Siegen. Bei der „Sonderfairteilung“ der Lebensmittelretter von „Foodsharing Siegen“ kann sich an den reichlich gedeckten Tischen bedient werden.
„Fisch, Ananas, grüner Apfel“ – wer zuerst zu den Lebensmitteln an die langen Tische durfte, wurde mithilfe von kleinen Symbolen ausgelost. Bei der „Sonderfairteilung“ von der Foodsharing-Gruppe aus Siegen wurden am Donnerstagabend, 28. Dezember, von Geschäften aussortierte, aber noch verwertbare Lebensmittel kostenlos verteilt. Um lange Warteschlangen vor Beginn der Veranstaltung zu vermeiden, wurden die kleinen Symbole am Anfang verteilt und bei Aufruf des entsprechenden Bildchens durften sich die Teilnehmenden einige Lebensmittel aussuchen.
+++Mehr Nachrichten aus Siegen und dem Siegerland finden Sie hier!+++
Mehr als 350 Foodsharer in Siegen
Seit mehr als zehn Jahren schon gebe es die Gruppe Foodsharing Siegen, berichtet Stephanie Wiederstein. Über 350 Foodsharer seien aktuell in Siegen. Auch sie hilft ehrenamtlich bei der Verteilung der Lebensmittel mit, für die große Aktion am Sozialkaufhaus am Heidenberg ist sie als Presseverantwortliche eingeteilt. Einmal die Woche würden die Lebensmittel hier angeboten, erklärt sie: „Das ist derzeit unsere einzige Verteilung, die regelmäßig stattfindet.“ Abgesehen davon kümmere sich die Gruppe allerdings auch um fünf Hütten, sogenannte „Fairteiler“. Diese hätten 24 Stunden am Tag geöffnet und würden regelmäßig aufgefüllt und geputzt: „Pro Fairteiler haben wir eine Facebook-Gruppe, wo regelmäßig reingeschrieben wird, wenn das gereinigt wird.“
Die Lebensmittel kämen von Geschäften und Supermärkten der Umgebung, die die Waren selbst nicht mehr verwerten könnten: „Wir haben schon viele Kooperationen“, freut sich Stephanie Wiederstein. „Wir kommen dann am Abend und sortieren das dann fachgerecht. Wir retten nur genießbare Lebensmittel.“ Die Verwertbarkeit der Lebensmittel werde dabei auch sorgfältig überprüft: „Wir haben bestimmte Richtlinien auf die wir achten.“
Im Café Patchwork der Diakonischen Wohnungslosenhilfe, mit dem die Gruppe zusammenarbeitet, würden auch zubereitete Speisen gerettet, bei den Verteilstationen dürften diese allerdings nicht ausgegeben werden.
Lesen Sie mehr zum Thema
- Wütende Landwirte auf „Siegens größter Demo aller Zeiten“
- Breckerfeld: Heimische Bauern setzen den Protest fort
- Aus Sorge um Bauernhof von 1582: Stefan Schmidt protestiert
- Kommentar: Bauernproteste: Wer zahlt die Zeche?
- Siegen – 400 Trecker bei Bauern-Demo: Verkehrschaos droht
- Trecker blockieren Verkehr zwischen Olsberg und Winterberg
- Trecker-Parade der Landwirte: Protest bei Meschede geplant
- Bauern stinksauer: „Preise schlechter als vor dem Krieg“
Besonders große Fairteilung in Siegen
Die Veranstaltung zwischen den Jahren war besonders groß, erklärt Stephanie Wiederstein: Weil die Tafel geschlossen ist, übernehme die Fairteilung auch die Lebensmittel, die andernfalls dort ausgegeben würden. Ob die Besucher und Besucherinnen der Tafel auch zur Verteilung vor dem Sozialkaufhaus gekommen sind, könne sie natürlich nicht sagen. Wichtig ist ihr allerdings, mit dem Angebot nicht nur eine bestimmte Gruppe von Menschen anzusprechen: „Jeder Mensch kann dort hingehen.“
+++ Lesen Sie auch: „Wir haben alle Bock darauf“: Lebensmittel retten in Siegen +++
Bekanntgemacht hätten sie die Verteilung in den sozialen Medien - auch in der Hoffnung, möglichst viele Menschen erreichen zu können. Hier ist auch Viktoria, auf der Veranstaltung wird sich direkt geduzt, darauf aufmerksam geworden. Sie ist heute zusammen mit einer Freundin aus der Ukraine das erste Mal dabei. Sie will ihr helfen, sich zurechtzufinden. Was sie heute mitnehmen wollen? „Gemüse und Obst.“
Siegen: Angebot nicht nur für eine bestimmte Gruppe
Hin und wieder müssen bei der Verteilung ein paar Erklärungen wiederholt werden, nicht alle sind sicher in der deutschen Sprache: „Das Problem ist, dass manche Leute das auch gar nicht verstehen.“ Das Ziel bleibe nichtsdestotrotz: „Foodsharing ist für jeden da“, betont Stephanie Wiederstein. „Wichtig ist, dass Foodsharing komplett kostenlos ist. Also wir nehmen auch keine Spenden an.“
Auch Martina (61) war schon bei anderen Verteilstationen und bei der Tafel dabei, kennt das Prinzip der Lebensmittelverwertung. Aber die Aktion hier ist neu für sie: „Ich war noch nie hier und ich hatte das immer schon mal vor. Ich finde sowas ganz wichtig“, erklärt sie. „Hier gibt es keinen Unterschied und das ist auch wichtig, dass jeder gleich behandelt wird.“ Das habe sie nicht überall so erlebt, teilweise seien bestimmte Gruppen bevorzugt worden, erinnert sie sich. „Hier fühle ich mich wie in einer Familie, obwohl ich zum ersten Mal hier bin.“ Es geht ihr um deutlich mehr als um eine Tüte voll kostenloser Lebensmittel: „Es werden zu viele Lebensmittel weggeschmissen und das finde ich schade“, betont sie. Begeistert ist sie auf jeden Fall schon jetzt von der Aktion, auch wenn das Xylophon auf ihrer Karte noch nicht aufgerufen wurde.
+++ Auch interessant: Stadt Bad Berleburg will mit Uni Siegen Lebensmittel retten +++
Lebensmittel können jede Woche dienstags um 18.30 vor dem Sozialkaufhaus am Heidenberg in der Achenbacher Str. 115 abgeholt werden. Die nächste Fairteilung findet bereits am 2. Januar statt. In der Zwischenzeit stehen die fünf Hütten mit Lebensmitteln bereit.
+++Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook!+++
+++Täglich wissen, was in Siegen und dem Siegerland passiert: Hier kostenlos für den Newsletter anmelden!+++