Siegen. Frauen kommen im Siegener Stadtbild kaum vor. Das soll sich ändern: Denn in den Bergwerken und Haubergen haben sie genauso geschuftet wie Männer.

Im Kontext der Umbenennung belasteter Straßen wurde der Siegener Politik Anfang 2021 auch ein Bürgerinnenantrag vorgelegt, um Frauen im Stadtbild sichtbarer zu machen. Verdiente Frauen, Einzelpersonen und auch Gruppen sollten gewürdigt werden – durch Straßenbenennung, durch Gedenktafeln oder Statuen.

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Nun schlägt der zuständige Arbeitskreis vor, die 800-Jahr-Feier für diesen Zweck zu nutzen: Für zwei Frauen sollen in einem ersten Aufschlag Gedenktafeln angebracht werden, außerdem will man den arbeitenden Frauen in prägenden Wirtschaftszweigen der Siegener und Siegerländer Geschichte ein Denkmal errichten.

Denkmal für Siegerländer Heldinnen der Arbeit – quasi „Henna und Frieda“

Mit Bergmann „Henner“ und Hüttenmann „Frieder“ gibt es bereits zwei solcher Skulpturen, die auf der Siegbrücke an die montanindustrielle Vergangenheit Siegens erinnern. Die Kulturabteilung hat für die weiblichen Gegenstücke die Leitungen der beiden Siegener Museum konsultiert, es wird empfohlen, die Gestaltung „weiblicher“ Plastiken, die ebenfalls gut sichtbar an zentraler Stelle aufgestellt werden sollen, auszuschreiben. Und zwar an ausgewählte Künstlerpersönlichkeiten.

Schwerstarbeit leisteten in den Haubergen Frauen ebenso wie Männer.
Schwerstarbeit leisteten in den Haubergen Frauen ebenso wie Männer. © Gemeinde Wilnsdorf

Die Fachleute schätzen die Kosten auf eine fünfstellige Summe: Zwischen 30- und 50.000 Euro seien demnach anzusetzen, heißt es in der Vorlage, über die der Kulturausschuss am Donnerstag, 26. Oktober, erstmals berät – 30.000 Euro hat die Kulturabteilung demnach vorsorglich eingeplant. Mehrkosten könnten durch Spenden oder Sponsorenmittel gedeckt werden, so der Vorschlag. Stimmt der Rat im November zu, könnte das Projekt „Denkmal zu Sichtbarmachung von Frauen in der Arbeitswelt“ 2024 realisiert werden; womöglich schon zur 800-Jahr-Feier.

„Erzengel“ bei der Arbeit: Frauen sortierten die Gesteinsbrocken aus den Bergwerken.
„Erzengel“ bei der Arbeit: Frauen sortierten die Gesteinsbrocken aus den Bergwerken. © Siegerländer Heimat- und Geschichtsverein | Peter Weller

Als Motive werden demnach „Haubergsfrau“ und „Erzengel“ empfohlen – wie bei ihren männlichen Pendants sinnbildliche „Heldinnen der Arbeit“. Quasi „Henna und Frieda“… Haubergsfrauen übernahmen in der für das Siegerland typischen Waldbewirtschaftung die schweren körperlichen Arbeiten genauso wie Männer und leisteten unverzichtbare Beiträge zur Versorgung der Familien. Und auch im Bergbau waren Frauen tätig: Die „Erzengel“ sortierten die Gesteinsbrocken, die die Bergleute in den Stollen herausschlugen und an die Oberfläche transportierten, für die weitere Verarbeitung.

Gedenktafeln in Siegen für Pädagogin Heinzerling und Gewerkschafterin Steinhauer

Zügig und mit wenig Aufwand lassen sie sich anbringen, daher empfiehlt die Kulturverwaltung zunächst zwei Gedenktafeln: Für die Pädagogin und Sozialpolitikerin Hedwig Heinzerling (wegen ihrer Verdienste um berufliche Bildung auf dem Areal des Berufskollegs Wirtschaft und Verwaltung) sowie die Gewerkschafterin, Kommunal- und Bundespolitikerin Waltraud Steinhauer. Diese könnte am ehemaligen Sitz der IG-Metall-Geschäftsstelle Grabenstraße oder am aktuellen Sitz Donnerscheidstraße angebracht werden.

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Der Arbeitskreis Straßenbenennung, der schon bei den NS-belasteten Straßennamen federführend war, soll sich auch um dieses Thema kümmern, um den Prozess „Ehrung durch Sichtbarmachung“ darüber hinaus fortzuführen, empfiehlt die Verwaltung weiter. Er könnte seine Arbeit als „Arbeitskreis Würdigung verdienter Persönlichkeiten und Personengruppen der Stadt Siegen“ fortsetzen, so der Vorschlag – verbunden mit der Aufforderung an die Ratsfraktionen, künftig auch Frauen zu entsenden: „In der AG ‘Straßenbenennung’ waren zuletzt ausschließlich Männer vertreten.“

Ärger um neue Straßennamen in Siegen: Anwohner wollen „Edith Langner“ nicht

Mit Skulpturen und Gedenktafeln soll der Prozess nicht abgeschlossen sein – und vor allem solle hier keine Wertung oder Konkurrenz von Personen entstehen, wie der Vorlage weiter zu entnehmen ist. Auch in Sachen Straßennamen sei der Fokus auf verdiente Frauen weiter möglich. Bei der Umbenennung war die CDU mit Edith Langner vorgeprescht, was – weniger wegen ihrer Person, sondern des mit der Umbenennung verbundenen Aufwands – bei den Anwohnern der Graf-Luckner-Straße für Unmut gesorgt hatte, die künftig den Namen der Siegener CDU-Politikerin trägt. Allerdings hatten unzufriedene Anwohner auch versucht, Edith Langner selbst als NS-belastet darzustellen; sie sei demnach Mitglied der NSDAP gewesen. Dafür gibt es allerdings keine Belege, wie mehrere regionale Historiker, unter anderem Kreisarchivar Thomas Wolf, untersucht haben.

Ein Stromkasten auf dem Schlossplatz in Siegen ist mit dem Porträt von Edith Langer bemalt.
Ein Stromkasten auf dem Schlossplatz in Siegen ist mit dem Porträt von Edith Langer bemalt. © Florian Adam