Kreuztal. Die Lücke wird größer: Für 50 Viertklässler gibt es keinen Platz an einer weiterführenden Schule in der eigenen Stadt.
Hat die Stadt Kreuztal nicht genug Kapazität an Gesamtschule, Gymnasium und Realschule, um allen Viertklässlern einen Platz anzubieten, die im Sommer die Grundschulen verlassen? Diese Sorge hat Pia Heinemann (SPD) im Schulausschuss geäußert. Philipp Krause (CDU) forderte, für womöglich zu bildende Mehrklassen Räume im Schulzentrum effektiv zu nutzen, „damit es nicht zu hohen Auspendlerzahlen kommt“.
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Stadtrat Patrick Zöller riet dazu, zunächst das Anmeldeverfahren abzuwarten. Vom 19. Februar bis 1. März werden an den drei weiterführenden Schulen die Anmeldungen für die 5. Klassen entgegengenommen, erfahrungsgemäß außer von Kreuztaler Kindern auch von einigen Hilchenbachern, die an der Clara-Schumann-Gesamtschule aufgenommen werden. In diesem Sommer wechseln 320 Kreuztaler Kinder in die Klasse 5, 20 mehr als im Vorjahr. Für sie stehen 270 Plätze im Schulzentrum zur Verfügung. Rechnerisch fehlen somit 50 Plätze. Im vorigen Jahr blieben 266 Kinder an den Schulen in der eigenen Stadt, 33 wurden in der Nachbarstadt Hilchenbach in Stift Keppel angemeldet.
Kapazitäten um 20 Plätze verringert
Bereits vom 9. bis 16. Februar ist Anmeldezeit am Gymnasium Stift Keppel. Im vorigen Jahr wurden dort 33 Kinder aus Kreuztal angemeldet. Für dieses Jahr hat das Gymnasium in der Nachbarstadt angekündigt, alle angemeldeten Kinder aufnehmen zu wollen und bei Bedarf die Genehmigung einer vierten 5. Klasse zu beantragen. Im Kreuztaler Schulzentrum verschärft sich dagegen die Platznot, weil nicht nur die Schülerzahlen steigen, sondern auch der gerade heranwachsende neunte Jahrgang des Gymnasiums untergebracht werden muss. Im Februar soll eine Vorentscheidung fallen, wo die abgebrannte Stadthalle wiederaufgebaut wird. Davon hängt ab, an welcher Stelle die benötigten zusätzlichen 23 Klassenräume für Gymnasium und Gesamtschule errichtet werden.
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Grund für die Begrenzung der Aufnahmekapazitäten in Kreuztal ist die Inklusion. 33 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden auf die insgesamt zehn 5. Klassen verteilt. Dafür wird die Kapazität jeder Klasse um zwei Kinder von 29 auf 27 verringert, insgesamt also um 20 Plätze. Sonderpädagogische Unterstützung brauchen aber eigentlich nicht nur die 33 „anerkannten“ Kinder, gibt Philipp Krause zu bedenken. „Wir alle wissen, dass der Förderbedarf bei vielen anderen Kindern auch gestiegen ist“ – eine langfristig wirkende Folge der Pandemie.
Marco Schneider, Leiter der Clara-Schumann-Gesamtschule, warnt vor allzu großen Erwartungen: „Es gibt keine Förderschullehrer“ – der Arbeitsmarkt ist leer gefegt. An der Gesamtschule stehen für 90 Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf zweieinhalb Stellen für sonderpädagogische Lehrkräfte zur Verfügung. Inklusion wird zum überwiegenden Teil von den für den Regelunterricht ausgebildeten Lehrkräften gestemmt, und das nicht ohne Erfolg, wie Pia Heinemann (SPD) feststellt: Im Schnitt kann bei einem bis zwei Schülern pro Schuljahr an der Gesamtschule der Förderschwerpunkt aufgehoben werden, wie sie vom Direktor der Gesamtschule erfährt. „Das spricht für eine erfolgreiche Arbeit.“
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Kritik an Verteilung der Förderkinder
Wie die 33 Viertklässler verteilt werden, wird von einer Konferenz mit Schulträger, Schulaufsicht und Bezirksregierung festgelegt – mit nicht unbedingt befriedigendem Ergebnis, wie Sandra Klein, Rektorin der Kredenbacher Jung-Stilling-Grundschule bedauert. „Zum Wohle der Kinder“, sagt sie, sollte den Eltern die Wahl der Schule freigestellt werden. Für ein Kind zum Beispiel, für das Ganztagsbetreuung benötigt werde, komme nun einmal nur die Gesamtschule infrage. Zudem würden 33 Plätze angesichts zu erwartender Zuzüge nicht ausreichen. Allein von September bis Mitte Dezember hat Kreuztal 117 Geflüchtete aufgenommen, darunter sind 30 Kinder.
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33 Kinder haben fünf verschiedene Förderschwerpunkte, zugenommen hat vor allem der Bedarf bei Lernen und bei emotionaler und sozialer Entwicklung. 13 dieser Kinder werden „zielgleich“ unterrichtet, also nach dem Lehrplan der Schulform, die sie besuchen und deren Abschluss sie dann auch anstreben. Die Mehrzahl, nämlich 20, wird nach individuellem Lehrplan „zieldifferent“ gefördert. „Das ist sehr viel“, findet Tibor Zachar (FDP). Zumal auch nach dem Eindruck der Pädagogen keine nachvollziehbare Gruppenbildung erfolgt, ohne die spezielle Qualifikation der an der jeweiligen Schule eingesetzten Sonderpädagogen zu berücksichtigen. „Da wird mitunter zu bunt gemischt“, meint Sascha Koch, Leiter der Ernst-Moritz-Arndt-Realschule.
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