Siegen/Dreis-Tiefenbach/Emmerich. Im Prozess um die erstochene 23-Jährige aus Netphen kommen brutale Details ans Licht: Wurde die Frau im Beisein ihrer Kinder ermordet?

Schier unfassbare Details sind es, die beim Auftakt des Mordprozesses in die Öffentlichkeit gelangen. Zugleich ergeben sich aus der Anklageverlesung am Dienstag, 6. Februar, jede Menge offene Fragen. Bislang bekannt ist, dass der zur Tatzeit 23-jährige Angeklagte am 14. August seine ehemalige Lebensgefährtin nahe der niederländischen Grenze heimtückisch ermordet haben soll. Die Umstände, die die Staatsanwältin unter großer Medienaufmerksamkeit am Nachmittag verliest, sind grausig.

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Demnach soll das Opfer, seinerzeit ebenfalls 23 Jahre alt, den BMW selbst angemietet haben, mit dem an diesem Montag im August die Fahrt in die Niederlande angetreten wurde. Um 1.50 Uhr in der Nacht ging es von Siegen aus los. Im Wagen saßen neben der Frau und dem Angeklagten die beiden gemeinsamen Kinder sowie ein weiterer Zeuge, wohl ein Bekannter des Beschuldigten. Nach einem kurzen Aufenthalt im Nachbarland ging es zurück über die Grenze; kurz hinter dem Übergang Elten fuhr der BMW auf einen Wirtschaftsweg. Die Erwachsenen stiegen demnach aus, für eine Zigarettenpause.

Siegener Staatsanwaltschaft: Die Frau verblutete vor Ort

Dann habe der Beschuldigte die Frau aufgefordert und genötigt, den Zeugen oral zu befriedigen. Als sie in die Knie ging, habe er hinter ihrem Rücken ein Messer gezogen und ihr auf brutalste Art und Weise von links nach rechts die Kehle durchgeschnitten. Der Schnitt war so tief, dass die linke Halsschlagader komplett durchtrennt wurde. Damit ist das Mordmerkmal Heimtücke erfüllt; Ahnungslosigkeit und Wehrlosigkeit des Opfers wurden ausgenutzt. Der Angeklagte habe die Frau in ein Gebüsch gezogen – wo ihre Leiche am nächsten Tag von einem Landwirt gefunden wurde – und weiter auf sie eingestochen; mehrfach in Oberkörper und Hals. Die Frau verblutete vor Ort. Im Siegerland lief eine umfangreiche Suchaktion an, weil die 23-Jährige vermisst wurde.

Mit starken Kräften suchte die Polizei in und um Dreis-Tiefenbach nach der vermissten 23-Jährigen. Zu diesem Zeitpunkt war sie schon tot.
Mit starken Kräften suchte die Polizei in und um Dreis-Tiefenbach nach der vermissten 23-Jährigen. Zu diesem Zeitpunkt war sie schon tot. © Siegen | Jürgen Schade

Weitere Informationen gibt es am Dienstag im Siegener Landgericht nicht. Verteidiger Andreas Trode kündigt an, dass sich der Angeklagte grundsätzlich äußern werde. Das habe er bereits vor einem psychiatrischen Sachverständigen getan, wenn die Abschrift des Geprächs vorliegt, werde er das auch im Gericht wiederholen. Bislang hatte er die Tat abgestritten. Der Angeklagte, inzwischen 24 Jahre alt, geboren in Damaskus, syrischer Staatsbürger, trotz andauernder Untersuchungshaft noch in Netphen gemeldet, sei „islamisch verheiratet“, gibt er zu Protokoll. Der Prozess wird am Montag, 19. Februar fortgesetzt. Insgesamt sind neun weitere Termine bis 14. Mai angesetzt.

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Staatsanwaltschaft Siegen: Nach der Tat ging die Fahrt zurück ins Siegerland

Diese neuen Details werfen zahlreiche weitere Fragen zu dem genauen Tathergang und den Umständen auf. Vor allem die Rolle des Zeugen betreffend: Die Staatsanwaltschaft hat sehr umfassend ermittelt (wir berichteten). Dass er als Zeuge geführt wird, deutet darauf hin, dass er weder von den mutmaßlichen Mordplänen des Angeklagten wusste, noch daran mitgewirkt hat. Zumindest ist von einer Anklage gegen den Mann bislang nichts bekannt. Ließ der Zeuge das widerspruchslos geschehen? Wurde auch er gezwungen? Ob die Kinder auch auf dem Rückweg im Auto saßen, geht aus der Anklage ebenfalls nicht hervor.

Die Leiche der ermordeten Frau wird in einem Gebüsch nahe des Grenzübergangs Emmerich-Elten gefunden. Hier soll der Angeklagte weiter auf die Mutter seiner Kinder eingestochen haben. (Archiv)
Die Leiche der ermordeten Frau wird in einem Gebüsch nahe des Grenzübergangs Emmerich-Elten gefunden. Hier soll der Angeklagte weiter auf die Mutter seiner Kinder eingestochen haben. (Archiv) © Emmerich | Konrad Flintrop

Den weiteren Verlauf der Tat kann man sich kaum vorstellen. Nachdem er die Mutter seiner Kinder brutal getötet hatte, hat sich der Beschuldigte zusammen mit dem Zeugen zurück ins Auto gesetzt – womöglich zu den Kindern. Die Fahrt ging zurück ins Siegerland, schließlich wurde der Mann verhaftet.

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Im Gerichtssaal sitzen an diesem Tag auch die Eltern der Getöteten aus Dreis-Tiefenbach. Die Mutter in Tränen aufgelöst, der Vater mit versteinerter Miene. Wie auch ihre andere Tochter, die Schwester des Opfers, treten sie als Nebenkläger auf. Schon in der Zeit vor der Tat soll der Angeklagte immer wieder gewalttätig gegenüber seiner Partnerin geworden sein, die ihn mehrfach verließ und aber auch wieder mit ihm zusammenkam. Die Kinder wurden vom Jugendamt in Obhut genommen.