Siegen/Olpe. Die Zeit drängt, Rahmede 2 droht: Sechsspurigen Ausbau der A 45 stellt die Autobahn erstmal zurück – die Talbrücken müssen um jeden Preis halten.
Die A 45-Brücken sind so marode, die Zeit drängt derart, dass die Autobahn GmbH Baumaßnahmen zeitlich vorzieht, damit es „auf keinen Fall zu einem zweiten Fall Rahmede kommen kann!“ Das hat Elfriede Sauerwein-Braksiek, Leiterin der Autobahn-Niederlassung Westfalen, jetzt vor Unternehmensvertretern bekräftigt: Die Erneuerung der Talbrücken habe oberste Priorität, daher müsse auch der im Bundesverkehrswegeplan vorgesehene sechsstreifige Ausbau der A 45 „in weiten Teilen“ zurückstecken.
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„Wir können aber nicht überall gleichzeitig bauen“, so Sauerwein-Braksiek laut einer Mitteilung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Siegen beim „Olper Stammtisch“ in Oberveischede. Alle A-45-Brücken seien im selben Zeitraum errichtet worden für eine deutlich niedrigere Verkehrsbelastung als heute. Ein Ende sei dabei nicht in Sicht, die Belastung steige weiter, vor allem durch den Güterverkehr. Schwere Fahrzeuge beanspruchen die Bauwerke vielfach mehr als Autos. Bis 2030 werde die Fahrleistung hier um 39 Prozent gegenüber 2010 gestiegen sein, so die Bauingenieurin. Die Brücken erreichten demnach die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit und müssten deshalb schnellstens modernisiert werden.
Autobahn: So „schnell“ wie in Rahmede wird es nicht bei allen A-45-Talbrücken gehen
Allein auf der A 45 betrifft das insgesamt 60 Talbrücken und 120 kleinere Brücken, die erneuert werden müssen, heißt es weiter. Die Restnutzungsdauer mancher Bauwerke werde verlängert, indem die Autobahn sie verstärkt“, so Sauerwein-Braksiek – es seien einfach zu viele. Allein entlang der „Königin der Autobahnen“ betreibt die Autobahn Westfalen drei Außenstellen (Hagen, Netphen, Dillenburg), 13 Brücken befinden sich aktuell im Bau, acht sind fertiggestellt. Darunter auch äußerst anspruchsvolle Bauwerke wie die riesige Talbrücke Rinsdorf, die 2025 mitsamt der Pfeiler verschoben wird. Nach Aussage der Bauingenieure hat es dieses Verfahren bei einer „Brückenhälfte“ in Deutschland noch nie gegeben. Auch der Ersatzneubau der mehr als einen Kilometer langen Siegtalbrücke über Eiserfeld, lange die höchste Autobahnbrücke NRWs, steht der Region noch bevor.
Der Neubau der Talbrücke Rahmede, die zum Synonym für die katastrophalen Zustände der Autobahnbrücken im südlichen Westfalen geworden ist, erfolge zügig, so stellte es Elfriede Sauerwein-Braksiek dar: Durch Verzicht auf ein zeitaufwendiges Planfeststellungsverfahren habe nach einem Jahr Baurecht geschaffen werden können, mit erhöhtem Personaleinsatz und veränderten Arbeitsabläufen hätten Prozesse beschleunigt werden können. Auch wenn es in Lüdenscheid im Vergleich zu vergangenen Jahren womöglich schneller ging, gibt es doch erhebliche Kritik, weil es nach Ansicht vieler noch erheblich schneller hätte gehen können. Bei jeder Brücke gehe nicht einmal diese Beschleunigung, so Sauerwein-Braksiek: „Uns fehlt hierfür das Fachpersonal, insbesondere Ingenieure. Wir stehen bei den Brücken mit dem Rücken an der Wand!“
Schlechtestes Beispiel A-45-Talbrücke Büschergrund: Es hätte schnell gehen können
Man hoffe daher auf die vielbeschworene Planungsbeschleunigung, die von der politischen Ebene versprochen werde. Bei der Talbrücke Büschergrund in Freudenberg beispielsweise hatte die Autobahn schnell Fakten schaffen und zügig mit Abriss und Neubau starten wollen – aber dann klagte der BUND erfolgreich gegen eine wasserrechtliche Genehmigung des Kreises Siegen-Wittgenstein (wir berichteten). Die Naturschützer sind nicht damit einverstanden, dass für die Dauer der Arbeiten ein Bach verrohrt wird. Statt Planungsbeschleunigung also ein zusätzliches Planfeststellungsverfahren, der Baubeginn verschiebt sich um fünf weitere Jahre – mindestens.
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Olpes Kreisdirektor Philipp Scharfenbaum kritisierte das Klagerecht der Verbände in diesem Zusammenhang scharf – insbesondere bei solchen Vorhaben, die in besonderem öffentlichen Interesse zügig umgesetzt werden sollen. Das Beispiel der Brücke in Büschergrund zeige ein grundlegendes Problem auf, betonte IHK-Präsident Walter Viegener: „Deutschland lahmt. Bürokratische Hindernisse liegen wie Mehltau auf dem Land. Das merken wir eben auch hier vor Ort!“