Burbach. . Der Ruf nach einem neuen Status für die Notunterkunft für Flüchtlinge in Burbach wird lauter. „Dass wir hier mit einem Provisorium leben, ist Teil des Problems“, kritisiert Bürgermeister Christoph Ewers. Aus Arnsberg von der Bezirksregierung kommt das Signal, zumindest darüber nachzudenken, die Unterkunft in eine reguläre Erstaufnahmeeinrichtung umzuwandeln.

Der Ruf nach einem neuen Status für die Notunterkunft für Flüchtlinge in Burbach wird lauter. „Dass wir hier mit einem Provisorium leben, ist Teil des Problems“, kritisierte Bürgermeister Christoph Ewers während des Rundgangs mit Annette Kurschus und Regierungsvizepräsidenten Volker Milk. „Ich bin nach wie vor der Überzeugung, dass bei einer Verminderung der Belegungszahl auf höchstens 400 Personen eine andere Art der Betreuung möglich ist, als wie dies jetzt geleistet werden kann“, erklärte Ewers weiter. Aus Arnsberg kam das Signal, zumindest darüber nachzudenken, die Unterkunft in eine reguläre Erstaufnahmeeinrichtung umzuwandeln.

Immer Drei-Monats-Mietverträge

Seit Ende September 2013 wird die Einrichtung für Flüchtlinge in der ehemaligen Siegerlandkaserne als Notunterkunft geführt. Das heißt, der Mietvertrag mit dem Eigentümer der Baracken wird immer für drei weitere Monate abgeschlossen. „Wir möchten ihnen gern die Sicherheit geben. Darüber werden wir reden“, sicherte Milk Ewers zu. Mit dem Status einer dauerhaften Einrichtung wie es die Unterkünfte in Hemer und Schöppingen haben, würde sich einiges ändern. Die Bezirksregierung würde investieren, zum Beispiel in Krafträume für die jungen, alleinreisenden Männer, die zur Gruppe mit dem größten Konfliktpotenzial gehören.

Aber auch für die Gemeinde habe der Status einer dauerhaften Einrichtung Vorteile, sagte Ewers. Ihm sei natürlich bewusst, dass das auch mit Sorge von den Burbachern gesehen werde. Als Beispiel nennt er eine Firma, die ein Spielgerät spenden wollte. Kosten: 16 000 Euro. Als der Firmenchef allerdings hörte, dass es in den nächsten drei Monaten theoretisch schon vorbei sein könnte, wurde daraus nichts.

Das Projekt Bad Berleburg

Mit einer Statusänderung würde auch Forderungen der Bürgerinitiative, die sich am Dienstag im Bürgerhaus in Burbach gründen möchte entgegen gekommen. Die Initiatoren, die sich insbesondere wegen exzessiven Alkohols um die ihrer Meinung nach angespannte Situation im Ortskern der Gemeinde sorgen, seitdem die Notunterkunft eingerichtet worden ist, fordert unter anderem die Schaffung von Freizeitmöglichkeiten für die Menschen und einen Bustransfer vom Ort zur Einrichtung.

Die Notunterkunft in Bad Berleburg soll laut Plänen der Bezirksregierung eine regulären Erstaufnahmeeinrichtung werden. „Wir planen dort ein Projekt“, so Sprecher Christoph Söbbeler. Dort solle eine Einrichtung entstehen, in der „alles unter einem Dach“ vereint ist: eine Erstaufnahmeeinrichtung, eine zentrale Unterbringung der Flüchtlinge und der anschließende Transfer in Asylheime der nordrhein-westfälischen Kommunen.

Mietvertrag läuft im Januar 2015 aus

Im Januar des kommenden Jahres läuft der Mietvertrag für die Baracken in Burbach erneut aus. Auch mit dem DRK als Betreiber wurde zunächst nur ein Vertrag über drei Monate abgeschlossen.

Grüne schreiben Offenen Brief an Hannelore Kraft 

Die Grünen im Kreis Siegen-Wittgenstein kritisieren in einem offenen Brief an Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, Innenminister Ralf Jäger sowie an Regierungspräsident Gerd Bollermann und die Fraktionsmitglieder im Landtag die Landesregierung und die Bezirksregierung. Sie würden zu behäbig auf die hohe Zahl an Flüchtlingen aus Krisengebieten reagieren.

1150 Menschen in Burbach und Berleburg untergebracht

Nicht erst seit den Misshandlungsvorwürfen durch Wachpersonal in Burbach sei die Situation in den Unterkünften prekär. „Wir sind der Meinung, dass die nun eingeleiteten Maßnahmen bei weitem nicht ausreichen, um den Herausforderungen, vor denen die Flüchtlinge und die Mitarbeitenden in den Notunterkünften stehen, gerecht zu werden“, heißt es. Es sei irritierend, dass „erst die schlimmen Vorkommnisse ein 7-Punkte-Programm nach sich ziehen, in welchem Maßnahmen und Standards formuliert werden, die unseres Erachtens von Beginn an eine Selbstverständlichkeit hätten sein müssen“, heißt es in dem Schreiben der Kreistagsfraktion.

In Burbach und Bad Berleburg seien aktuell rund 1150 Menschen untergebracht. Siegen-Wittgenstein stelle damit rund 20 Prozent der Erstaufnahmeplätze des Landes NRW. „Wir sehen die Landesregierung in einer erheblichen Bringschuld gegenüber den Flüchtlingen und den Kommunen. Dies gilt für fachliche, personelle wie auch finanzielle Unterstützung vor Ort.

Die Grünen haben mehrere Forderungen an die Landesregierung formuliert.

  1. Keine Überbelegung: Die Belegung in den Einrichtungen soll drastisch zu reduziert werden. Insbesondere eine Überbelegung – wie in Burbach an der Tagesordnung – sei auszuschließen. „Es gehört nicht viel Phantasie dazu, dass das Konfliktpotenzial um so mehr außer Kontrolle zu geraten droht, je mehr Menschen unterschiedlicher Herkunft mit je eigenem Problemkontext und völlig ungesicherter Zukunftsperspektive zusammen in unwirtlichen Unterkünften ausharren müssen.“
  2. Aufenthaltsdauer: Die lange Aufenthaltsdauer in den Erstunterkünften sei unzumutbar. Die Bearbeitung der Einzelfälle in Bezug auf Weiterverteilung in die Kommunen sei zu beschleunigen auf maximal sieben Tage.
  3. Trauma-Zentren: Perspektivisch sei ein Ausbau der Zentren für Traumapatienten in NRW zu initiieren, da immer mehr der aktuell ankommenden Flüchtlingen unter akuten Anzeichen solcher Erkrankungen leiden.
  4. Personalschulung: Das Personal in den Unterkünften soll in Deeskalation, Gewaltprävention und interkulturellen Kompetenzen geschult werden. Bislang fänden sich im Personaltableau kaum entsprechend qualifizierte Mitarbeiter. Außerdem solle eine unabhängige Beschwerdestelle für Flüchtlinge in den Landesaufnahmeeinrichtungen eingerichtet werden, die Asylsuchende bei Übergriffen kontaktieren und zu Rate ziehen könnten.
  5. Qualitätsstandards: Die ‚Task Force’ der Regierung halten die Grünen für eine Farce. Sie soll dafür sorgen, dass in Landesunterkünften Standards eingehalten werden. „Wir fragen uns allerdings, von welchen ,Standards’ hier genau die Rede ist. Uns ist kein Konzept bekannt, das die Unterbringung von Flüchtlingen verbindlich regelt und Qualitätsstandards für die Aufnahmeeinrichtungen festlegt. Auch ob in den Verträgen zwischen dem Land bzw. der Bezirksregierung und den Betreibern dafür irgendwelche Standards benannt sind, ist uns nicht bekannt. Wenn es Standards gibt, bitten wir darum, diese unverzüglich zu veröffentlichen.“
  6. Mitarbeiter-Qualifikation: Nicht mehr und besseres Wachpersonal sei der Ruf der laut werden müsse, es würden mehr qualifizierte Pädagogen in Erstaufnahmeeinrichtungen gebraucht. Dies gelte auch für die weitere Betreuung im Asylverfahren. „Deshalb fordern wir, dass Standards für die soziale Begleitung, Betreuung und Beratung mit den Betreibern der Einrichtungen vertraglich festgelegt werden und dafür zusätzliche Finanzmittel bereitgestellt werden.“ Der Betreiberwechsel in Burbach sei eine vertrauensbildende Maßnahme. „Was unseres Erachtens unabdingbar zur Bewältigung der vielfältigen Probleme, die, wenn so viele Menschen aus unterschiedlichen Kulturen auf so engem Raum miteinander auskommen müssen, ist die Finanzierung einer qualifizierten sozialen Begleitung, Betreuung und Beratung.“