Menden. Wie steht es um den Wohnraum in der Hönnestadt? Aufschluss soll das Wohnraumentwicklungskonzept geben. Baut die Stadt bald selbst?
Der Wohnraum in Menden wird immer knapper. Das zumindest ist ein Satz, der in der Hönnestadt gerne fällt, wenn‘s um bezahlbares Wohnen geht. Doch das nun vorgestellte Wohnraumentwicklungskonzept kommt zu einem anderen Schluss. Wo Menden in Sachen Wohnraum tatsächlich nachbessern muss - und in welcher Nische die Stadt selbst mit einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft einsteigen könnte.
Familienparadies - Studenten und Auszubildende suchen das Weite
Es ist ein erster Aufschlag, damit die Hönnestadt sich für die Zukunft aufstellen kann: das Wohnraumentwicklungskonzept. Dabei, das macht Experte Philipp Schwede im Rat deutlich, sind die Ergebnisse im Konzept keinesfalls in Stein gemeißelt. „Es ist der Ausgangspunkt für weitere Beratungen“, erklärt der Gutachter. Die Zielrichtung dabei ist klar. Es dürfe „keine Denkverbote“ bei einer langfristigen Strategie zum Wohnungsbau geben. „Sie sollten sich Zeit nehmen, die Themen strategisch aufzustellen.“ Dazu gehört auch die von allen entscheidendste Frage: Steigt die Stadt mit einer eigenen Wohnungsbaugesellschaft in den Markt mit ein - oder sucht man einen noch intensiveren Kontakt mit den bestehenden Platzhirschen, also Gewoge, GBS oder LEG?
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Die wichtigsten Umstände des Mendener Wohnungsmarktes auf einen Blick: Menden ist laut Analyse des Unternehmens Empirica eindeutig eine Auspendlerstadt; den Flüchtlingszuzug 2015 ausgeklammert, leidet die Hönnestadt zudem seit Jahren unter rückläufigen Bevölkerungszahlen. Soweit nichts Ungewöhnliches. „Das ist kein Alleinstellungsmerkmal. Das sehen wir in vielen Städten“, sagt Philipp Schwede. Genau deshalb habe er die Wanderungsbewegungen unter die Lupe genommen. Tenor: Familien zieht es in die Hönnestadt; Studenten und Auszubildende suchen schnell das Weite. Dadurch ist Menden im Vergleich zum Jahr 2011 im Schnitt zwei Jahre älter geworden.
Wirklich interessant wird der Blick dann vor allem auf den Wohnungsbestand. Entgegen dem allgemeinen Trend im Märkischen Kreis und in NRW setzt Menden vor allem auf Ein- und Zweifamilienhäuser (14.295) statt auf Mehrfamilienhäuser (11.418). Im MK und NRW liegen die Mehrfamilienhäuser üblicherweise deutlich vor den Ein- und Zweifamilienhäusern.
Beim Blick auf die Wohnungsgrößen wird dann das Dilemma deutlich, das für Menden ebenso zutrifft wie für den MK oder NRW allgemein: Es fehlt vor allem an bezahlbarem Wohnraum für Single-Haushalte. Gerade einmal 15 Prozent der verfügbaren Wohnungen sind zwischen 40 und 59 Quadratmetern groß (3965 Wohnungen). 25 Prozent des Mendener Wohnungsbestandes (6569) ist zwischen 60 und 79 Quadratmetern groß; weitere 20 Prozent (5291 Wohnungen) sind zwischen 80 und 99 Quadratmeter groß. Die Nettokaltmiete in Menden liegt mit 6,70 Euro im Schnitt des Märkischen Kreises - allerdings noch deutlich unter dem NRW-Schnitt mit 8,40 Euro. Von einem angespannten Wohnungsmarkt könne man in dieser Hinsicht - zumindest angesichts der nackten Zahlen - nicht sprechen.
Kleinere Wohnungen in Menden ein Problem
Maßnahmen für den Mendener Wohnungsmarkt gibt Philipp Schwede dann aber doch vor: „Es braucht weiter Neubau, um die Nachfrage zu bedienen.“ Heißt: Bis 2040 müssten in Menden bestenfalls 1100 neue Wohnungen entstehen. Im Mittelpunkt dabei: altersgerechte Wohnungen, preisgünstiger Wohnraum und Mehrgenerationenhaushalte. Ein erster Schritt in die richtige Richtung sei dabei etwa das städtische Programm „Jung kauft Alt“. Damit soll es jungen Familien attraktiver gemacht werden, Altbauten zu kaufen und anschließend zu renovieren - belohnt mit einem städtischen Zuschuss. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Eigentümer selbst müssten auf Modernisierungsmaßnahmen aufmerksam gemacht werden. Angesichts des Alters vieler Gebäude - gut 50 Prozent der Wohngebäude sind in Menden zwischen 1949 und 1978 gebaut worden - sei das dringend nötig.
Eine Tendenz für die Sanierung von Altbauwohnungen ist für Thomas Thiesmann (Linke) unterdessen bereits klar: Der Mietspiegel wird steigen. Einzig eine Einordnung wie hoch genau - das kann der Gutachter auf Nachfrage nicht sagen. „Das ist ein Zielkonflikt“, so Schwede. Der Bedarf an energetischen Sanierungen auf der einen Seite - preiswerter Wohnraum auf der anderen. Auch für FDP-Fraktionschef Stefan Weige „wurde es bei der Prognose etwas dünn“. Damit zielt er unter anderem aufs Gewerbegebiet Hämmer II ab. Durch neue Unternehmensansiedlungen hofft die Mendener Politik auch auf den Zuzug von Familien.
Für die CDU bildet das Gutachten in jedem Fall den Auftakt für weitere Diskussionen. „Meine Fraktion war froh, dass man aus dem Gutachten entnehmen konnte, dass wir kein quantitatives, sondern ein qualitatives Wohnproblem haben“, sagt Fraktionsvorsitzender Bernd Haldorn. Das decke sich mit den Eindrücken der bestehenden Wohnungsbaugesellschaften. Ob die Stadt am Ende selbst in den Wohnungsmarkt mit einer eigenen Gesellschaft einsteigt, oder einfach diejenigen, „die sich seit Jahrzehnten um die Wohnraumbeschaffung verdient gemacht haben“ noch stärker in den Fokus rücken und der Wohnungsmarkt gemeinsam entwickelt werden kann, müsse sich zeigen. Unterstützung bekommt Haldorn in diesem Punkt von Bürgermeister Dr. Roland Schröder: „Wir wollen keine Konkurrenz zu unseren Marktanbietern.“ Vielmehr müsse man sich zusammensetzen und Angebotslücken identifizieren.