Hilchenbach. Hilchenbach und Helberhausen werden Pilot-Quartiere für die Wärmeplanung. Aber wer soll die gewünschten Wärmenetze betreiben?
Es ging um Umweltfonds, Energiebericht, Energieberatung, „Contracting“ mit den Energieversorgern und Bürgersolaranlage, als die Stadt Hilchenbach 2009 zum ersten Mal den European Energy Award erhielt. Der „EEA“ stand für erneuerbare Energien – da war Hilchenbach immer gut. Aber auch für Mobilität – da konnte Hilchenbach ohne gescheites Radwegenetz und mit wenig öffentlichem Nahverkehr lange nicht so recht punkten. Das Prädikat „Europäische Energie- und Klimaschutzkommune“, sichtbar gemacht mit Zusatzschildern an den Ortstafeln, verteidigte Hilchenbach bisher drei Mal.
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Thomas Pöhlker vom Büro Energielenker projects begleitet Hilchenbach seit nunmehr mehr als zehn Jahren. 57,2 Prozent der möglichen Punkte erreichte die Stadt 2019, 56,7 Prozent waren es 2015. Zuletzt prägte die Debatte über einen Klimaschutzmanager das EEA-Thema – Hilchenbach entschied sich dagegen. Nun die Hilchenbacher Zeitenwende: Der EEA steht im Zeichen der gesetzlich angeordneten Energiewende, erster Schritt dorthin wird die kommunale Wärmeplanung. Weil Hilchenbach schon 2016 ein Teilkonzept gefördert bekommen hat – damals war die Nahwärmeinsel auf dem Schulberg ein Ergebnis –, bekommt die Stadt dafür keine neuen Fördermittel mehr.
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Erdwärme oder Biomasse?
Hilchenbachs Berater Thomas Pöhlker hat eine andere Geldquelle aufgetan: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) unterstützt die „Energetische Stadtsanierung“. Als „Quartiere“ bringt die Stadt Hilchenbach und Helberhausen ins Spiel: Für sie wird eine Wärmeplanung erarbeitet, die in einem zweiten Schritt auf die anderen Stadtteile übertragen wird. Die Kosten betragen 115.000 Euro, die Stadt ist mit einem Eigenanteil von 23.000 Euro dabei. Konkret geht es darum, Energiebedarf und Möglichkeiten der Energieerzeugung darzustellen. Gewöhnen werden müssen sich die Hilchenbacher Kommunalpolitiker an Fachbegriffe wie „kaltes Netz“, bei dem ein Wärmenetz aus Erdwärme gespeist wird und ein Eisspeicher Kälte zurückhält, „warmes Netz“ mit Biomassekessel, Fern- oder Abwärme als Wärmequelle oder dezentrale Lösungen, wo jedes Haus die eigene Luft-Wasser-Wärmepumpe oder Sole-Wasser-Wärmepumpe bekommt.
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Er habe die „Sorge, dass wir sehr viel theoretisieren“, wendet Ulrich Bensberg (UWG) ein – womöglich seien Erkenntnisse aus Hilchenbach und Helberhausen auf ganz anders strukturierte Stadtteile gar nicht übertragbar. „Die relativ schnelle Lösung sehe ich nicht.“ Die könne die Stadt haben, wenn sie sie selbst bezahlt, erwidert Thomas Pöhlker. Martin Debus (SPD) fragt, ob sich auch andere Viertel – vergleichbar dem Schulberg – für Nahwärmeinseln eignen. „Grundsätzlich überall“, antwortet der Berater. Das komme auf die Wirtschaftlichkeit an, die sich aus der „Wärmedichte“ ergebe, also der ausreichend großen Nachfrage auf möglichst kleinem Raum. Überwiegend würden aber für Hilchenbach wohl dezentrale Lösungen in Frage kommen.
Stadtwerke als Betreiber von Wärmenetzen?
Denkbar sei, dass sich ein paar Großverbraucher zusammentun – wobei dann zu klären sei, wer als Betreiber des Wärmenetzes auftrete, gibt Thomas Pöhlker zu bedenken. In Frage komme dafür auch ein Energieversorgungsunternehmen, sagt Baudezernent Michael Kleber, das werde ein „sicher schwieriger Weg“. Die Marktfelder Gärten, überlegt Martin Debus (SPD) mit Blick auf das dort gerade entstehende Neubauviertel, „wären sicher eine Chance gewesen“. Peter Gebhardt (FDP) fällt das geplante Wohnviertel auf dem Gelände der ehemaligen Stift Keppeler Filzfabrik ein, deren Eigentümer sich mit den Nachbarn in der Umgebung zusammentun könnten. Als Betreiber könnten die Stadtwerke in Frage kommen, schlägt Gebhardt vor.
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Ende 2024 sollen Ergebnisse der beiden Muster-Quartiere vorliegen, Mitte 2028 muss die Wärmeplanung für die ganze Stadt stehen. Ab dann gilt auch, dass jede Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Die Wärmeplanung werde „nicht ohne externe Hilfe“ zu stemmen sein, kündigt Baudezernent Michael Kleber an. Auf zusätzliches eigenes Personal werde die Stadt nicht nur aus Kostengründen verzichten. „Das Rathaus platzt jetzt schon aus allen Nähten.“
In fünf Jahren 13 Prozent weniger Treibhausgase
Thomas Pöhlker macht den Hilchenbachern Mut – mit einem Blick zurück auf die letzten 15 Jahre: „Sie haben was getan, es hat sich was entwickelt.“ Seit 2018 hat die Stadt ihren Energieverbrauch um fünf, die Produktion von Treibhausgasen um 13 Prozent verringert. Im Vergleich zu 2010 ist der Endenergieverbrauch der Stadt sogar um 21 Prozent zurückgegangen, die Emission von Kohlendioxid und vergleichbaren Stoffen sogar um 30 Prozent. Bei den städtischen Gebäuden hat die Stadt das Ziel der möglichern Wärmeenergieeinsparung zu 54 Prozent erreicht, bei der Stromeinsparung 75 Prozent. Im Schnitt erzeugt jeder Hilchenbacher im Jahr 7,3 Tonnen Kohlendioxid(äquivalente), weniger als der Durchschnitts-Siegen-Wittgensteiner. Auf dessen Konto gehen nämlich 8,4 Tonnen.
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