Siegen . Die Ökumenische Telefonseelsorge Siegen nahm am 1. Mai 1980 ihren Dienst auf. 20 bis 30 Telefonate führen die Ehrenamtlichen Mitarbeiter täglich
Noch immer meldet sich der Mann ab und zu. Vor Jahren hat ihm die ökumenische Telefonseelsorge Siegen in einer schweren Krise sehr geholfen. Heute geht es ihm wieder gut, und wenn er bei der Telefonseelsorge anruft, erinnert er sich an diese Zeit, bedankt sich und liest dem Mitarbeiter oder der Mitarbeiterin am Telefon ein selbstgeschriebenes Gedicht vor.
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Ökumenisches Angebot im Siegerland
Nur selten erfahren die Ehrenamtlichen so direkt, was aus den Menschen geworden ist, die bei ihnen anrufen. Aber darum gehe es auch nicht, sagt der Leiter der Telefonseelsorge, der evangelische Pfarrer Dietrich Hoof-Greve. Auftrag der Telefonseelsorge sei es schlicht, ohne Vorbedingungen zuzuhören und da zu sein. „Manchmal nur für diesen Tag, manchmal nur für diesen Moment.“
Vor 40 Jahren hat die ökumenische Telefonseelsorge Siegen ihren Dienst aufgenommen – mit einer Nachtschicht am 1. Mai 1980 um Mitternacht. Getragen wird sie nach wie vor von den Evangelischen Kirchenkreisen Siegen und Wittgenstein sowie dem katholischen Gemeindeverband Siegerland-Südsauerland. Die Telefonseelsorge ist für alle Menschen unabhängig von ihrer Konfession oder Weltanschauung da – „ausgehend von der christlichen Haltung, dass Gott überparteilich ist und zu den Schwachen steht“, sagt Hoof-Greve.
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Seit der Gründung sind die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter rund um die Uhr unter den kostenfreien Rufnummern 0800/1110111 und 0800/1110222 erreichbar. Zwischen 20 und 30 Telefonate führen sie durchschnittlich jeden Tag. Hinzu kommt seit Anfang der 2000er Jahre noch die Beratung per Mail und Chat. Aktuell arbeiten rund 100 Ehrenamtliche bei der ökumenischen Telefonseelsorge Siegen.
Hilfenetz war in Siegen und Umgebung kaum ausgebaut
Nicht nur die Technik habe sich in den 40 Jahren verändert, berichtet der stellvertretende Leiter Bernd Wagener. Anfangs sei es in den Telefonaten viel um konkrete Probleme oder Krisen gegangen. Denn damals sei das psychosoziale Hilfenetz in der Region kaum ausgebaut gewesen. Mittlerweile sei das ganz anders, sodass sich Menschen mit Familienproblemen oft direkt an die Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle wenden, Menschen mit Suchterkrankung an eine Suchtberatungsstelle. „Heute ist das Hauptthema am Telefon Einsamkeit“, berichtet der katholische Theologe. „Die Menschen, die anrufen, brauchen jemanden zum Reden.“
Telefonseelsorge während der Coronakrise
Während der Corona-Krise habe die Telefonseelsorge ganz deutlich gemerkt: „Wir werden gebraucht“, sagt Pfarrer Dietrich Hoof-Greve. „Unser Dienstplan war zu hundert Prozent ausgelastet“. Rund 40 Prozent der Telefonate hatten zuletzt die Pandemie zum Thema.
Die für Ende April geplanten Feierlichkeiten mit Festgottesdienst zum 40-jährigen Bestehen, die auch ein Dankeschön für die vielen Helfer sein sollten, mussten wegen Corona ausfallen. Sie sollen voraussichtlich im Frühjahr 2021 nachgeholt werden.
Die Statistik zeigt: Mehr als 70 Prozent der Anrufer leben allein, in einer Einrichtung oder Wohngemeinschaft. Ganz anders in der Mailberatung: Rund 80 Prozent der Ratsuchenden leben hier in einer Familie oder Partnerschaft. Doch gerade in den Mails gehe es häufig um „die harten Themen“, sagt Wagener, etwa psychische Erkrankungen oder Suizidgedanken. „Die Mailschreiber haben zwar ein Umfeld, aber das Thema, das sie beschäftigt, ist so gravierend oder so schambesetzt, dass sie es nicht ansprechen können.“ Eine E-Mail biete einen geschützten Rahmen, um Worte für eigentlich Unaussprechliches zu finden, ergänzt Hoof-Greve. „Viele Mails beginnen mit Worten wie: Das habe ich noch nie jemandem erzählt.“
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