Siegen. Der erste Ökumenische Kirchentag mitten in Siegen zeigt einen neuen Ansatz der Kirchen: Hingehen, wo die Menschen sind. Hat es funktioniert?

„Das Nachdenkliche und das Leichte: All das ist Kirche“: So fasste Superintendent Peter-Thomas Stuberg am späten Nachmittag den Ökumenischen Kirchentag zusammen, der am Samstag in Siegen stattfand. Die Kirche war dafür in die Stadt gekommen – auf der Achse zwischen Bahnhof und Martinikirche sowie zwischen Herrengarten und Apollo-Theater gab es durchgehend Mitmach-Aktionen, tiefgehende Begegnungen und ein vielfältiges Unterhaltungsprogramm.

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Die Eröffnungsandacht fand nicht in einer Kirche, sondern auf der Bühne mitten auf der Siegbrücke statt. Obwohl hochsommerliche Temperaturen ins Freibad lockten, hatten sich rund 100 Menschen eingefunden, als Superintendent Peter-Thomas Stuberg und der katholische Dechant Karl-Hans Köhle den Ökumenischen Kirchentag eröffneten – im Übrigen eine Premiere. Spontan angeschaffte Regenschirme spendeten den dringend benötigten Schatten.

Ökumenischer Kirchentag Siegen: „Zeigen, wofür die Kirche steht“

„Wir wollen auf die Menschen zugehen und zeigen, wofür die Kirche steht“, sagte Karl-Hans Köhle und nannte all die Bereiche, die sich auch in drei auf die Innenstadt verteilten Themeninseln wiederfanden: Außer dem klassischen Sonntagsgottesdienst etwa die kirchlichen Kitas und Schulen, die Jugendarbeit, die Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas sowie Beratungs- und Seelsorgeangebote. Über allem stand der biblische Dreiklang „Glaube – Liebe – Hoffnung“ – im Korintherbrief als zentrale christliche Werte beschrieben.

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An der Themeninsel Glaube luden Seelsorgerinnen und Seelsorger zum Austausch ein. „Wir haben viele gute Gespräche geführt“, berichtete Gemeindereferentin Irmtrud von Plettenberg. „Auch mit Menschen, die zwischen Austritt und Kirchenmitgliedschaft stehen.“ Zweifeln Raum geben – das war ein ausdrückliches Anliegen der Glaubens-Insel. Nicht umsonst war es die Geschichte des „ungläubigen“ Jüngers Thomas, die die Besucherinnen und Besucher dort in einer Ausstellung mit biblischen Erzählfiguren nachvollziehen konnten.

Henner und Frieder in Liebe verbandelt – mit einer Girlande aus Regenbogen-Wimpeln: Auf der Oberstadtbrücke stand beim ersten Ökumenischen Kirchentag in Siegen die Liebe in all ihren Facetten im Mittelpunkt.
Henner und Frieder in Liebe verbandelt – mit einer Girlande aus Regenbogen-Wimpeln: Auf der Oberstadtbrücke stand beim ersten Ökumenischen Kirchentag in Siegen die Liebe in all ihren Facetten im Mittelpunkt. © Evangelischer Kirchenkreis Siegen | Jasmin Maxwell-Klein

Siegen: Oberstadtbrücke wird beim Ökumenischen Kirchentag zur „Liebesinsel“

Um Liebe ging es auf der Oberstadtbrücke. Wie bunt Liebe in beiden Kirchen ist, versinnbildlichte eine Wimpelkette in Regenbogenfarben, die an diesem Tag Henner und Frieder miteinander verband. Viele Passantinnen und Passanten nutzten die Gelegenheit, bei einer Fotoaktion mit vorgedruckten oder selbst beschriebenen Schildern auszudrücken, was für sie „Liebe ist“. Deutliche Unterschiede zwischen den Generationen stellte dabei der katholische Theologe Bernd Wagener, stellvertretender Leiter der Telefonseelsorge Siegen, fest: „Viele jüngere Paare haben ‚Liebe ist...‘ mit Worten wie ‚Freiheit‘ oder ‚Selbstständigkeit‘ definiert. Die Älteren wählten fast alle das Schild ‚…füreinander da sein‘.“

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Auf der Bühne erwies sich insbesondere das Musikprogramm als Magnet für das Publikum. Die Besucherinnen und Besucher sangen mit Kreiskantorin Ute Debus und dem Bläserensemble „pian e forte“ bekannte und neue Kirchenlieder, lauschten Chormusik der Gruppe „Neues Geistliches Lied“ unter Leitung der Dekanatskirchenmusikerin Helga Maria Lange sowie Pop- und Lobpreis-Musik von Kreiskantor Peter Scholl und seiner Band. Als Höhepunkt fand am Abend die Siegener Singer-/Songwriter-Band „Satin Blue“ mit ihren mal schwebend-leichten, mal folkig-melancholischen Liedern den perfekten Sound.

Carina Boller und Oliver Gaumann vom Jugendwerk Förderband bauten an der Themeninsel „Hoffnung“ auf dem Scheinerplatz mit Kirchentagsbesuchern Bienenhotels aus alten Blechdosen. Das passt perfekt: Denn es geht (auch) um Bewahrung der Schöpfung.
Carina Boller und Oliver Gaumann vom Jugendwerk Förderband bauten an der Themeninsel „Hoffnung“ auf dem Scheinerplatz mit Kirchentagsbesuchern Bienenhotels aus alten Blechdosen. Das passt perfekt: Denn es geht (auch) um Bewahrung der Schöpfung. © Evangelischer Kirchenkreis Siegen | Jasmin Maxwell-Klein

Ökumenischer Kirchentag Siegen: Interviews und Talkrunden auf der Siegbrücke

Zwischen den Konzerten füllten Interviews mit Haupt- und Ehrenamtlichen aus Kirche, Diakonie, Caritas und gesellschaftlichen Initiativen auf der Bühne die Werte „Glaube – Liebe – Hoffnung“ mit Leben. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Volkmar Klein berichtete davon, wie der christliche Glaube auch zwischen Menschen aus ehemals verfeindeten Nationalitäten auf dem Balkan verbindende Kraft entfalten könne. Daraus ziehe er Hoffnung, auch mit Blick auf den Krieg in der Ukraine.

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Wie sich Hoffnung auf eine bessere Zukunft in Engagement für den Klimaschutz ausdrückt, berichteten Carlotta Gaumann und Finn Koblenzer, Schüler am Evangelischen Gymnasium Weidenau. Bewegend waren auch die Berichte von Ehrenamtlichen, die sterbende Menschen und ihre Familien begleiten oder sich für Menschen einsetzen, die in Armut leben.

Ökumenischer Kirchentag in Siegen: Bei einer Fotoaktion an der Themeninsel „Liebe“ konnten Besucherinnen und Besucher ausdrücken, was für sie „Liebe ist“.
Ökumenischer Kirchentag in Siegen: Bei einer Fotoaktion an der Themeninsel „Liebe“ konnten Besucherinnen und Besucher ausdrücken, was für sie „Liebe ist“. © Evangelischer Kirchenkreis Siegen | Jasmin Maxwell-Klein

Siegen: Motz-Mobil beim Ökumenischen Kirchentag bietet Raum für Kritik

Jüngere Gäste kamen nicht nur beim Bühnenprogramm mit Kirchenclown Christophorus und Zauberer Pikkus auf ihre Kosten, sondern auch an der Themeninsel „Hoffnung“, wo sie mit dem katholischen Jugendwerk „Förderband“ Bienenhotels basteln und unter dem Motto „I have a dream“ Zukunftsvisionen festhalten konnten. Am „Motz-Mobil“ konnten die Menschen dagegen Kritik loswerden – entweder bei den Mitarbeitenden aus der kirchlichen Jugendarbeit oder in schriftlicher Form. „Die Kirche muss präsenter außerhalb der Kirchenmauern werden“, stand auf einem der Zettel, der am Motzmobil klebte. Der Ökumenische Kirchentag war ein Schritt in diese Richtung.

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