Meschede. 2015 kam er als Jugendlicher aus Syrien nach Meschede. Was ist seitdem passiert? Bahjat Alnasser aus Damaskus über sein Leben hier.

Syrien liegt in Vorderasien und grenzt an Israel, Jordanien, den Libanon, die Türkei und den Irak. Die ältesten archäologischen Funde sind ca. 1 Million Jahre alt. Syrien ist ungefähr halb so groß wie Deutschland und zählt circa 22 Millionen Einwohner. Heute existiert es aufgrund des Bürgerkrieges nicht mehr als zusammenhängendes Staatsgebilde. Seit 1963 regiert die Baath-Partei das Land, seit 1971 jeweils mit einem Mitglied der Familie al-Assad.

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Heute leben mehr als 900.000 Menschen aus Syrien in Deutschland. Die meisten von ihnen flüchteten vor dem Bürgerkrieg, der nach Schätzungen schon mehr als 400.000 Menschen das Leben gekostet hat. Rund 6 Millionen Menschen haben deshalb das Land verlassen und ungefähr genauso viele Menschen sind innerhalb Syriens auf der Flucht. Bahjat Alnasser, geboren in Damaskus, lebt mit seiner Familie in Meschede und berichtet.

Die Heimatkirche der Familie: Mariä-Himmelfahrt-Kathedrale in Khabab.
Die Heimatkirche der Familie: Mariä-Himmelfahrt-Kathedrale in Khabab. © Privat

Wann sind Sie nach Deutschland gekommen?

2015 bin ich als unbegleiteter Jugendlicher allein nach Deutschland gekommen. 2017 kamen meine Eltern, mein Bruder Bashar und meine Schwester Maya nach. Seitdem leben wir in Meschede. 2022 habe ich mein Abitur am Gymnasium der Benediktiner bestanden und seitdem studiere ich Pharmazie in Jena. Mein Bruder schließt gerade seine Ausbildung zum Zahntechniker ab und meine Schwester ihr Abitur bei den Benediktinern.

Wie sieht Ihr Alltag aus?

Das Studium erfordert schon viel Aufmerksamkeit, Disziplin und Fleiß. Es macht mir Spaß. Pharmazie ist und bleibt mein Fach. Ich bin es ja gewohnt, allein zurechtzukommen, aber die regelmäßigen Besuche meiner Familie in Jena mit mütterlichen Kochkünsten und anderen Aufmerksamkeiten bedeuten mir sehr viel. Der Zusammenhalt in unserer Familie ist sehr eng, was man schon daran sieht, dass alle Familienmitglieder bei diesem Interview dabei sind. Nicht um mich zu korrigieren oder gar zu beaufsichtigen, sondern um zu bestätigen, dass wir alle die Sicherheit, die uns Deutschland bietet, wertschätzen und dankbar dafür sind.

In unserer Familie haben wir auch bis jetzt keine Diskriminierung erfahren, weder bei den Benediktinern noch im privaten Umfeld. An der Uni hier in Jena spielt mein Migrationshintergrund überhaupt keine Rolle. Hier zählt Leistung und sonst gar nichts.
Maya: „In meinem Freundes- und Bekanntenkreis spielt mein Migrationshintergrund überhaupt keine Rolle, da achten schon die Benediktiner akribisch drauf. Was mir auffällt ist, dass die meisten Mescheder nicht unbedingt über Syrien informiert sind. Da setze ich mich dann gern für meine Heimat ein und erzähle über unsere Kultur etc., aber nur, wenn ich gefragt werde.“

Was könnte Ihr Leben in Deutschland erleichtern?

Bashar Alnasser: „Wenn ich meinen Gesellenbrief als Zahntechniker schon bald in der Hand habe, beginnt mein Leben!“

Bahjat: „Im Ernst: Wir haben dieselben Wünsche, Pläne, Vorstellungen für unser Leben wie unsere deutschen gleichaltrigen Mitbürger. Wir fühlen uns integriert, akzeptiert und angenommen.“

Gibt es ein Lebensmotto in Ihrer Familie?

Vater Alnasser: „Mutter Theresas Gedicht, der erste Satz lautet: Das Leben ist eine Chance, nutze sie! Das berühmte Damaskus Erlebnis des Paulus zeigt die enge Verbindung des Urchristentums zu Syrien vorbildlich.“

Seine Frau ergänzt: „Unsere Familie hält stark zusammen, was ich jeder Familie egal welcher Nationalität nur genauso wünsche. Wir sind dankbar, dass wir diesen Zusammenhalt in Deutschland, konkret in Meschede, erhalten konnten.“