Siegen. Siegens Krankenhäuser werten ihr Erscheinungsbild und Ambiente auf. Davon profitieren die Patienten, doch es hilft auch bei der Personalsuche.

Triste Flure, grelles Kunstlicht, ein Geruch nach Reinigungsmittel und Essen: Was die Atmosphäre von Krankenhäusern über Jahrzehnte bestimmt hat, ist zum Nachteil bei der Personalsuche geworden. Um im Wettbewerb um Fachkräfte, die auch in den Pflegeberufen immer weniger werden, konkurrenzfähig zu bleiben, müssen Kliniken zunehmend auch auf Arbeitsumfeld und Ambiente Wert legen. Dieser Punkte mag nicht für alle Bewerberinnen und Bewerber der entscheidende sein, spielt aber bei der Wahl des Arbeitsplatzes eine Rolle. Wie gehen die Siegener Häuser damit um?

Bei der Modernisierung der Intensivstation am St. Marien-Krankenhaus Siegen wurden ausdrücklich auch darauf geachtet, ein für das Team angenehmes Arbeitsumfeld zu schaffen. Das betrifft funktionale Aspekte und technische Ausstattung ebenso wie das Erscheinungsbild. 
Bei der Modernisierung der Intensivstation am St. Marien-Krankenhaus Siegen wurden ausdrücklich auch darauf geachtet, ein für das Team angenehmes Arbeitsumfeld zu schaffen. Das betrifft funktionale Aspekte und technische Ausstattung ebenso wie das Erscheinungsbild.  © St. Marien-Krankenhaus Siegen | St. Marien-Krankenhaus Siegen

St. Marien-Krankenhaus Siegen: Bewerber gehen „mit innerer Checkliste durch das Haus“

Es ist schwierig genug, Personal zu bekommen“, schildert Prof. Dr. Christian Brülls vom St. Marien-Krankenhaus die Situation. „Da ist es schon wichtig, ein Umfeld zu bieten, in das man gerne arbeiten kommt.“ Er ist seit Sommer 2022 Chefarzt der Klinik für Anästhesie, Intensiv- und Notfallmedizin, und die umgebaute und modernisierte Intensivstation sei mit ihrer Ausstattung und Gestaltung quasi eine „Luxusyacht“. Wenn Studentinnen und Studenten, mit denen er viel arbeitet, zum ersten Mal die Räume beträten, sei deren spontane Reaktion oft ein „Wow“, sagt Christian Brülls. „Das hat hier nicht diesen alten Krankenhaus-Charme.“ Die Abteilung sei „auf der Höhe der medizinischen Zeit“.

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„Sie können sich als junger Arzt oder junge Ärztin heute aussuchen, wie sie arbeiten wollen“, beschreibt Christian Brülls. Bewerberinnen und Bewerber gingen „mit einer inneren Checkliste durch das Haus“ – das habe er selbst vor seiner Entscheidung für den Job im St. Marien-Krankenhaus genauso gemacht. Das optische Erscheinungsbild, die reine Ästethik der Räumlichkeiten sei ein weicher Faktor, habe aber gewissen Einfluss: „Man möchte natürlich in keinem Haus arbeiten, wo die Kacheln von der Wand fallen.“

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Geld habe als Primärargument bei der Personalakquise an Zugkraft verloren. Christian Brülls beobachtet dabei eine Verschiebung innerhalb der Generationen. Während bei den Älteren die finanzielle Seite noch mehr Gewicht habe, gehe es Jüngeren oft um Aspekte wie Work-Life-Balance, Weiterbildungsmöglichkeiten, Vereinbarkeit von Familie und Beruf und vor allem ein angenehmes Team. Chefärzte, die getreu alter Halbgott-in-Weiß-Klischees unnahbar über die Gänge schreiten, seien da keine gute Voraussetzung. „Wichtig ist, dass jüngere Kolleginnen und Kollegen das Gefühl haben, dass man sich um sie kümmert“, unterstreicht Christian Brülls. Und das beziehe sich nicht nur auf das Verhältnis innerhalb der Ärzteschaft, sondern schließe alle Beteiligten ein. „Gerade in der Pflege zählt der Umgang im Team. Die Zusammenarbeit von Ärzten und Pflegekräften geht nur auf Augenhöhe.“

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Die Diakonie in Südwestfalen erweitert das Diakonie-Klinikum Jung-Stilling an der Wichernstraße: Nach anderthalb Jahren Bauzeit ist der 45 Millionen Euro schwere Anbau fertig © WP | Hendrik Schulz

Klinikum Siegen: Hauseigene Innenarchitektin und Augenmerk auf Lichtkonzept

„Bei uns nimmt die Gestaltung moderner und optisch ansprechender Räumlichkeiten einen hohen Stellenwert ein“, sagt Lara Stockschläder, Pressesprecherin des Klinikums Siegen. „Wir möchten nicht nur für unsere Patientinnen und Patienten eine Umgebung schaffen, in der sie sich wohlfühlen und schnell genesen können, sondern auch unseren Kolleginnen und Kollegen ein attraktives und motivierendes Arbeitsumfeld bieten.“ Das sei gerade in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig, „um neue Kolleginnen und Kollegen zu gewinnen und ans Haus zu binden“.

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Erst kürzlich seien beispielsweise die Arztzimmer sowie mehrere Aufenthalts- beziehungsweise Pausenräume für die Mitarbeitenden des OPs, der Urologie und der Intensivstation vollständig renoviert und mit moderner Möblierung ausgestattet worden. „Hierbei werden von unserer hauseigenen Innenarchitektin auch immer Aspekte wie ein passendes Lichtkonzept, für eine entsprechende Wohlfühlatmosphäre, mitgedacht“, erläutert Lara Stockschläder. In einem dieser Räume gibt es nun sogar einen Kickertisch. Ein besonderes Projekt sei zudem der Umbau einer ehemaligen Kurzliegerstation „zu einer hochmodernen offenen Büroetage im Industrie-Design“ gewesen. Dort finden seit Ende des vergangenen Jahres die Bereiche Einkauf, Technischer Dienst und IT Platz. „Auch bei diesem Projekt wurden von Anfang an die späteren Nutzer in die Planung mit einbezogen und haben gemeinsam mit unserer Innenarchitektin einen modernen und an die Bedürfnisse der Abteilungen angepassten Arbeitsplatz geschaffen“, sagt die Sprecherin.

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Der Zusammenzug verschiedener Abteilungen auf einer Etage und eine Gestaltung mit offenen Räume schaffe darüber hinaus „neue Synergien, die zu einem besseren und schnelleren Austausch und somit auch zu optimierten Arbeitsprozessen führen“. Für die nahe Zukunft seien noch etliche weitere Modernisierungsprojekte wie die Renovierung der Cafeteria geplant, „um die Zufriedenheit unserer Mitarbeitenden weiter zu erhöhen und uns für potenzielle Mitarbeitende ebenfalls auch ,räumlich’ noch attraktiver aufzustellen.“

Die DRK-Kinderklinik auf dem Wellersberg hat bei allen Bauprojekten der jüngeren Vergangenheit verstärkten Wert auf ästhetische Aspekte gelegt. Das gilt auch für die anderen Siegener Krankenhäuser.
Die DRK-Kinderklinik auf dem Wellersberg hat bei allen Bauprojekten der jüngeren Vergangenheit verstärkten Wert auf ästhetische Aspekte gelegt. Das gilt auch für die anderen Siegener Krankenhäuser. © DRK-Kinderklinik Siegen gGmbH | DRK-Kinderklinik Siegen gGmbH

DRK-Kinderklinik Siegen: Wer einmal zum Team gehört, soll auch bleiben wollen

„Wer hier die Ausbildung macht, soll sich so wohlfühlen, dass er oder sie auch dableibt“, sagt Carsten Jochum, Geschäftsführer der DRK-Kinderklinik am Wellersberg. Bei Bau- und Modernisierungsprojekten werde grundsätzlich das Personal einbezogen, auf Themen wie Ergonomie und Arbeitsschutz liege dabei ein besonderes Augenmerk. Das gelte für alle Abteilungen und Einheiten: So würden etwa in der Verwaltung sukzessive höhenverstellbare Schreibtische nachgerüstet, um auch ein Arbeiten im Stehen zu ermöglichen.

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In Gestaltungsfragen stehe das Krankenhaus am Wellersberg vor der Herausforderung, dass die Räume einerseits kindgerecht hergerichtet sein, andererseits aber auch der Belegschaft ein angenehmes Arbeitsumfeld bieten müssten. „Wir sind derzeit dabei, vieles in Angriff zu nehmen“, sagt Carsten Jochum. Dabei sei es vor allem wichtig, „das Prinzip der kurzen Wege einzuhalten – das ist das A und O“. Ein gutes Beispiel sei der aktuelle Umbau der zentralen Notaufnahme, bei dem pädiatrische und chirurgische Notaufnahmen zusammengelegt würden. Das Thema „kurze Wege“ haben auch die anderen Siegener Krankenhäuser auf dem Schirm, weil die oft über Jahrzehnte immer wieder erweiterten Gebäude in vielen Bereichen keine optimale Wegeführung haben – und das frisst Zeit, die dem Personal dann an anderen Stellen fehlt.

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Um das Erscheinungsbild auf einem ansprechenden Niveau zu halten, hat die DRK-Kinderklinik einen Maler fest eingestellt, wie der Geschäftsführer berichtet. Dieser kümmere sich beispielsweise um Flecken an den Wänden und um Instandhaltungsmaßnahmen, damit schäbige Ecken aus dem Arbeitsumfeld verschwinden. Eine Arbeitsgruppe „Gesundheitsmanagement“ befasse sich zudem mit Verbesserungen für den Alltag. In einer groß angelegten Umfrage „wollen wir von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wissen: Was wünscht Ihr Euch? Was können wir für Euch tun?“, gibt Carsten Jochum einen Ausblick auf weitere Schritte und ergänzt: „Mitarbeiter sind zufriedener, wenn sie den Eindruck haben, dass der Arbeitgeber sich um ihre Gesundheit kümmert – und wenn die Kollegen auch sehen, dass ihre Ideen und Anregungen umgesetzt werden und sie damit mehr Zeit für die Patienten haben.“

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Solche Konzepte seien auch mit Blick auf neue Bewerberinnen und Bewerber wesentlich. Viele würden vor ihrer Entscheidung für einen Job zunächst hospitieren, um einen genaueren Eindruck vom Team und vom Haus zu gewinnen.

Diakonie Klinikum Jung-Stilling: Arbeitsplätze und Rückzugsräume modern gestalten

„Natürlich ist es auch für uns selbstverständlich, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur mit wichtigen und erfüllenden Aufgaben zu betrauen, sondern im Rahmen unserer Möglichkeiten auch für ein positives Arbeitsumfeld zu sorgen“, betont Blazenka Sokolova von der Pressestelle der Diakonie in Südwestfalen.

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„So haben wir zum Beispiel bei unseren An-, Um- und Neubaumaßnahmen im Diakonie Klinikum Jung-Stilling in den vergangenen Jahren sehr wohl darauf geachtet, die Arbeitsplätze und Rückzugsräume unserer Mitarbeitenden modern und großzügig auszugestalten – farblich hell, angenehme Lichtquellen, neues Mobiliar – sowie die Laufwege so effizient wie möglich zu halten. Uns ist wichtig, dass sich unsere Mitarbeitenden bei uns wohl fühlen und gerne arbeiten.“

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