Kreuztal. Der Rat lässt offen, ob die Stadthalle wiederaufgebaut oder woanders neu gebaut wird – und setzt sich gegen SPD und Bürgermeister durch.
Eine „Konzeptstudie“ soll herausfinden. ob die Stadthalle besser da wieder aufgebaut wird, wo sie abgebrannt ist, oder ob mehr für einen Neubau auf dem Parkplatz Stählerwiese spricht. Dafür hat sich der Rat mit 22 gegen 17 Stimmen ausgesprochen. Abgelehnt wurde die Alternative, direkt den Wiederaufbau vorzubereiten. Dafür waren allein die 16 Stadtverordneten der SPD, FDP-Fraktionschef Frank W. Frisch und Bürgermeister Walter Kiß.
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Das Ergebnis: Am Ende werden Steuern erhöht
Abgestimmt wurde zwei Mal namentlich - so hatte es SPD-Fraktionschef Jochen Schreiber beantragt. Die SPD hatte zuvor zusätzlich gefordert, nicht weiter über den Stadthallen-Standort zu diskutieren. Diesen Wunsch hebelte eine Mehrheit von 20 gegen 17 Stimmen direkt von der Tagesordnung. „Undemokratisch“ sei das Ansinnen der SPD, fand CDU-Fraktionschef Arne Siebel, er sei „schockiert“. Schließlich habe die Verwaltung „vielschichtige Schwierigkeiten“ mit dem bisherigen Standort aufgezeigt. Zudem seien die rechtlichen und finanziellen Folgen des Stadthallenbrandes nach wie vor offen. Auf der anderen Seite sei die Erweiterung von Gesamtschule und Gymnasium „absolut vorrangig“: Würde die Stadthalle in der Stählerwiese neu gebaut, könnte auf dem bisherigen Standort ein Erweiterungsbau entstehen – statt der bisher beschlossenen Aufstockung.
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„Wir arbeiten mit langen Zeitkorridoren“, sagte Bürgermeister Walter Kiß und betonte, dass die Verwaltung keine Empfehlung für eine der beiden Alternativen gebe. „Die politische Entscheidung kann Ihnen niemand abnehmen.“ Klar sei aber, dass der Neubau in der Stählerwiese teurer würde als der Wiederaufbau. „Das kann man mit gesundem Menschenverstand, erahnen, dazu braucht man kein Gutachten.“ Finanzierungskosten und Abschreibungen würden den Haushalt belasten. „Wir werden in aller Kürze über die Erhöhung der Grundsteuer zu diskutieren haben“, sagte Kiß, „Sie fassen die Beschlüsse, die dazu führen.“
Die Debatte wurde lang und kontrovers, mitunter gereizt. „Rollen Sie ruhig mit den Augen“, ging Heike zur Nieden (SPD) irgendwann Arne Siebel (CDU) an: „Soll ich Ihnen ein Glas Wasser bringen?“
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Die Debatte: „Endlich machen und nicht endlos planen“
Jochen Schreiber (SPD) kritisierte „weit herbeigeholte Pseudo-Argumente“. Der Rat entscheide „nicht aus dem hohlen Bauch“. Dem 2019 gefassten Beschluss, wie das Schulzentrum erweitert wird (nämlich durch eine vierte Ebene auf Gymnasium und Gesamtschule) , seien „lange und ausführliche Überlegungen“ vorangegangen. Die Ausführung sei „von der Bauverwaltung verschleppt“ worden. Es sei „nicht verantwortlich, wieder alle möglichen Alternativen diskutieren zu wollen“, sagte Schreiber und forderte, „endlich zu machen und nicht endlos zu planen“. Wenn die Konzeptstudie zu einem Standort auf der Stählerwiese führe, müsse der von Grund auf neu geplant werden. Das werde zu einer Verzögerung um sechs Jahre und zu 23 Millionen Euro Kosten führen, während der Wiederaufbau höchstens zehn Millionen Euro kosten würde. „Der Stadt laufen die Zeit und das Geld davon.“ Er sei „befremdet“, erwiderte Arne Siebel (CDU): Vor drei Wochen im Infrastrukturausschuss sei auch die SPD noch für die Alternativen-Untersuchung gewesen. „Davon ist jetzt keine Rede mehr.“
Oder gar keine Stadthalle mehr?
Er sei „äußerst besorgt“, sagt Frank W. Frisch (FDP). Investitionen türmten sich auf – SPD-Sprecher Schreiber hatte den Millionen-Bedarf aufgezählt: Ausbau der Ganztagsgrundschulen (20 Millionen Euro, Freibadsanierung (9 Millionen), neues Feuerwehrgerätehaus Ferndorf (vier Millionen), Glasfaserausbau (drei Millionen), Bender-Areal in Ferndorf (zwei Millionen). Da passe ein Neubau „über das Maß der aufgewerteten Schulaula“ nicht hinein, „so reizvoll das auch sein mag“. „Wir sollten uns auf das beschränken, was wir machen müssen“, sagte Michael Kolodzig (SPD), „wir übernehmen uns am Ende.“ Reinhard Lange (UWG) regte an, „auf das Bürgerforum im Moment ganz zu verzichten.“ Ähnlich Arno Seiffarth (UWG)“: „Wir haben Hallen genug. Es läuft doch in den letzten Jahren ganz gut.“ Darauf Bürgermeister Walter Kiß: „Das sagen Sie mal den Vereinen.“
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Philipp Krause (CDU) warb für die Konzeptstudie: Auch für die Planung der Freibadsanierung („gründlich, zeitgemäß, nachhaltig“) habe sich die Stadt von 2016 bis 2023 Zeit genommen – mit dem Effekt, dass die Kosten sich in dieser Zeit nahezu verdoppelt hätten, wie er sich später vom Michael Kolodzig (SPD) sagen lassen musste. Von einem Wiederaufbau könne zudem nicht die Rede sein, sagte Krause – es gehe jetzt um einen kompletten Neubau. Und der biete andere Möglichkeiten als die Erweiterung der Stadthalle zum Bürgerforum, die durch den Brand zerstörte wurde.
Kritik an Verwaltung: „Vier Jahre geschlafen“
Heike zur Nieden (SPD) warnte: Bei einer Baustelle auf dem bisherigen Stählerwiesen-Parkplatz sei der Veranstaltungsbetrieb im Sportzentrum und in Dreslers Park „über Jahre platt – und die Schüler gucken in die Röhre“. „Wir stehen unter Zeitdruck“, sagte Andreas Müller (SPD). Die Klasse 10 des nächsten Schuljahrs sei der erste G-9-Jahrgang, der 2026 Abitur macht. „In drei Jahren brauchen die die Klassenräume“ – entweder auf dem Dach oder an der Stelle der Stadthallen-Ruine. Philipp Krause (CDU) erinnerte daran, dass die Verwaltung erst vor wenigen Wochen mitgeteilt habe, dass die 2019 beschlossene Schulaufstockung womöglich gar nicht ausreiche und der aktuelle Raumbedarf gerade erst ermittelt werde. Arne Siebel (CDU) sprach von einem „Armutszeugnis für die Verwaltung“. die anscheinend „vier Jahre geschlafen“ habe: „Warum hat man in der ganzen Zeit nichts gemacht?“ Priorität müsse tatsächlich der Schulbau haben: „Und dann gucken wir, wo noch Platz fürs Bürgerforum ist.“
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Heike Siebel (SPD) fand, dass auch bei einer Wiederaufbau- und Aufstockungslösung Feinarbeit möglich sei: „Damit das Beste für alle Beteiligten herauskommt.“ Dagegen sprach Dieter Gebauer (Grüne) für einen „Zugewinn für unsere Stadt“, wenn eine neue Stadthalle in der Stählerwiese gebaut werde. Durch die Anbindung an Dreslers Park entstehe ein „Mehrwert“, fand auch Frank Weber (FDP), das werde eine „Investition, die sich auszahlen wird.“
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