt, die wehrlose Mutter seiner Kinder nahe der deutsch-niederländischen Grenze heimtückisch ermordet zu haben. Er steht seit Anfang Februar vor dem Siegener Landgericht.
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Die Situation war an diesem Montagmorgen im August zunächst überhaupt nicht klar, schildern die beiden Beamten am Dienstag, 5. März, im Siegener Landgericht. Sie wurden demnach wegen eines Hilfeersuchens nach Dreis-Tiefenbach geschickt; die Schwester der Vermissten hatte die Polizei gerufen. Am Morgen hatten demnach völlig überraschend und ohne jede Absprache die beiden kleinen Kinder ihrer Schwester vor der Tür gestanden, sie seien abgegeben worden. Eine andere Zeugin, ebenfalls Familienangehörige, berichtete demnach von „zwei dunkelhäutigen Männern“, die die Kinder abgesetzt hätten, geduckt weggerannt seien, dann sei ein Auto mit quietschenden Reifen sehr schnell davongefahren.
Landgericht Siegen: 4-jähriges Kind sagt, Vater habe Mutter etwas angetan
Die Beamten wurden in einer eher turbulenten und unübersichtlichen Situation hellhörig, erzählen sie im Zeugenstand. Einsätze von der Art, die sich als harmlos entpuppen, haben sie dauernd – aber hier gab es immer mehr Anhaltspunkte, dass etwas Schlimmes passiert sein könnte. Was mit der Schwester war, wussten sie zu diesem Zeitpunkt nicht, wusste auch die Familie nicht.
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Das 4-jährige Kind habe gesagt, der Vater hätte der Mutter etwas angetan, erzählte die Tante den Beamten. Beide haben selbst Kinder, der eine im gleichen Alter. Er habe sich daraufhin mit dem Kind beschäftigt, versucht, mit ihm zu reden. Natürlich sei die Aussage schwierig gewesen, aufgrund des Alters und der Sprachfähigkeit. Sinngemäß habe das Kind aber erneut geäußert, dass der Vater die Mutter mit einem Messer verletzt habe – und die Handlung nachgeahmt. Andreas Trode, Verteidiger des Beschuldigten, setzt durch, dass diese Aussage zunächst keine Beweiskraft vor Gericht hat: Zunächst müsste ein Prozessbevollmächtigter für das Kind eingeschaltet werden. Laut der Vorsitzenden Richterin Elfriede Dreisbach war die ermordete Mutter die einzige Erziehungsberechtigte, seit ihrem Tod haben die Kinder einen Vormund.
Verdacht der Siegener Polizisten: Hier stimmt etwas nicht
Laut der Tante der Kinder, so der Beamte weiter, sei ihre Schwester am Vortag mit den Kindern bei ihr gewesen. Sie hätten zusammen Eis gegessen, daher auch die Schokoladenflecken auf der Kleidung der Kinder, die die Tante zunächst für Blut gehalten hatte. Währenddessen habe der Angeklagte, ihr Ex-Partner, viele Male angerufen; er wisse, wo sie sei und dass sie von einem schwarzen Audi beobachtet werde. Dass die Kinder aber nach einem Tag immer noch die gleiche, verschmutzte Kleidung trugen, sei ein weiterer Hinweis für sie gewesen: Hier stimmt was nicht, sagt der andere Beamte. Sie gaben die Personalien des Mannes durch und stellten fest, dass er polizeibekannt war.
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Es bestätigten sich dadurch auch die Schilderungen der Tante, dass die Beziehung ihrer Schwester zu dem Angeklagten von Gewalt geprägt war, sagt der Polizist; dass er übergriffig geworden war, dass mehrere Verfahren gegen ihn liefen. Die Familie habe diese Beziehung nicht befürwortet, habe nicht verstehen können, warum die Frau sich nicht daraus befreien konnte oder wollte. Demnach soll sich die Ermordete in den Jahren zuvor mehrfach von dem Mann getrennt haben, aber immer wieder zu ihm zurückgekehrt sein. Spätestens, als das Kind dann Stichbewegungen nachahmte und sie erfolglos versuchten, die Vermisste anzurufen, seien sie immer unruhiger geworden, so der Beamte. Die Kreispolizeibehörde leitete eine großangelegte Suche nach der Frau ein, die auch der Mordkommission der Kripo Krefeld mitgeteilt wurde. Den Beamten am Niederrhein war an diesem Morgen ein Leichenfund gemeldet worden. Wie sich noch am selben Tag herausstellte, handelte es sich dabei um die Vermisste aus dem Siegerland.