Dahlbruch/Netphen. Die Pegel der Siegerländer Talsperren liegen trotz regnerischen Sommers unter dem langjährigen Mittel. Der Klimawandel fordert neue Maßnahmen.

Während die Talsperren des Ruhrverbands Rekordfüllstände aufstellen, sieht es in der heimischen Region anders aus. Die Obernautalsperre ist derzeit knapp unter dem Stauspiegel von 2017 und deutlich unter dem der Jahre 2018, 2019 und 2020, wie Dirk Müller, Geschäftsführer und Technischer Leiter des Wasserverbands Siegen-Wittgenstein (WVS) im Gespräch mit der Redaktion mitteilt. Bei der Breitenbach sei es ähnlich, wobei dort zumindest der 2017er Wert im vergangenen März noch überschritten worden sei. Problematisch sei die Situation derzeit zwar nicht, betont Dirk Müller. Langfristig müsse sich der Verband aber auf die Folgen des Klimawandels einstellen.

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„Es ist ganz einfach: Wir sind mit relativ niedrigem Stand ins Jahr gestartet. Wir haben im Winterhalbjahr zu wenig abgekriegt“, erläutert der Geschäftsführer. Nach drei heißen Jahren sei im vergangenen Winter nun auch noch zu wenig Niederschlag gefallen – ein ausschlaggebender Faktor für die Pegel und ihre Entwicklung von Frühjahr bis Herbst. Für gewöhnlich fallen von einem höheren Niveau aus die Stände von März bis Dezember, diesmal bewegen sie sich seitlich. Von geringen Schwankungen abgesehen „haben wir jetzt denselben Stand wie im Februar“. Dennoch bleibe es „weit unter den Mittelwerten“.

Siegen und Umgebung: Starkregen hat auf Talsperren kaum Einfluss

Die Starkregenereignisse, die in den vergangenen Wochen auch im Siegerland mitunter Bäche binnen kürzester Zeit zu Flüssen anschwellen und Keller in einzelnen Straßen volllaufen ließen, ändern an der Lage nichts. Die plötzlichen Schauer seien „ein punktuelles Ereignis“, sagt Dirk Müller – und kein flächendeckendes.

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Wenn also an einer Stelle innerhalb weniger Minuten Unmengen von Wasser herunterkommen, heißt das noch lange nicht, dass Vergleichbares auch über Obernau und Breitenbach passiert. Und selbst wenn: „Starkregen trifft immer auf eine sich leerende Talsperre“, da daraus fortlaufend Wasser entnommen wird. Üblicherweise falle der Pegel pro Tag um vier bis sechs Zentimeter. Hinzukommt, dass die Pflanzenwelt im Sommer große Mengen der Niederschläge aufnimmt und diese damit ebenfalls nicht in die Stauseen gelangen.

Siegerland: Wetterextreme nehmen zu – mit Auswirkungen auf die Talsperren

Die Breitenbach bekam etwas mehr Niederschlag ab, doch die Obernau habe „das schlechtes Jahr seit vier Jahren“, sagt der WVS-Geschäftsführer. Bis wieder das Niveau von vor den zurückliegenden ungewöhnlich heißen Jahren erreicht sei, werde es noch dauern. Beunruhigt ist Dirk Müller nicht. Er verweist aber auf eine „Zunahme der Extreme“: Hitze auf der einen Seite, geringere Niederschläge im Winter auf der anderen.

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Der Klimawandel habe dabei nicht nur Auswirkungen auf die verfügbaren Wassermengen, sondern auch auf die Wassertemperatur. Diese steigt, damit verändert sich das Ökosystem Talsperre. In der Konsequenz steige die Notwendigkeit für Kontrollen und zur Steuerung der Wasserqualität. Noch vor 40, 50 Jahren sei das kein Thema gewesen, sagt Dirk Müller: Da war das Wasser einfach da und die Voraussetzungen zur Entnahme und Aufbereitung waren langfristig berechenbar und konstant.

Siegen-Wittgenstein: gute Gründe für eine dritte Talsperre

Schwankungen seien natürlich, „das gab es alles schon mal“, hebt der Experte hervor. Das bisher schlechteste Jahr sei 1996 gewesen. Auffällig ist aber, dass gerade in der jüngeren Vergangenheit die Hitze-Problematik nicht ausnahmsweise und isoliert aufgetreten ist, sondern gleich mehrere Jahre in Folge. Mittel- bis langfristig müsse sich die Region auf die Veränderungen einstellen. Dirk Müller: „Da sind wir mit dem Thema ,dritte Talsperre’ richtig unterwegs.“ Dafür prüft der Kreis Standorte vorwiegend auf Wittgensteiner Gebiet.

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