Burbach. . Die Präses der evangelischen Landeskirche Annette Kurschus hat am Mittwoch die Flüchtlingsunterkunft in Burbach besucht. Nach dem Übergang an das DRK wird noch viel improvisiert.

„Stop the war in Syria“ steht in krakeligen Buchstaben auf einer Kinderzeichnung. Die Wörter „War“ und „Syria“ mit dickem roten Filzer geschrieben. Das Bild zeigt eine Frau. Tränen rollen ihr über die Wange. Das Bild daneben zeigt brennende Häuser, sterbende Menschen, todbringende Bomber. Düstere Bilder in diesem Raum in der Flüchtlingsunterkunft. Düstere Bilder, die in den vergangenen Tagen aus dem kleinen Burbach in die weite Welt gesendet wurden. Sicherheitspersonal, das Flüchtlinge misshandelt haben soll. Ein Einrichtungsbetreiber, der davon gewusst haben soll. Und Politiker, die von nichts gewusst haben wollen.

Am Mittwochnachmittag mischen sich wieder bunte Farben darunter. Annette Kurschus, Präses der evangelischen Landeskirche, stapft mit Regenbogenschirm durch die Pfützen im Burbacher Asphalt. Ihr sei es wichtig, sich ein eigenes Bild zu machen. Zu zeigen, dass die Kirche und die Christen für Flüchtlinge da sind. Für Menschen, die Halt und Sicherheit brauchen. „Aus einer ehemaligen Kaserne macht man kein gemütliches Wohnzimmer“, gibt Kurschus zu. Zehn Jahre stand die ehemalige Kaserne leer.

Einen richtigen Rundgang gibt es nicht, dafür sei alles noch zu provisorisch. Landesrotkreuzleiter Heinz-Wilhelm Upphoff möchte die Essensausgabe zeigen. Der Schlüssel fehlt, der Tross aus Journalisten und Vertretern der Kirche stockt. Eingegattert zwischen Bauzäunen, ohne Dach während es aus dem Himmel Schnürsenkel regnet. „So stehen die Menschen auch hier und warten auf ihr Essen“, erklärt Upphoff. „Eine unwürdige Situation“ nennt er es. An der Taktung zur Essensausgabe wolle das DRK schnellstmöglich etwas ändern.

Die Präses fragt nach, wer das Essen liefert und wie die Stuben aussehen, auf denen sich die Flüchtlinge aufhalten. Sie wirkt ehrlich interessiert und schaut sich aus klugen Augen um. An den Säulen hinter ihr pappt ein Schild mit einer durchgestrichenen Sau. Schweinefleisch gibt es nicht.

Nicht nachlassende Hilfsbereitschaft

Am Dienstag übernahm das DRK die Notunterkunft in Burbach von European Homecare (EHC). „Ein Neustart“, sagt Regierungsvizepräsident Volker Milk. Er wird dieses Wort noch häufiger wiederholen. Seit Montag war er jeden Tag in Burbach. Regierungspräsident Gerd Bollermann gar nicht mehr. Milk spricht von Arbeitsteilung, es wirkt allerdings so, als mache sich Bollermann absichtlich rar. Zu schlecht die Presse der vergangenen Tage, nachdem er noch vor Kurzem EHC sein Vertrauen ausgesprochen hatte.

Farbkleckse auf dem Boden, ein großes Welcome-Schild an der Tafel, auf dem zuvor jemand mit Kreide das Verb „haben“ konjugiert hat. Habe, hast, hat... Die Flüchtlinge, die nach Burbach kommen, haben nichts. Daran erinnert auch Hans-Peter Ginsberg. Der pensionierte Polizist koordiniert seit einem Jahr die ehrenamtliche Arbeit. Er erzählt, wie zunächst Schuhe für den Winter gesammelt wurden. Und Koffer. Und Kinderwagen. Und wie es immer mehr wurde. Er erzählt von nicht nachlassender Hilfsbereitschaft und dem Raum 212 im Haus 5. Hier werden mittwochs Gottesdienste gefeiert. „Viele konnten ihren Glauben bislang nur im Untergrund leben“, sagt er.

Es sei nicht schön gewesen, die negativen Schlagzeilen zu lesen. „Viele Menschen leisten hier oben sehr gute Arbeit.“ Probleme, so Ginsberg, gebe es vor allem mit alleinreisenden Männern aus Marokko und Algerien. Bei allen Einsätzen der Polizei – immer Männer aus diesen Ländern dabei. Auch Alkohol spiele eine Rolle.

„Der Mikrokosmos Burbach zeigt globale Konflikte und was sich auf der ganzen Welt abspielt. Burbach als Brennglas“, stellt Annette Kurschus fest. Und wenn es nach Burbachs Bürgermeister Christoph Ewers geht, auch als Blaupause: „Wir können hier den Menschen zeigen, wie man mit solchen Situationen umgeht. Je mehr Probleme es gab, desto größer wurde auch die Hilfsbereitschaft.“

DRK entscheidet über Zukunft des Sicherheitsdiensts 

25 Ehrenamtliche des DRK aus Burbach, Neunkirchen und Siegen tun vorläufig Dienst in der Notunterkunft. Die Tagschicht umfasst zwölf, die Nachtschicht vier Personen – „Frauen und Männer“, wie Landesrotkreuzleiter Heinz-Wilhelm Upphoff betont. Er bedankt sich ausdrücklich bei den Arbeitgebern, die die Freistellung ihrer Mitarbeiter ermöglichen.

Noch ist vieles provisorisch. Dolmetscher aus den Reihen des DRK verstärken das Team. Vom gekündigten Betreiber EHC wurden drei Sozialbetreuer ausgeliehen, die ihren Dienst am 1. Oktober antraten – nach den Misshandlungsvorfällen. Ob die noch von EHC engagierte neue Sicherheitsfirma Stölting weiter in Burbach tätig sein wird, entscheidet das DRK in dieser Woche. „Es gelten unsere Regeln“, stellt Upphoff klar. Die Zusammenarbeit sei bisher gut, das Wachpersonal wirke kompetent und freundlich. Auf Druck der Bezirksregierung wurde der Auftrag für Burbach an die hundertprozentige Stölting-Tochter SET aus Düsseldorf gegeben, die im Gegensatz zur Mutterfirma Mitglied im Bundesverband der Sicherheitswirtschaft ist. Die Mitarbeiter wechselten mit sofortiger Wirkung zu SET.

Außerdem hat das DRK einen Gebäudesachverständigen eingeschaltet, der Bausubstanz und Schimmelbefall untersucht.

Zahlungen an EHC hat das Land nach Aussage von Regierungsvizepräsident Volker Milk mit sofortiger Wirkung zugunsten des DRK eingestellt. Man habe sich einvernehmlich geeinigt. Lediglich für die ausgeliehenen Mitarbeiter sowie den unter der Ägide der Vorgänger rekrutierten Wachdienst zahle das DRK noch an EHC, das in den verbliebenen sechs NRW-Einrichtungen unter sorgfältiger Beobachtung stehe