Hilchenbach. Abriss und Straßenbau auf dem Filzfabrik-Gelände in Hilchenbach werden Monate dauern. Und dann geht es los mit dem Neubau. Was dort geplant ist:
„Wir hatten die Sache fast schon zu den Akten gelegt“, erinnert Stephan Henrich. Im Dezember schließlich konnten nach zwei Jahren Vorbereitung doch noch die Unterschriften unter den Vertrag gesetzt werden. Der Freudenberger und Christian Bernshausen aus Bad Laasphe, sein Mitgesellschafter in der „Entwicklungsgesellschaft Alte Filzfabrik mbH“, haben das Fabrikgelände am Allenbacher Talsperrendamm gekauft.
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Innerhalb der nächsten zwölf Monate wird die 1880 errichtete Stift Keppeler Filzfabrik abgerissen, die 1983 in Konkurs ging und in deren Hallen vor allem ein Schrotthandel, aber auch kleine Handwerksbetriebe weitergearbeitet haben. In den nächsten sechs bis sieben Jahren werden dort insgesamt 62 Wohnungen entstehen.
Was wird an der Stelle der Alten Filzfabrik in Hilchenbach gebaut?
An der Breitenbacher Straße werden überwiegend Mehrfamilienhäuser entstehen, an der Seite zum Langenstück die Mehrzahl der zehn Einfamilien- oder Doppelhäuser. Die sechs Mehrfamilienhäuser haben zwei oder drei Vollgeschosse zuzüglich Staffelgeschoss, mit je acht oder zehn Wohnungen, die höheren sind dem Talsperrendamm am nächsten. Dazwischen verläuft eine fünf Meter breite Erschließungsstraße, die als Straßenring an die Breitenbacher Straße angebunden wird. Die Straße kann Spielstraße werden, das von dem Siegener Büro infra-plan konzipierte Viertel soll ein grünes Quartier sein. Vision für „irgendwann“: eine Pflegeeinrichtung auf der verbleibenden Fläche zwischen neuem Wohnviertel und Talsperrendamm.
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Wer wird dort wohnen?
Stephan Henrich, der auch in die Neubebauung im Unteren Marktfeld in Hilchenbach investiert, stellt sich vor, dass vor allem ältere Menschen in die barrierefreien Wohnungen einziehen, denen das Eigenheim zu groß geworden ist. Mindestens 90 Prozent der Geschosswohnungen werden Eigentumswohnungen sein, allenfalls eines der sechs Mehrfamilienhäuser könnte die Entwicklungsgesellschaft für Mietwohnungen zurückhalten. sagt Stephan Henrich. Bei mittlerweile geschätzten Baukosten von 3500 Euro je Quadratmeter müsste die Miete 17 Euro je Quadratmeter betragen, rechnet der Investor vor. „Das kann keiner mehr bezahlen. Es wird schwierig genug, da junge Familien reinzubringen.“ Die Grundstücke für die Einfamilienhäuser kommen sofort auf den Markt; die Bauwilligen können dort in eigener Regie nach eigenen Vorstellungen bauen.
Was ist mit dem Solarpark?
In Richtung Langenstück entsteht ein kleiner Solarpark, zunächst nur auf dem Plan, denn das Baurecht gibt diese Freiflächen-Photovoltaikanlage noch nicht her. Die einzelnen Module würden den Einfamilienhäusern zugeordnet. Denn ihre Dächer sind zu klein, um so viele Solarmodule anzubringen, dass der Strom für Luft-Wärme-Pumpen und auch noch fürs E-Auto ausreicht. „Wir denken in alle Richtungen“, sagt Stephan Henrich. Geothermie als möglicher weiterer Energielieferant wird untersucht. Es gibt auch Überlegungen, Überschussenergie zur Wasserstofferzeugung zu verwenden. „Wir haben da jemanden im Boot.“ Die Talsperre ist ebenfalls im Blick: „Die lassen ja regelmäßig Wasser ab.“ Man müsste dann eine Turbine dazwischen schalten können.
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„Aber die Photovoltaik brauchen wir auf jeden Fall“, antwortet Stephan Henrich im Hilchenbacher Infrastrukturausschuss denen, die auf dem Filzfabrik-Gelände schon das ersehnte energieautarke Musterviertel entstehen sehen. Die Genehmigung für den Solarpark gibt es aber nicht, weil das dafür vorgesehene Grundstück im städtebaulichen Außenbereich liegt. Die Stadt müsste dafür den Flächennutzungsplan ändern und einen Bebauungsplan aufstellen, „Ein separates Verfahren würde das nicht beschleunigen“, sagt Baudezernent Michael Kleber. Wahrscheinlich kommt die angekündigte Änderung des Baugesetzbuchs schneller. Aus diesem Grund spricht der Infrastrukturausschuss sein Einvernehmen einstimmig nicht nur für die Wohnhäuser, sondern „auf Vorrat“ für die Freiflächen-Photovoltaik aus. Der Kreis Siegen-Wittgenstein kann also auch dafür, sobald er darf, den Bauschein ausstellen.
„Sehr zu begrüßen“ sei das Vorhaben, sagt Udo Hoffmann (SPD). „Endlich“, sagt André Jung (CDU), der auch den geplanten Solarpark „vorbildlich“ nennt – „es muss ja nicht gleich jeder E-Auto fahren“, fügt der Besitzer der einzigen Hilchenbacher Tankstelle hinzu. Peter Gebhardt (FDP) mahnt, den Fußweg an der Breitenbacher Straße auszubauen. Denn direkt gegenüber, auf der anderen Seite der B 508, befinden sich die neue Kita Hannes, die b school und das Gymnasium Stift Keppel, wodurch der Standort auch für Familien mit Kindern attraktiv werden wird.
Was bleibt von der Alten Stift Keppeler Filzfabrik?
Ulrich Bensberg (UWG) bedauert allerdings den Verlust für das Ortsbild und fragt, ob ein zentrales Gebäude erhalten werden könne. „Wir schaffen eine charakterlose Anlage, die überall stehen könnte. Wir haben nichts mehr, was an irgendwas erinnert.“ Möglicherweise kommt die Initiative nach 50 Jahren des Verfalls zu spät. „Da ist wenig Erhaltenswertes übrig“, erwidert Stephan Henrich, „das Romantischste ist noch der alte Schornstein.“ Und den dürften die neuen Nachbarn eher als störend empfinden.
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Kurz schweift der Blick übers übrige Stadtgebiet. Ulrich Bensberg spricht über den Neubau an der Stelle des abgebrannten Deutschen Hofs in der Dammstraße: „Ich habe einen Schrecken gekriegt.“ André Jung (CDU) warnt vorsorglich davor, nun das Allenbacher Hammerwerk, die andere große Industriebrache in der Stadt, konservieren zu wollen. „Das Einzige, was man da erhalten kann, ist der Baum, der oben auf dem Schornstein wächst.“ Immerhin: Die Klinker der Filzfabrik werden woanders wieder verwendet, der zermahlene Beton findet als Baustoff neue Verwendung.