Kreuztal. Politik bringt weiteren Standort für die Stadthallen ins Spiel. Es werden Zweifel laut, ob Kreuztal sich das überhaupt jemals wieder leisten kann

Wiederaufbau der abgebrannten Stadthalle am bisherigen Standort oder ein Neubau auf dem Parkplatz Stählerwiese? „Wir möchten den Blick gern nach vorn richten“, sagt Stadtbaurätin Christina Eckstein – auch wenn ein Jahr nach dem verheerenden Großbrand immer noch Gutachter, Versicherungen und Rechtsanwälte miteinander streiten. Dem Infrastrukturausschuss liegt nun ein erster Vergleich beider Standorte vor.

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Und eine Vorlage, die einen Standort auf dem Ferndorfer Bender-Gelände mit der alten Tonnendach-Halle ausschließt, dafür aber deutliche Sympathien für die Stählerwiese erkennen lässt. Nicht zuletzt deshalb, weil das alte Stadthallen-Grundstück dann für eine Schulerweiterung zur Verfügung stünde und die schon beschlossene Aufstockung von Gymnasium und Gesamtschule um eine vierte Ebene entfallen könnte.

Gymnasium und Gesamtschule Kreuztal: Vierte Etage sollte längst stehen

Jochen Schreiber (SPD) würde bei der Stählerwiese mitmachen – es dauere eh alles schon viel zu lang. „Wir wollten das schneller haben.“ Wobei der SPD-Fraktionschef angesichts noch nicht kalkulierter Kosten skeptisch ist: „Ob die Stadt das alles schultern kann, ist aus heutiger Sicht nicht realistisch abzusehen.“ Jochen Schreiber erinnert daran, dass die Aufstockung des Gymnasiums 2019 beschlossen wurde. Dass die vierte Etage eigentlich 2022 stehen sollte, „wird mit keinem Wort erwähnt“ – obwohl das Gymnasium 2025 wieder neun Jahrgänge unterbringen muss.

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Harald Görnig (CDU) vermisst etwas anderes: dass der Parkplatz Roonstraße nicht ebenfalls als Bauplatz zur Diskussion gestellt wurde. Der sei zwar 100 bis 170 Meter weiter von den Schulen entfernt, aber zentraler gelegen und besser an den Nahverkehr angebunden. „Wir holen Leben in die Stadt, das wäre auch gut für die Gastronomie.“ Dagegen gingen in der Stählerwiese Parkplätze verloren, große Veranstaltungen in Stadthalle und Sporthallen wären gleichzeitig kaum möglich. „Das verwundert mich auch etwas“, schließt sich Dieter Gebauer (Grüne) an, dass die Roonstraße nicht erwähnt werde. Aber nun in der Stählerwiese in Achse zwischen Schulzentrum und Dreslers Park zu schaffen, „das hat was“: „Ich hätte nie gewagt, das vorzuschlagen.“ Frank Weber (FDP) rät, die Bewertung der Alternativen „externen Fachleuten zu überlassen“. Und distanziert sich von der 2019 beschlossenen Aufstockung des Schulzentrums: „Das war eine Nacht- und Nebelaktion.“

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Parkplatz Roonstraße könnte zu klein sein

Stadtbaurätin Christina Eckstein weist auf die Nähe zur Wohnbebauung hin, die an der Roonstraße bei Veranstaltungen Konflikte auslösen würde. Die jetzt als Parkplatz genutzte Fläche „würde sich hervorragend eignen für eine Wohn- und Geschäftsnutzung“. Die Stadthalle an der Roonstraße wäre für die Innenstadt – nach dem Umzug der Stadtbibliothek – „ein zweiter Meilenstein“, sagt dagegen Phillipp Krause (CDU), „obwohl wir nicht wissen, ob und wann wir das hinbekommen.“ Die Erweiterung des Schulzentrums brauche jedoch „zeitnah eine Lösung“ – was dafür sprechen würde, die Wiederaufbau-Variante schnell zu beschließen oder aufzugeben. „Der alte Standort scheint vom Tisch zu sein“, folgert Hubertus Brombach (Grüne). „Sie haben eine Wahrnehmungsstörung“, widerspricht Jochen Schreiber (SPD), dem das nun „alles ein bisschen sehr merkwürdig“ vorkommt.

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Womöglich hinderten nicht fehlende Fördermittel, sondern „unendliche Standortdiskussionen“ am Bau einer neuen Stadthalle, fährt der SPD-Sprecher fort, der sich – anders als seine Fraktion – auf den Wiederaufbau festlegt: „Das neue Bürgerforum war genau das, was wir für die Schulen und für Kreuztalkultur brauchten.“ Dieser Wiederaufbau sei auch „selbstverständlich möglich“, betont Stadtbaurätin Christina Eckstein, die darauf drängt, die Standortdiskussion nicht zu weit zu öffnen. „Wir wollen zu Potte kommen.“ Tobias Wittke vom technischen Gebäudemanagement macht darauf aufmerksam, dass das Grundstück an der Roonstraße mit 1900 Quadratmetern genauso groß ist wie die Nutzfläche des gerade fast zu Ende gebauten und dann abgebrannten Bürgerforums. Womöglich müsse daher mehrgeschossig gebaut werden. „Wir kommen an die Grenze des Möglichen.“

Kulturellen Marktplatz Dahlbruch mit Hilchenbach teilen?

Claudia Groos (UWG) hat eine andere Idee: Kreuztal könne mit der Stadt Hilchenbach über den Kulturellen Marktplatz Dahlbruch reden, „ob man sich den teilen kann“. Davon will allerdings niemand etwas hören. „Dieses Drängen gefällt mir nicht“, bekennt Sascha Zowierucha (CDU). „Notre-Dame ist einfacher“, seufzt Frank Weber (FDP). Tatsächlich entfällt beim Wiederaufbau der ausgebrannten Kathedrale in Paris die Standortdiskussion. Mit elf gegen fünf Stimmen, bei einer Stimmenthaltung, wird der Auftrag für eine Konzeptstudie für drei Standorte beschlossen.

So geht es weiter

Die Roonstraße kommt ins Rennen. Wenn die Konzeptstudie Ende des Jahres vorliegt und über den Stadthallen-Standort beschlossen ist, wird NRW.Urban im Auftrag der Stadt in die Kosten- und Zeitplanung für die Erweiterung des Schulzentrums einsteigen. Derweil wird auch dort der Raumbedarf geklärt – die 2019 vorgesehenen Flächen reichen wohl nicht mehr aus. Stadtbaurätin Christina Eckstein: „Alles, was wir im Vorgriff klären können, klären wir.“

Die Roonstraße kommt ins Rennen.

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Schul.- und Sportzentrum Kreuztal: Die achteckige Stadthalle stand zwischen Realschule und Gymnasium/Gesamtschule (oben rechts). Alternative wäre eun Neubau auf dem Parkplatz Stählerwiese (unten links).
Schul.- und Sportzentrum Kreuztal: Die achteckige Stadthalle stand zwischen Realschule und Gymnasium/Gesamtschule (oben rechts). Alternative wäre eun Neubau auf dem Parkplatz Stählerwiese (unten links). © www.blossey.eu / FUNKE Foto Service | Hans Blossey