Meschede. Was bedeutet das Ende der Mehrwertsteuersekung für Gastronomen? Wirte aus Eslohe, Meschede und Schmallenberg blicken mit Sorge in die Zukunft.
Es ist ein Überbleibsel von Corona, das auch rund um Meschede, Bestwig, Eslohe und Schmallenberg beschäftigt: Um die Gastronomen und Hoteliers in der schwierigen Pandemiezeit zu unterstützen, wurde die Mehrwertsteuer gesenkt. Im Jahr 2020 mussten sie nur noch fünf Prozent Mehrwertsteuer bezahlen, sowohl auf ausgelieferte Essen als auch auf Speisen vor Ort. Seit 2021 wurde jetzt eine Mehrwertsteuer von sieben Prozent auf die servierten Gerichte erhoben - der Regelsatz für Essen „außer Haus“, also bei Liefer- und Abholgeschäften. Im letzten Oktober war diese Entlastung noch einmal um ein Jahr verlängert worden: Wegen der Energiekrise, wegen des Ukrainekriegs, wegen der Inflation.
Vor der „Wahlarena“ der ARD hat sich Olaf Scholz, damals Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat, deutlich für die Beibehaltung der gesenkten Mehrwertsteuer ausgesprochen: „Wir haben die Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie gesenkt und das noch mal verlängert, und ich will Ihnen gern versichern: Ich habe dieser Verlängerungsentscheidung zugestimmt und der Einführung in dem sicheren Bewusstsein: Das schaffen wir nie wieder ab. Also das ist jetzt etwas, was für die Gastronomie jetzt auch gelten soll.“ Damals gab es Applaus in der „Wahlarena“, die Sendung ist auf YouTube verewigt. Jetzt zeigt sich: Der Staat ist verschuldet, die Steuererleichterung für die Gastronomie ein Minusgeschäft. Weitergeführt werden sollte es erst nicht, dann schon - schließlich wird der Bundeshaushalt gekippt, nun fehlen die Mittel für eine weitere Entlastung.
„Ich muss ehrlich sagen, ich bin sehr enttäuscht von unserem Kanzler“, sagt Walter Beckmann, Inhaber des Hotels und Restaurants „Sauerländer Hof“ in Eslohe-Wenholthausen: Erst sei diese große Versprechung gemacht worden, doch jetzt, wenn es um die Entscheidung gehe, dann lasse Olaf Scholz das einfach so stehen - geäußert hat sich der Kanzler bisher noch nicht weiter zu den Entwicklungen rund um den Stop der Mehrwertsteuerentlastung.
Doch was bedeutet die Mehrwertsteuererhöhung für Gastronomen?
In der ersten Konsequenz ein schwieriger Schritt hin zu einer weiteren Preiserhöhung, erklärt Davut Tiryaki, Geschäftsführer von „Meating by Davut“ in der Mescheder Fußgängerzone. „Eigentlich will ich die Preise nicht erhöhen“, erklärt er. Denn das bedeutet für ihn eine Menge Aufwand und eine Menge Kosten: Alle Speisekarten müssen überarbeitet und ausgedruckt werden. Wenn es so weit ist, verspricht er: „Die Hälfte der zwölf Prozent trage ich selbst, nur eine Hälfte der Kunde.“ Die gesamte Erhöhung wolle er auf keinen Fall auf den Kunden umwälzen.
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In den letzten vier Jahren ist der Preis für einen Döner bei ihm bereits um drei Euro gestiegen - 2019 hat er in einem „Black Friday-Angebot“ eine Dönertasche für vier Euro verkauft statt zum Regelpreis von 4,50 Euro. Heute sind es 7,50 Euro. „Wenn die Mehrwertsteuer wieder angezogen wird, dann werde ich wohl auf acht Euro oder sogar 8,50 Euro erhöhen müssen“, erklärt er. Denn immerhin verdiene er dann zwölf Prozent weniger am Döner - und schon jetzt verdiene er nur rund einen Euro bis 1,50 Euro pro Dönertasche.
Seine Stammkundinnen und Stammkunden haben größtenteils Verständnis, erklärt Tiryaki, aber er merke auch, dass viele Menschen von der aktuellen Lage verunsichert seien: Von den Kriegen, von der Inflation, von der allgemeinen Stimmung. Da halte man sein Geld eher bei sich. Und auch im Winter, wenn Weihnachten vor der Tür steht, überlege man schonmal eher, ob man Geschenke kauft oder etwas zu Essen, mutmaßt er weiter.
Noch kein Grund zum Aufgeben: Warum es noch Hoffnung gibt
Diese Entwicklung sieht auch Walter Beckmann vom „Sauerländer Hof“ auf sich zukommen. Bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent müsse er die Mehrkosten „eins zu eins“ auf den Kunden umlegen - denn neben den anderen immensen Mehrkosten, die die letzten Jahre gebracht hatten, könnte er diese Mehrausgabe nicht einfach schlucken. Bisher hätten sich Gäste noch nie über seine Preise beschwert, sagt er, oder sie auch nur angesprochen.
„Jeder hat seinen eigenen Berg vor sich, das weiß ich“, sagt Beckmann. „Deswegen weiß ich auch, warum die Menschen dann zögern, zu uns zu kommen.“ Aus den weiter steigenden Preisen werde, davon geht er aus, eine erhöhte Zurückhaltung gegenüber Gaststättenbesuchen resultieren, und eine Traurigkeit bei seinen Gästen. Er könne nur hoffen, so Beckmann weiter, dass sich diese schnell lege - denn seine Gäste wissen, wofür sie Geld bezahlen, der „Sauerländer Hof“ stehe für Qualität.
Noch will Walter Beckmann aber nicht aufhören zu hoffen. Er sieht von Seiten der Politik einige Unterstützer der Sache der Hoteliers und Gastronomen, aber auch von den Zusammenschlüssen der Hoteliers und Gastronomen selbst. „Natürlich wird das nicht einfach. Aber wir haben bisher schon viel und laut gekämpft, und das werden wir auch weiter tun. Die Sache ist noch nicht gegessen.“
Langer Kampf: Kein Vorwurf an die Dachverbände, Enttäuschung in die Politik
Keinen so positiven Ausblick auf die Zukunft hat Andreas Deimann, Geschäftsführer des „Romantik- und Wellnesshotels Deimann“ in Schmallenberg-Winkhausen: „Eine letzte Hoffnung war für uns eine Initiative des Bundesrats.“ Er ist, wie viele seiner Kollegen im Gastgewerbe, „stinksauer“ und „enttäuscht“, fühlt sich von der Politik im Stich gelassen. Vertrauen in die Ampelkoalition hat er keines mehr. Auch er selbst hat sich politisch engagiert für den Fortbestand der Steuerentlastung, hat aber kein offenes Ohr gefunden - für ihn ist das ein Fehler, der schon länger währt als erst seit Beginn der Coronapandemie.
„Die Forderung nach einem ermäßigten Steuersatz für die Gastronomie gibt es schon seit über 20 Jahren“, erklärt Deimann. „In drei Vierteln aller EU-Länder gibt es das schon.“ Ob diese Ungerechtigkeit auch noch bestehen würde, wenn es sich um Industriebetriebe handele, bezweifelt er. Aber dem Gastgewerbe fehle die Wertschätzung seitens der Politik - und das zeige sich auch jetzt wieder, wenn die Steuern für zubereitete Speisen wieder auf 19 Prozent erhöht würden.
„Für uns ist das zum Glück nicht existenzbedrohlich - das sieht aber bei vielen anderen ganz anders aus“, so Andreas Deimann. Denn während das „Hotel Deimann“ hauptsächlich von der Logie lebe, gebe es genug andere, bei denen das nicht so sei. Sie seien jetzt hin und her gerissen, so Deimann: Wenn die Preise jetzt erhöht werden, kommen vermutlich weniger Gäste, die Einnahmen bleiben aus. Doch wenn man die Preise nicht erhöhe, habe man selbst mehr Kosten, und so würde auch bei gleichbleibenden Einnahmen weniger Gewinn gemacht werden. Eine Gratwanderung.
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Für Andreas Deimann ist klar: „Wir werden erhöhen müssen.“ Wegen der Personalkosten, wegen der Inflation - um immer noch genauso viel Erlös machen zu können, wird der Schritt unumgänglich sein. „Aber dann nicht nur zwölf Prozent, sondern eigentlich 15 bis 20 Prozent.“ Denn während der Coronajahre habe sich das gesamte Gastgewerbe mit Preiserhöhungen zurückgehalten und müsse nun den Schritt gehen, um mit den gestiegenen Kosten mithalten zu können.