Siegerland. Wegen der anhaltenden Trockenheit im Siegerland ist von manchen Bächen kaum mehr was übrig. Ein Fischsterben droht. Was Bürger beachten sollten.

Bäche im Siegerland trocknen aus, die Pegel der Flüsse sinken. Das Bett der Netphe zum Beispiel ist im Bereich des Netphener Petersplatzes leer. Und die Hitzewelle dauert an. Vor allem für die Tierwelt wird es gefährlich.

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Die Sieg in der Unteren Industriestraße ist teilweise trocken. Nicht besser ist es in Weidenau am Wasserwerk. Hier überwuchern Büsche und Sträucher die Siegufer, vom Fluss ist nicht mehr viel zu sehen. Der Dreisbach in Herzhausen führt kein Wasser mehr, dafür ist der Bachlauf nahezu komplett zugewachsen. Hier sind seit Wochen keine Fische mehr gesehen worden. Auch Schnecken, Krebse und viele Kleinstlebewesen haben die Hitze nicht überlebt. Von der Alche ist an der Fischbacherbergstraße nicht viel übrig, in den Resten tummeln sich noch Wasserläufer und -flöhe.

Der Dreisbach in Herzhausen ist zugewuchert.
Der Dreisbach in Herzhausen ist zugewuchert. © Jürgen Schade

Siegen: Wasserstand der Fließgewässer ist kritisch – und heiße Sommer werden die Regel

„Der aktuelle Wasserstand der Fließgewässer im Stadtgebiet – wie im gesamten Kreis – ist wegen der schon lang anhaltenden Trockenheit und der durchgehend hohen Temperaturen als kritisch anzusehen“, sagt Jörg Kraft von der Umweltabteilung der Stadt Siegen. „Die Fließgewässer führen zu wenig Wasser und die Wassertemperatur ist zu hoch, weshalb der Sauerstoffgehalt abnimmt und für zusätzlichen Stress bei den Wasserlebewesen sorgt.“ Gerade wegen letzterem könne nicht ausgeschlossen werden, „dass es vereinzelt zu Fischsterben kommen kann. Wir können nur dringlich an die Bürgerinnen und Bürger appellieren, kein Wasser mehr aus Fließgewässern zu entnehmen, um ihre Gärten oder Grünflächen damit zu wässern.“

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„Auch wenn Gewässer augenscheinlich kein Wasser mehr führen, kann unterhalb der Gewässersohle noch Wasser fließen“, wie die Untere Wasserbehörde beim Kreis Siegen-Wittgenstein auf Anfrage erklärt. Das oberflächige Austrocknen von Bachläufen, insbesondere der Oberläufe der Bäche, sei in den Jahren 2018 bis 2020 wiederholt vorgekommen. „Aufgrund des Klimawandels ist künftig mit einer Häufung von lang anhaltenden Trockenperioden zu rechnen, so dass der derzeitige Zustand häufiger zu erwarten ist“, heißt es weiter. Dabei sei „die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts erheblich oder zumindest nachteilig beeinflusst“.

Von der Alche ist an der Fischbacherbergstraße nicht mehr viel zu sehen – aber dafür viel Unangenehmes zu riechen.
Von der Alche ist an der Fischbacherbergstraße nicht mehr viel zu sehen – aber dafür viel Unangenehmes zu riechen. © Jürgen Schade

Siegen: Pegel von Sieg, Weiss und Ferndorf liegen deutlich unter den Mittelwerten

Auch der Kreis unterstreicht, dass eine Wasserentnahme selbst in den Bereichen, die noch einigermaßen stabil zu sein scheinen, aktuell unzulässig ist, da dadurch „eine nachteilige Veränderung der Wasserbeschaffenheit, eine wesentliche Verminderung der Wasserführung sowie andere Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu erwarten sind“. Auf jeden Fall sei in den Sommermonaten „ein zurückhaltender und verantwortungsvoller Umgang mit dem Oberflächenwasser“ notwendig, um das ökologische Gleichgewicht zu sichern. Seitens des Kreises würden Projekte initiiert beziehungsweise begleitet, „die eine Speicherung von Regenwasser im Boden fördern und somit einer Austrocknung von Gewässern entgegenwirken“.

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Der Siegpegel an der Messstelle Weidenau lag am Freitag (Stand: 15 Uhr) bei etwa 6 Zentimetern. Im Jahresmittel sind es fast 31, bei Niedrigwasser im Schnitt 8 cm. Das geht aus den Daten auf der Homepage des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (lanuv) Nordrhein-Westfalen hervor. An der Messstelle Niederschelden waren es zur selben Zeit etwa 48 cm (Jahresmittel hier: 95 cm; durchschnittliches Niedrigwasser: 55 cm). Die Weiss erreicht in Niederdielfen einen Pegel von etwa 6 cm (Jahresmittel: 31 cm; durchschnittliches Niedrigwasser: 8 cm). Sowohl Sieg als auch Weiss haben damit die niedrigsten Stände innerhalb der vergangenen zwölf Monate. Die Ferndorf lag am Freitagnachmittag in Kreuztal mit 10 cm auf ihrem durchschnittlichen Niedrigwasserniveau und circa 12 cm unter dem Jahresmittel. In Weidenau unterschritt sie mit 27 cm das mittlere Niedrigwasser um 2, den Jahresdurchschnittspegel um gut 26 cm.

Siegerland: Situation an den Talsperren im durchschnittlichen Rahmen

Etwas besser sieht die Lage an den Talsperren aus, wie Dirk Müller, Geschäftsführer und Technischer Leiter des Wasserverbands Siegen-Wittgenstein (WVS), im Gespräch mit der Redaktion erläutert. Obernau und Breitenbach „sind noch gut gefüllt“, sagt Dirk Müller, „wir liegen im Mittel der vergangenen Jahre.“ Die Pegel der Talsperren würden klassischerweise von April bis Dezember fallen, und dann in der nasskalten Jahreszeit wieder steigen: „Wir leben von den Winterniederschlägen.“ Ein Rückgang des Wasserstands um 4 Zentimeter pro Tag sei im Sommer normal, und „den haben wir auch“.

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Der Klimawandel mache sich aber an den Siegerländer Talsperren bemerkbar – in Gestalt bestimmter Algenarten und ihrer Populationen. Diese ließen sich herausfiltern – der Wasserverband habe seine Kontrollen darauf ausgerichtet. Über die vergangenen Dekaden „haben wir hier und da Verschiebungen, die auffällig sind – aber beherrschbar“, betont Dirk Müller. Doch „wenn der Klimawandel weitergeht, wird es irgendwann natürlich Probleme geben.“

Die Sieg an der Industriestraße führt nur noch wenig Wasser.
Die Sieg an der Industriestraße führt nur noch wenig Wasser. © Jürgen Schade

Siegen: Hitzewelle hält an – zunächst kaum Chancen auf Regen oder Abkühlung

Am Wochenende ist zunächst keine Besserung in Sicht. Laut Carsten Beyer, Betreiber des regionalen Wetterdienstes Meteo Siegerland, bleibt es bis Sonntag hochsommerlich mit Höchsttemperaturen von 27 bis 34 Grad. „Die Waldbrandgefahr ist weiterhin sehr hoch“, warnt der Experte. Erst am Montag kommt feuchtete Luft „und die Chancen auf Schauer und Gewitter steigen. Leider ist dies aber auch immer lokal und nicht flächendeckend.“ Kommende Woche „bleibt es warm bis heiß und besonders die Luftfeuchte nimmt zu und macht die Sache unerträglich. Dafür steigt aber die Chance auf Regen.“

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