Siegen. Die Graf-Luckner-Straße kann ihren Namen behalten, finden einige Anwohner: Wenn sie nach einem Namensvetter benannt würde. Das gab’s schon einmal

Die Graf-Luckner-Straße soll weiter Graf-Luckner-Straße heißen. Das fordern zumindest einige Anwohner in einem Schreiben an Bürgermeister Steffen Mues, die sich bereits öffentlich darüber beklagt hatten, am Umbenennungsprozess nicht beteiligt worden zu sein. Dass der Kinderschänder Felix Graf von Luckner die Ehre nicht verdient, dass eine Straße seinen Namen trägt, stehe außer Frage, heißt es in dem Brief. Die Anwohner haben aber einen anderen Graf Luckner gefunden.

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Mit der Umwidmung der Straße nach Johann Nikolaus Graf Luckner, ein Offizier und zuletzt Marschall von Frankreich, würden die Anwohner um die mit der Umbenennung verbundenen Adressänderungen herumkommen – ein zentrales Anliegen vieler Betroffener in der Diskussion um neue Straßennamen. Der Rat hat bereits beschlossen, dass die Stöckerstraße am Rosterberg umgewidmet wird: Sie behält formal zwar den Namen, heißt aber nicht mehr nach dem Antisemiten Adolf Stoecker, sondern der Frauenrechtlerin Helene Stöcker. In der Diskussion ist das auch für die Diemstraße, die nach dem Sportfunktionär Carl Diem heißt, der im Nationalsozialismus unter anderem Hitlerjungen an die Front schicken wollte. Dazu hatte der TV Jahn Siegen vorgeschlagen, die Straße nach Hermann Diem zu benennen, einem Nazi-Gegner und evangelischen Pastor aus Baden-Württemberg.

Vorschläge zur Umwidmung: Personen ohne jeden Bezug zu Siegen

Die Stadt hatte allerdings direkt durchblicken lassen, dass Hermann Diem keinerlei Bezüge zu Siegen hat. Eine Straßenbenennung wird durchaus wörtlich als Ehrung einer Person verstanden, mit der eine Stadt auch ihr Selbstverständnis oder historisches Bewusstsein ausdrückt. Helene Stöcker hat allerdings genau so wenig in Siegen gewirkt, ist hier nicht geboren oder gestorben.

Insofern sei die Ehrung für Johann Nikolaus Graf Luckner angemessen, der „aufgrund seines Namens nicht in Sippenhaft genommen werden“ sollte, so die Anwohner. Der bayrische Offizier und Urgroßvater des Kinderschänders Felix Graf von Luckner wurde im Lauf seiner militärischen Karriere schließlich im Zuge der französischen Revolution 1791 zum „Marschall von Frankreich“ ernannt, 1793 aber wieder entlassen. Als er sich beschwerte, dass seine Pension nicht ausbezahlt wurde, geriet er in den Terror der Revolution, wurde zum Tod verurteilt, hingerichtet, wenig später aber rehabilitiert. Zu seinen Ehren wurde die französische Nationalhymne komponiert, die „Marseillaise“.

Bürgerantrag aus Siegen: Keine Person mehr für die heutige Graf-Luckner-Straße

Johann Nikolaus Graf Luckner habe als Mensch eine „enge Beziehung zwischen Deutschland und Frankreich geschaffen“, heißt es in dem Brief der Anwohner weiter, es stehe „außer Frage“, dass er sich „Verdienste um die heutige deutsch-französische Freundschaft erworben hat“. Die Namensbeibehaltung und ein erklärendes Zusatzschild würde ein „Großteil der Anwohner“ begrüßen, so die Unterzeichner. Man bitte darum, den Vorschlag ebenso wie den Bürgerantrag „beraten zu lassen und unserem Vorschlag zu folgen“.

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Zuletzt hatten diese Anwohner der Graf-Luckner-Straße in einem Bürgerantrag gefordert, wenigstens keine Person als neuen Namensgeber auszuwählen. Die Politik hatte beschlossen, dass sie künftig nach Edith Langner heißen soll, Siegener Sozialpolitikerin. In der Tat besteht zumindest theoretisch durchaus die Möglichkeit, dass diese irgendwann in der Zukunft wieder als nicht geeignet bewertet werden könnte und eine erneute Umbenennung ansteht. Was allerdings recht weit in der Zukunft liegen dürfte.