Siegen. Die Leute kaufen weniger und konsumieren immer mehr, sagt Gerd Grothe. Schweren Herzens schließt der Geschäftsmann seinen Laden und das Café.
Gerd Grothe kann nicht mehr und er will auch nicht mehr. Seit Jahren versuche er alles, um die Kundschaft in den Laden zu holen, neue Zielgruppen zu erschließen, erzählt der Geschäftsmann: Verkostungen, Veranstaltungen, Sonderrabatte, das „Café Feines“ unter anderem mit Sylter Eis. Sogar umgezogen ist der Laden, „letztlich hat alles nicht gefruchtet.“ Jetzt zieht er die Notbremse. Nach fast 16 Jahren in der Oberstadt wird „Feuer und Feines“ schließen. Bis Ende September läuft der Räumungsverkauf, auf alle Artikel gibt es 50 Prozent Rabatt. Dann ist Schluss.
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Vor gar nicht allzu langer Zeit ist „Feuer und Feines“ vom Markt runter an die Kölner Straße gezogen, „im Glauben, dass hier mehr los ist“, erzählt Gerd Grothe. „Dann machte Karstadt zu.“ Die Laufkundschaft werde stetig immer weniger – schon vor Corona, seither noch mehr. Kaum jemand komme noch in den Laden – selbst wenn alles im Abverkauf nur noch die Hälfte kostet. „Dabei müssten die Leute mir die Bude einrennen“, sagt Grothe. Aber die Zeiten haben sich eben geändert. Kann man gut finden oder schlecht – so sei es nun mal. Für ihn sei das Aus sowohl ein notwendiges Übel als auch ein Stück weit befreiend. Das berühmte lachende und weinende Auge.
Oberstadt-Entwicklung in Siegen kritisch: Immer mehr Bars, Cafés, Kioske
Im Internet dagegen: Da läuft das Geschäft, auch für „Feuer und Feines“. Seit vielen Jahren betreibt Gerd Grothe einen eigenen Onlineshop, er ist auf den großen Internet-Einkaufsplattformen vertreten, flankiert von Social Media. „Das funktioniert sehr gut“, sagt Grothe, in allen möglichen Warengruppen. Bei Feuer und Feines gibt es alles für Zuhause: Möbel, Deko-Artikel, Accessoires, ausgewählte Lebensmittel. Das Netz ist dann wohl die Zukunft, glaubt Grothe, „der klassische Einzelhandel dagegen stirbt.“ Das Ende der Fahnenstange sieht er noch nicht erreicht: „Der Wandel ist da, es wird immer mehr Schließungen geben.“ Das höre er massiv, von vielen Kollegen. „Jeder Einzelhändler klagt. Wer etwas anderes sagt, lügt.“
Online sei ein Hauptgrund für das Ladensterben, aber nicht nur. Schon jetzt gebe es nicht nur in der Oberstadt immer weniger zu kaufen, immer mehr zu konsumieren. Kioske, Cafés und Kneipen gebe es immer mehr, Geschäfte ziehen sich zurück. Seit Jahren würden er und viele andere ansässige Geschäftsleute das beobachten: „Die Oberstadt stirbt immer mehr.“ Für seine Begriffe setze die Stadt zu sehr auf das Genuss- Segment, „aber davon kann eine Stadt nicht leben.“ Was gerade wie ein Boom, eine Belebung des langjährigen Sorgenkinds wirke: „Mittelfristig geht das nach hinten los.“ Zumindest für den Einzelhandel, wo es etwas zu kaufen gibt, Beratung von Fachleuten. Stadtfest und Aktionen wie „Der Berg ruft“ helfen den Händlern wenig, sagt Grothe – „die Leute gehen nicht dahin zum Einkaufen.“ Selbst wenn Samstagsmarkt ist, würden die umliegenden Geschäfte das kaum merken.
Immer gute Geschäfte in der Siegener Oberstadt – „aber es geht nicht mehr“
Mit der Trennung in Ober- und Unterstadt kann Gerd Grothe wenig anfangen – „es sollte keinen Unterschied geben“. Auch die Stadt möchte das überwinden. Dazu würde er sich aber mehr Investitionen wünschen, sagt Grothe: „Unten ist alles neu und schön, hier ist der Eindruck eher schmuddelig.“ Für ihn mit ein Grund, warum die Kauf-Kundschaft den Weg in die Oberstadt nicht mehr so oft findet. Grothe erinnert sich, wie er nach Corona die Außengastronomie oben im Bereich der Fissmer-Anlage wieder öffnen durfte, nebst der entsprechenden Gebühren. „Und einen Tag später wurde der Bereich wegen der Baustelle gesperrt.“ Also keine Außengastro mehr.
Nächstes Jahr sollte die Miete steigen und die allgemeinen Kosten. Noch ein Beweggrund zu sagen, dass es so keinen Sinn mehr macht. Er sei immer gerne in der Oberstadt ansässig gewesen, erst an der Löhrstraße, dann am Markt, habe immer gute Geschäfte gemacht. „Aber es geht nicht mehr. Wir haben alle Möglichkeiten ausgeschöpft, alles versucht. Irgendwann wird man müde, sich zu bemühen und neue Dinge zu erfinden, um weiter überleben zu können.“ Sehr leid tue es ihm auch um seine drei Angestellten, die ihm immer die Treue gehalten hätten und zu denen er immer gestanden habe. „Wir hatten immer ein familiäres Verhältnis, sie waren lange dabei.“
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Mit dem klassischen Geschäft ist es vorbei, im Netz macht „Feuer und Feines“ weiter. „Wir werden uns neu aufstellen“, sagt Grothe. Vielleicht auch mit einer neuen Dependance, eines Tages. „Aber sicher nicht in der Oberstadt.“