Siegen. Seit September kosten die Siegener Parkhäuser deutlich mehr, die Stadt verdient auch mehr. Vor allem die Oberstadt spürt erheblichen Rückgang.

Der Siegener Rat hatte mehrheitlich eine deutliche Erhöhung der Parkgebühren beschlossen, die seit 1. September in städtischen Parkhäusern gilt. Das wurde erheblich kritisiert und auch wenn derzeit noch nicht alle Fakten auf dem Tisch liegen: Es deutet sich an, dass die Politik hier zurückrudern wird. Insbesondere in der Oberstadt: Dort, sagt Bürgermeister Steffen Mues in der Sitzung am Mittwoch, 13. Dezember, sei der Rückgang an geparkten Fahrzeugen „drastisch“.

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Für die Stadt betreibt die Kommunale Entwicklungsgesellschaft (KEG) die Parkhäuser in Unter- und Oberstadt und bewirtschaftet große Parkplätze wie den Bismarckplatz. Die Erhöhung der Gebühren hatte unter anderem zu einer Verdreifachung des Tageshöchstsatzes geführt: Wer über viele Stunden sein Auto abstellte, zahlte 15 statt bislang 5 Euro, was ziemlich wenig war. Motivation für den Beschluss waren denn auch das niedrige Siegener Preisniveau und eine gewisse Lenkungswirkung; der Anreiz, umweltfreundlichere Verkehrsmittel zu nutzen und das zeitweise sehr stark durch Individualverkehr geprägte Zentrum zu entlasten.

Siegen: 38 Prozent weniger Parkvorgänge in Parkhäusern, aber 30 Prozent mehr Geld eingenommen

Die ersten, noch sehr unvollständigen Zahlen liegen vor und es zeichnet sich ab, dass der gewünschte Effekt in einem Maße eingetreten ist, den sich die Politik so wohl nicht gewünscht hatte. Wie KEG-Geschäftsführer Wolfgang Cavelius im Rat berichtet, ist eine Auswertung der Veränderungen in einem so kurzen Zeitraum generell schwierig. Zumal im Oberstadt-Parkhaus an der Hinterstraße bis Beginn des Weihnachtsgeschäfts Bauarbeiten stattfanden, im Apollo-Parkhaus an der Morleystraße aufwändig ein Brandschaden behoben und außerdem Mitte November der Betreiber der Parkabfertigungstechnik gehackt wurde – „das scheint ein neuer Volkssport zu sein...“. Die bislang vorliegenden Daten seien also mit gewisser Vorsicht zu genießen. Zumal man hohe Summen nur in die Ertüchtigung der Parkhäuser investiere – „man könnte sie auch schön und funktionell gestalten“.

Im Parkhaus Hinterstraße ist wirklich nichts los. Das ist drastisch.
Steffen Mues

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, Anfang September bis Mitte November, sei die Zahl der Parkvorgänge in den Innenstadtparkhäusern jedenfalls um 38 Prozent gesunken, berichtete Cavelius – in absoluten Zahlen 83.000. Gleichzeitig sei der Umsatz aber um rund 30 Prozent gestiegen: Etwa 111.000 Euro.

Siegener Oberstadt besonders stark vom Park-Rückgang betroffen – „andere Lösung finden“

Die pauschale, einheitliche Erhöhung der Parkgebühren traf besonders die Oberstadt überproportional, da hier vorher besonders günstig, weil subventioniert geparkt werden konnte. Die Beschwerden von Kundschaft, Geschäftsleuten, VHS und Wochenmarkthändlern erreichten Bürgermeister und auch die Politik: Beschwerden habe es auch aus der Unterstadt gegeben, berichtet Steffen Mues, aber nicht in dem Maße wie aus der Oberstadt. Und aus Weidenau gar keine. Er habe viele Gespräche mit Geschäftsleuten geführt; man müsse sich nur mal selbst ein Bild im Parkhaus Oberstadt machen: „Da ist wirklich nichts los. Das ist drastisch.“ Ein Rückgang von 38 Prozent sei enorm, „ich kann nur empfehlen, dass wir uns da nochmal Gedanken machen und eine andere Lösung finden.“ Die nicht bedeuten müsse, dass die Parkgebühren hier komplett auf das Niveau vor September zurückgefahren werden müssten.

Es ist ja schön, dass ein paar Leute mehr Bus fahren. Die Händlerschaft sagt was anderes. Die Mehrheit reist individuell in die Oberstadt an.
Marc Klein

Der Rückgang sei ein „absolutes Warnsignal“, so der Bürgermeister. Mehreinnahmen seien schön, aber nicht um den Preis, dass die Oberstadt als Einzelhandelsstandort wieder gefährdet werde, wo man zuletzt gute Erfolge habe verzeichnen können nach wie vor gibt es im langjährigen „Sorgenkind-Einkaufsbereich“ Siegens kaum Leerstände. Auch Wolfgang Cavelius zeigt sich skeptisch, dass die durchaus gewünschte „Lenkungswirkung“, also weniger Verkehr in der Oberstadt, sinnvoll sei, wenn dadurch weniger Menschen kommen. Es gelte, Spitzen in den Tarifen zu glätten, also beim Tageshöchstsatz wie auch bei der Taktung. Seit der Gebührenänderung erhöht sich der Preis halbstündlich, später stündlich.

CDU Siegen: „Sollten anerkennen, dass wir über Ziel hinausgeschossen sind“

„Wir haben die Erhöhung gemeinsam beschlossen, es gab zahlreiche Rückmeldungen – wir sollten anerkennen, dass wir übers Ziel hinausgeschossen sind und auch dazu stehen und das korrigieren“, sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Marc Klein. Lisa Bleckmann (Grüne) gibt zu bedenken, dass 38 Prozent weniger Parkvorgänge nicht bedeute, dass 38 Prozent weniger Menschen in die Stadt kämen: Ein Teil von ihnen sei wohl auf andere Verkehrsmittel umgestiegen, „vielleicht ist der Bus einfach mal attraktiver geworden als der Pkw“. Das sei ja auch die Wirkung gewesen, „die wir möchten“. Was ihr prompt einen Rüffel Marc Kleins einträgt, der die politischen Motive einzelner Fraktionen nicht diskutiert sehen möchte. „Es ist ja schön, dass ein paar Leute mehr Bus fahren. Die Händlerschaft sagt was anderes. Die Mehrheit reist individuell in die Oberstadt an.“

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KEG und Stadtverwaltung wollen bis Frühjahr 2024 alle relevanten Daten zusammentragen und auswerten, als verlässliche Grundlage für die weiteren Entscheidungen, wie es mit den Parkgebühren in Siegen weitergeht.