Siegen. Arnd Kretzer ist Jugendreferent in Siegen. Auch an der Evangelischen Kirche geht die Corona-Pandemie nicht spurlos vorüber, sagt er.

„Wenn mich im Februar dieses Jahres jemand gefragt hätte, was Inzidenzwerte, AHA-Regeln und Corona-Schutzverordnungen sind, hätte ich das zumindest mal googeln müssen.

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Hätte mir jemand gesagt, wir würden in Deutschland mal Besuchsverbote in Seniorenheimen oder einen Lockdown erleben und „fast“ alle wie selbstverständlich mit einer Mund-Nase-Bedeckung herumlaufen, hätte er dafür wenigstens einen ungläubigen Blick geerntet. Vieles davon gab es vor gut acht Monaten auch noch nicht, aber dieses kleine miese Virus namens SarsCoV2 ist eben kein Gumminoppenball der Konjunktive oder Neologismen, sondern es schafft Fakten, nie da gewesene Fakten.

Covid-19 kostet Existenzen

Covid-19 dreht scheinbar alles auf links, es schädigt komplette Volkswirtschaften und es kostet Existenzen und sogar viele Menschenleben. Verrückt – es hat vieles im wahrsten Sinne des Wortes ver-rückt, ihm einen neuen Platz gegeben und Prioritäten anders gesetzt.

Arnd Kretzer  
Arnd Kretzer   © Privat

Und es spaltet unsere Gesellschaft, es offenbart menschliche Abgründe und vergrößert ohnehin schon vorhandene Risse und Unterschiede. Und das schneller als uns lieb ist und schneller, als wir manchmal reagieren können – vor allem angemessen. Das gilt insbesondere für Menschen, die das an verantwortlichen Positionen für das Gemeinwohl, also für uns alle tun müssen, ob sie das wollen oder nicht

Und natürlich ruft es auch die Menschen auf den Plan, die häufig keine Verantwortung tragen, aber alles besser wussten und alles anders gemacht hätten. Ein sogenanntes Dilemma … ?! Auch an uns im kirchlichen Arbeitsfeld ist diese Pandemie natürlich nicht spurlos vorüber gegangen.

Sommerfreizeit in Spanien fällt aus

Zum ersten Mal seit 25 Jahren musste ich eine Sommerfreizeit für Jugendliche stornieren, obwohl wir eigentlich mit über 160 Leuten nach Spanien fahren wollten. Outdoor-Alternativen für die Sommerferien wurden mit heißer Nadel gestrickt, ebenso Online-Angebote für Kinder-, Jugend- und Konfirmandengruppen.

Corona-Tagebücher aus Siegen

Gottesdienste werden mittlerweile „gestreamed“ oder über Youtube nachträglich hochgeladen. Gemeindegesang – und das ist sehr einschneidend für viele – ist verboten. Chöre dürfen oder können nicht mehr proben. Man versucht, wenigstens das hinzubekommen, was geht und vor allem, was erlaubt ist. Vieles gelingt ganz gut aber bleibt doch häufig nur ein – wenn auch sicher gut gemeinter und hoffentlich vorläufiger – Ersatz. Am Ende des Tages bleiben doch mehr Fragen als Antworten.

Ich merke, wie das alles auch mein Berufsbild infrage stellt, das eigentlich geprägt ist von Nähe, von gelebter Beziehung und von „einfachem Dasein“. Aber es ist eben nicht mehr so einfach und doch ist dieses Bedürfnis ja nicht weg, weder bei mir, noch bei den „jungen“ Menschen, die uns anvertraut sind. Ich wünsche mir und uns allen, dass der Glaube uns trägt bei der Aufgabe, nicht „aufzugeben“.

Dass die Hoffnung uns Kraft gibt, zu einer neuen Normalität zu finden und dass die Liebe uns Motivation ist, den Kräften entgegenzuwirken, die unsere Gesellschaft spalten wollen, statt gerade jetzt dafür zu sorgen, dass wir in gegenseitiger Verantwortung für uns selbst und unseren Nächsten zusammenstehen.“

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