Wenholthausen. Unverblümt spricht Gastronom und Hotelier Walter Beckmann vom Sauerländer Hof in Wenholthausen über die Personalprobleme in seiner Branche.

Es fehlt an Personal, die Nachfolge in Betrieben ist häufig ungeklärt: Vor knapp einem Jahr schilderte Walter Beckmann (69) aus Wenholthausen bei Eslohe an seinem Beispiel anschaulich die Probleme in der Gastronomie. Was hat sich seitdem verändert im „Sauerländer Hof“?

1000 Anfragen aus Marokko für Wenholthausen

Zuletzt erzählten Sie erstaunlicherweise von vielen Nachfragen aus Marokko für die Arbeit in Ihrem Landhotel in Wenholthausen. Was ist daraus geworden?

Ich bekomme nach wie vor täglich zehn Anfragen mit Bewerbungen aus Marokko. Ich kann mir das überhaupt nicht erklären. In der Summe komme ich bestimmt auf 1000 Anfragen aus Marokko: Das ist locker eine marokkanische Kleinstadt. Jeder möchte immer sofort Kontakt über Skype aufnehmen. Und alle sagen, sie hätten gute Deutschkenntnisse und behaupten, eine Vorbildung im Hotelbereich zu haben. Der Drang aus Nordafrika, nach Europa zu kommen, um hier in der Branche zu arbeiten, scheint stark zu sein. Ob das alles wahr ist? Ich weiß es nicht. Aber wenn nur zehn davon hier in der Region eingestellt würden, wäre das ja schon ein Erfolg. Ich hatte mal den Gedanken, einen anzuschreiben, um zu sehen, was passiert… Aber als Einzelner komme ich da nicht weiter.

Der Sauerländer Hof in Wenholthausen. Gerne würde Walter Beckmann zusätzliches Personal einstellen: Bewerber aber gibt es nicht.
Der Sauerländer Hof in Wenholthausen. Gerne würde Walter Beckmann zusätzliches Personal einstellen: Bewerber aber gibt es nicht. © Jürgen Kortmann

Spricht etwas gegen Arbeitskräfte aus Marokko?

Für mich nicht. Zu Lebzeiten meines Vaters hatten wir schon einmal einen Marokkaner hier beschäftigt. Der hat lange hier gearbeitet, er war sehr hilfsbereit. Inzwischen gibt es sogar Agenturen, die sich bei mir melden aus Nordafrika: Die versichern, es würden mir keine Kosten beim Übersiedeln entstehen – natürlich sollte ich eine Wohnung vorhalten. Man würde sich auch um die Aufenthaltsgenehmigung kümmern. Die Bundesregierung verspricht, dass das Einwanderungsgesetz auch für Nicht-Europäer vereinfacht werden soll. Vielleicht passiert dann etwas. Ich hoffe es.

„Der freie Markt gibt einfach nichts her“

Aber wo sind die Deutschen, die bei Ihnen arbeiten könnten?

Der Markt ist wie leer gefegt. Da müssen Sie nicht hoffen, dass etwas passiert. Ich habe glücklicherweise so etwas wie „Leuchttürme“: Da kennen mich über persönliche Kontakte die Eltern – so komme ich zum Beispiel an Aushilfen. Das hilft mir schon etwas weiter. Aber hauptberuflich jemanden zu finden? Das ist ganz, ganz schwierig. Die Mitarbeitersituation hat sich nicht verbessert. Der freie Markt gibt einfach nichts her.

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Wen könnten Sie gebrauchen? Wonach suchen Sie im Moment?

Ich würde zum Beispiel sofort eine Servicekraft im Hauptberuf einstellen – es könnten sich auch zwei oder drei diese Stelle teilen. Es kann auch ein Seiteneinsteiger sein, der pfiffig ist. Man muss auch keine Ausbildung mitbringen. Freundlichkeit, Höflichkeit und Menschlichkeit sind entscheidend. Man muss das Gespür dafür haben, dem Gast dienen zu wollen. Natürlich muss man auch Produktkenntnis haben, das lernt man aber. Das Anforderungsprofil war früher zu meiner Zeit ganz anders. Das hat sich verändert. Ich sage ehrlich: Beim Eindecken zum Beispiel drücke ich heute schon ein Auge zu, wenn das Messer ein wenig schief liegt. Früher hätte ich mich darüber aufgeregt. Auch Schüler und Schülerinnen als Aushilfen für den Service und für das Housekeeping auf der Etage würde ich einstellen: Denn je größer der Pool ist, aus dem man schöpfen kann, umso seltener muss der Einzelne dann an den Wochenenden arbeiten.

Immer höflich sein, den Druck aus dem Kessel nehmen

Drängt es für Sie, die Personalfrage zu lösen?

Es wäre dann für uns alle leichter. Das Geschäft läuft ja gut. Die Zahlen stimmen, weil meine Frau und ich hinter dem Betrieb stehen. Aber es ist eben alles sehr personenbezogen, es ist sehr viel Präsenzpflicht für uns. Wenn ich mal ausfallen würde, ginge es auch eine Zeit lang gut – aber eben nicht bis Ultimo. Ab und zu schlafe ich schon unruhig. Aber wenn ich Unruhe ausstrahle, überträgt sich das: Und niemand will einen missmutigen Gastgeber, auch die Mitarbeiter nicht. Man muss immer höflich sein, immer charmant sein, immer den Druck aus dem Kessel nehmen.

Was wird aus der klassischen Gastronomie?

Diese Frage stelle ich mir ganz oft. Die gastronomische Welt wird sich auch im Sauerland verändern. Man sieht es noch nicht, aber es zeichnet sich am Horizont ab. Es wird viele Leerstände geben, weil keine Nachfolger für die Betriebe gefunden werden. Ich würde mich auch freuen, wenn ich diese Nadel im Heuhaufen finden würde!

Ist es noch einmal schwieriger, eine Lösung für ein Lokal im Dorf als in einer Stadt zu finden?

Natürlich. Wenn man in einer Stadt baut, kann man im Erdgeschoss multifunktional eine Fläche einbauen, die man dann als Gastronomie oder auch als Praxis nutzen könnte. Aber so ein Objekt wie unseres in Wenholthausen ist ja im Laufe der Zeit gewachsen. Daraus kann ich keine Mietwohnungen machen.