Siegen. . Vor dem Arbeitsgericht Siegen klagt seit Montag ein ehemaliger Wachmann aus der Flüchtlingsunterkunft in Burbach gegen seine Kündigung.
Dirk O. (47) sitzt mit gesenktem Kopf neben Anwalt David Walker. Er rückt die Brille zurecht. Die Hände liegen gefaltet auf dem Tisch. Drei Fernsehkameras sind auf ihn gerichtet, Fotoapparate klicken, RTL, Sat 1, WDR, dpa und viele andere Medien. 12 Uhr, Sitzungssaal 502: Dirk O. klagt gegen seine Kündigung. Er war von der Wachfirma SKI entlassen worden.
Angeblich am Video mitgewirkt
Er soll an dem Video mitgewirkt haben, das den Misshandlungs-Skandal ins Rollen gebracht hatte. Darin wird ein Asylbewerber gezwungen, sich in sein Erbrochenes zu legen. „Warum schlagst Du mir“, fragt der Flüchtling die Männer, die das Video aufnehmen. „Soll ich Dir in die Fressen treten, oder was? Dann brauch ich net zu schlagen“, antwortet einer.
Dass es bei dem Gütetermin am Montag keine Einigung geben wird, ist schnell klar. „Heute können wir das an dieser Stelle nicht lösen“, sagt Richter Holger Perschke nach 18 Minuten Schlagabtausch der Parteien. Der Kammertermin wird für den 26. Februar 2015 angesetzt.
David Walker, der Dirk O. auch in dem anstehenden Strafprozess vertreten wird, argumentiert, sein Mandant sei zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Tat nicht bei der Wachfirma SKI angestellt gewesen. Das Arbeitsverhältnis begann am 31. Juli 2014. Zu diesem Zeitpunkt sei das Handyvideo längst aufgenommen gewesen. Als die Aufnahme entstand, habe Dirk O. im Dienst der Wachfirma ESS Schobe gestanden.
GewaltDas Siegener Security-Unternehmen hatte bis Juli 2014 als Subunternehmer für SKI in Burbach gearbeitet. „Der Vorfall, um den es geht, hat sich in einem völlig anderen Arbeitsverhältnis ereignet“, so Walker. Außerdem sei nicht klar, ob sein Mandant handgreiflich geworden sei. „Er bestreitet dies und er hat auch bestritten, auf diesem Video zu sehen zu sein.“ Mit Dirk O. sei vor seiner Entlassung nicht gesprochen worden. „Mein Mandant hätte die Vorwürfe entkräften können.“
Körperverletzung und Freiheitsberaubung
Die Staatsanwaltschaft Siegen ermittelt strafrechtlich gegen fünf Wachleute wegen des Verdachts der Nötigung, Körperverletzung und Freiheitsberaubung.
Die Firma SKI hatte nach Bekanntwerden der Misshandlungen die betreffenden Wachmänner entlassen.
„Straftaten, die außerhalb des Arbeitsverhältnisses stattfinden, rechtfertigen eine Kündigung, wenn dieses Verhalten das Arbeitsverhältnis belasten“, argumentiert indes der Anwalt der Firma SKI, Benjamin Schmitt. „Dass er auf dem Video gesagt hat ,Oder soll ich dich noch mal schlagen’“ lege nahe, dass der Flüchtling vorher schon geschlagen worden sei. Schmitt attestiert dem geschassten Wachmann eine „Unzuverlässigkeit“ und eine „Nichteignung“ für den Beruf und spricht „von einem begründeten Verdacht von Misshandlungen in Form von Drohungen und Nötigungen.“
Der Inhalt der Sequenz sei „menschenverachtend“. Selbst wenn zum Zeitpunkt als das Video entstanden sei, der Wachmann keinen Vertrag mit der Firma SKI gehabt habe, habe sein Verhalten dem Unternehmen geschadet. Die Wachmannschaft habe die SKI-Dienstkleidung auch während der Zeit getragen, als die ESS Schobe als Subunternehmer in Burbach tätig gewesen sei.