Siegen/Dreis-Tiefenbach/Emmerich. Im Prozess der getöteten 23-Jährigen aus Netphen gibt es neue Zeugen. Der Beschuldigte soll mit der Gräueltat seine Ehre „reingewaschen“ haben.

Der Mann ist wegen Mordes an seiner Lebensgefährtin angeklagt. Der 24-Jährige soll sein Gewissen damit beruhigt haben, dass seine Ehre nach der Gräueltat wieder reingewaschen gewesen sein soll. Das jedenfalls berichtet der Zeuge, der vor der 1. großen Strafkammer am Landgericht Siegen zum Fall der am 14. August 2023 getöteten Netphenerin gehört wird.

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Gemeinsamer Urlaub als Vorwand

Das 23-jährige Opfer fuhr im vergangenen Sommer gemeinsam mit ihrem Ex-Freund (und mutmaßlichen Mörder), einem weiteren Bekannten sowie den beiden gemeinsamen Kindern in Richtung Niederlande, wo lediglich ein kurzer Aufenthalt stattgefunden haben soll. Mitten in der Nacht ging es von Siegen aus los, in „einen gemeinsamen Familienurlaub“, wie der Zeuge vor dem Siegener Landgericht ausgesagt hat. Er sei selbst ein alter Bekannter des Angeklagten sowie ein alter Arbeitskollege des Mannes, der die junge Familie per Mietwagen in die Niederlande bringen sollte.

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Der Zeuge erzählte vor dem Landgericht seine Version der Dinge. Er habe unmittelbar nach der Tat mit dem Beifahrer gesprochen und diesem geraten, schnellstmöglich einen Rechtsanwalt aufzusuchen. Außerdem hat er sich in den vergangenen Monaten eine Zelle mit dem Angeklagten geteilt, denn er sitzt selbst in Untersuchungshaft, da ihm Menschenschmuggel vorgeworfen wird. Er selbst sei zur Tatzeit in Siegen gewesen und berichtet von dem, was ihm die beiden Männern angeblich erzählt haben. Der Angeklagte habe sich ihm nach und nach immer mehr geöffnet und ihm erzählt, was in der Tatnacht passiert sei.

Das Opfer ist verblutet

Wenige hundert Meter von der Grenze zu den Niederlanden entfern, hielt der damals ebenfalls 23-jährige Angeklagte, der den Wagen gefahren sein soll, an und ließ die Netphenerin und ihren Mitfahrer aussteigen. Kurz zuvor soll er das spätere Opfer gefragt haben, ob sie neben ihm auch mit anderen Männern intim werden würde. Daraufhin soll der gebürtige Syrer seinen Bekannten aufgefordert haben, seinen Penis herauszuholen, und der Mutter seiner Kinder befohlen haben, den Bekannten oral zu befriedigen. Die Frau soll auf die Knie gegangen sein und sich darauf vorbereitet haben, das zu tun, was ihr befohlen worden ist.

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Als Nächstes habe der Beschuldigte der 23-Jährigen mit einem Messer die Kehle durchgeschnitten und ihr dabei die linke Halsschlagader komplett durchtrennt. Die ins Gebüsch getragene Leiche wurde am folgenden Tag von einem Landwirt entdeckt. Die Tote hatte Einstiche in Oberkörper und Hals. Sie war vor Ort verblutet, während die beiden Männer mit den der zwei kleinen Kindern die Rückfahrt ins Siegerland auf sich genommen haben sollen.

Betäubungsmittel im Spiel

Laut dem Zeugen habe sich der Beifahrer am selben Tag bei ihm gemeldet und ihm die Geschichte aus seiner Perspektive übermittelt. Dabei habe er gesagt, dass der Angeklagte auf dem Heimweg gesagt haben soll: „Ich habe das so nicht geplant, aber ich habe den Teufel in ihr gesehen und musste es tun.“ Vor dem Fahrtantritt in Richtung Niederlande sollen die beiden Männer Betäubungsmittel in Form von Pillen eingenommen haben, der Zeuge wusste nicht genau welche, sowie Marihuana konsumiert haben. Nach der Rückkehr in Siegen habe der Beschuldigte die Kinder zu ihrer Großmutter in das Elternhaus des Opfers gebracht.

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Der Angeklagte und der Zeuge haben sich in den letzten Monaten eine Zelle geteilt und sich immer intensiver über ihre Lebens- und Leidensgeschichten ausgetauscht. Zunächst soll der Beschuldigte im Kreise einer größeren Gruppe von Inhaftierten berichtet haben, dass er seine ehemalige Lebensgefährtin nicht selbst umgebracht habe. Nachdem die beiden Zellenkumpanen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben, habe der Angeklagte dem Zeugen gesagt, dass er auf das Opfer eingestochen hat, um seine Ehre wieder reinzuwaschen. Er könne sich aber nicht daran erinnern, „wie er auf sie eingestochen“ hat. Der Zeuge vermutet, dass die konsumierten Drogen daran Schuld seien.

Die Tat angekündigt

Auf Rückfrage der Anwälte bestätigte der Zeuge, dass der Beschuldigte sagte, „islamisch verheiratet“ zu sein und dementsprechend mehrere Frauen heiraten dürfe. Er habe eine weitere Frau mit zu der Mutter seiner Kinder gebracht und soll darauf gepocht haben, dass er nicht nur eine Partnerin haben dürfe. Nach einigen Streitereien soll die 23-Jährige zum Angeklagten gesagt haben, dass sie sich dann auch einen zweiten Mann zulegen könnte. Daraufhin soll der Vater der beiden kleinen Kinder völlig außer sich gewesen sein und seinem Bekannten, dem Beifahrer der Tatnacht, angekündigt haben, seine Frau umbringen zu wollen - wie der Zeuge nach Gesprächen mit beiden berichtet.

Die Mutter und die Schwester des Angeklagten beriefen sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht, er selbst wollte sich am zweiten Verhandlungstag ebenfalls nicht äußern. Zunächst wartet die Staatsanwaltschaft ein psychologisches Gutachten über den Beschuldigten ab. Neun weitere Verhandlungstage bis Mitte Mai sind aktuell angesetzt.

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