Siegen. Ute Debus leitet die Kantorei Siegen. Die Arbeit in der Pandemie ist anstrengend, die Kirchenmusikdirektorin fühlt sich dennoch privilegiert.

„Beim ersten Lockdown war es so, dass man sich erst einmal orientieren musste. Aber sehr schnell kamen Anfragen von unserem Superintendenten, der vom Kirchenkreis Andachten per Video aufnehmen wollte.

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Das heißt, Vorbereitung. Aufnehmen macht das ganze intensiver, weil es für die „Dose“ ist, sozusagen produziert wird. Es galt, sich auch neu zu orientieren, was mache ich mit meinen Chören? Doch schnell war sehr klar, dass ich den sozialen Kontakt unbedingt zu meinen Chören halten wollte und natürlich wollte ich auch das musikalische „Stimm-Training“ nicht aussetzen lassen.

Denn wenn man singt oder ein Instrument spielt, muss man einfach im Training bleiben – wie beim Sport . Das war mir sehr wichtig. Und nach einer Phase der Neuorientierung und der eigener digitalen Aufrüstung habe ich relativ bald mit den Chören mit Zoom -Proben angefangen, was auf große Zustimmung meiner Chorsänger traf.

Zoom-Proben sind One-Woman-Show

Sie haben im Großen und Ganzen wirklich gern mitgemacht. Es ist ja so bei den Zoom-Proben, man sieht mich, hört mich, es ist sozusagen eine One-Woman-Show, man ist als Chorleiter oder Chorleiterin permanent am Klavierspielen und am Singen und muss einfach schauen, dass man mit den einzelnen Stimmen probt und über das Abspielen von CD‘s beispielsweise dem Chor auch das Gefühl eines Chorklanges gibt.

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So haben wir im Sommer geprobt und proben jetzt wieder im November auf diese Art und Weide digital. Das bedeutet eine andere Art der Vorbereitung für mich. Aber es bereitet mir viel Freude und ich bin sehr froh darüber, dass es auch so angenommen wird.

Der nächste Batzen ist die Gottesdienstvorbereitung. Auch wenn weniger Leute in den Gottesdienst kommen, ist es mir wichtig, den Leuten Besonderes anzubieten. Immer wieder habe ich mit kammermusikalischen Gruppen oder mit Solo-Instrumentalisten oder Sängern im Gottesdienst musiziert und diese Musiker im Gottesdienst mit eingebunden.

Da ja leider nach wie vor im Gottesdienst nicht gesungen werden darf singe ich regelmäßig unsere bekannten Lieder – sozusagen als Stellvertretung für die Gemeinde – was dankbar angenommen wird. Es erfordert momentan mehr Vorbereitung als für einen ganz „normalen“ Gottesdienst. Was ich wichtig und gut finde und meine Energie gern dafür einsetze. Gerade in der jetzigen Situation müssen wir den Gottesdienstbesuchern etwas besonderes, etwas für Leib und Seele mitgeben.

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Im September/Oktober haben wir eine gewisse Normalität erreicht, weil wir in der Nikolaikirchengemeinde bereits im Sommer ein gutes Hygiene- und Schutzkonzept erarbeitet haben. Dadurch waren wir gut vorbereitet und konnten mit den Hybridproben beginnen. Meine Kantorei Siegen teilte ich in vier Gruppen auf, zwei Gruppen probten abends nacheinander, und die anderen beiden Gruppen konnten sich per Zoom dazu schalten.

Das ist sehr gut angenommen worden, weil wir endlich wieder in Kleingruppen gemeinsam singen und die Sänger sich auf Abstand ein wenig austauschen konnten. Auch meinen Kirchenchor teilte ich in zwei Gruppen ein, die nacheinander in kleineren Gruppen präsent üben konnten. Und mit meinem Kammerchor, der capella cantabilis, konnte ich sogar komplett singen. Das alles wurde uns dann leider wieder genommen.

Turmblasen in Siegen findet wohl statt

Wir haben uns frühzeitig viele Gedanken über die Weihnachtsgottesdienste und Adventsgottesdienste gemacht. In der Nikolaigemeinde gibt es seit Jahrzehnten die schöne Tradition, dass wir an den Adventssamstagen um 18 Uhr Musik bei Kerzenschein anbieten, davor ist um 17 Uhr das beliebte Turmblasen.

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Das wird auch bleiben, wenn auch vermutlich mit weniger Musikern. Nach dem 25. November wird sich zeigen, ob wenigstens vier Bläser oben auf dem Turm der Nikolaikirche unter dem Krönchen Open Air spielen können, wovon ich aber ausgehe. Und die musikalische Einstimmung wird auch bleiben. Offenes Singen mit voller Kirche zum 1. Advent kann leider aus bekannten Gründen nicht stattfinden. Ich hatte sehr gehofft, dass in der Christvesper und der Christmette jeweils ein kleiner Chor singen kann. Aber das wird wohl nicht möglich sein.

Nun hoffe ich, dass wenigstens ein Vokalquartett musizieren kann. Streicher und Bläser werden in jedem Fall die Gottesdienste mitgestalten, mussten allerdings jeweils auf ein Quartett heruntergebrochen werden.

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Das ist alles mit sehr großem Organisationsaufwand verbunden, da man sich ständig neu auf die Situation einstellen muss. Jetzt plane ich so in der Hoffnung, die Gottesdienstgestaltung auch entsprechend nach Plan und Absprache umsetzen zu können. Damit ich den Gottesdienstbesuchern musikalisch Anspruchsvolles, Stimmungsvolles und Weihnachtliches mitgeben kann. Deshalb ist einfach mehr zu tun.

Nichtsdestotrotz fühle ich mich absolut privilegiert, weil ich arbeiten und musizieren kann, mich in Zeiten wie diesen mit den schönen Dingen des Lebens beschäftigen „darf“ und mit meiner Arbeit hoffentlich etwas bewirken kann.“

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