Attendorn. Weil der Lieferverkehr fürs Wall-Center in Attendorn vor einem Haus „unverantwortbar“ sein soll, werden die Pläne geändert. Das steckt dahinter.

Noch ist völlig unklar, wann der Bau des neuen Einkaufszentrums gegenüber vom Attendorner Bahnhof beginnt. Die Immobilien Treuhand GmbH (ITG) aus Düsseldorf als Investor des Wall-Centers und die Attendorner Stadtverwaltung arbeiten seit Monaten hinter den Kulissen daran, die Grundlagen für das notwendige Baurecht zu schaffen. An dem grundsätzlichen Konzept wird nicht mehr gerüttelt: In das neue Einkaufszentrum ziehen neben der Drogeriemarktkette Müller ein Lebensmittelvollsortimenter – Hit oder Edeka – und eine Apotheke ein. Darüber hinaus entsteht ebenerdig ein Parkplatz für rund 140 Autos, ihn erreichen die zukünftigen Kunden direkt über den Kreisverkehr. Der Haupteingang befindet sich ein paar Meter daneben an der Bahnhofsstraße.

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An einer Stelle hat die ITG jedoch eine Planänderung vorgenommen, um mögliche Konflikte mit dem Lebensmitteleinzelhändler Dornseifer aus dem Weg zu gehen. Das Unternehmen aus Hünsborn betreibt in der Hansestadt zwei Frischemärkte – im benachbarten Allee-Center und Auf der Tränke – und hat wenig Interesse an zusätzlicher Konkurrenz. Durch den Erwerb eines Wohnhauses im Plangebiet hat Dornseifer das Vorhaben aus Sicht von Stadtverwaltung und Investor schon insofern torpediert, als dass der Textildiscounter Kik aufgrund der geringeren Flächenverfügbarkeit keine Zukunft im Einkaufszentrum besitzt – und bis heute nicht weiß, wohin es ihn in der Hansestadt verschlägt.

„Enorm gefährlich“

Genau dieses Wohnhaus an der Straße Am Zollstock ist nun auch Grund für die neuerliche Plananpassung, mit der zeitnah der Attendorner Stadtrat konfrontiert wird. Unmittelbar vor dem Gebäude sollten ursprünglich die voll beladenen Lastwagen (samt ihrer Sattelzüge) halten, um von hieraus rückwärts in die Anlieferzone zu fahren. Dafür hätte der Investor aus der Landeshauptstadt eine ehemalige Bushaltespur „reaktiviert“, die längst einer Grünfläche vor dem betroffenen Wohnhaus gewichen ist. Gegen diesen Plan lief Dornseifer in einer Stellungnahme, die er im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung abgab, heiß. Seine Mieter würden sich beim Verlassen des Hauses „unmittelbar und zwangsweise in der Lkw-Rangier- und Rückwärtsfahrzone“ befinden, weil sich der Gehweg jenseits der Anlieferzone befindet.

So soll das neue Wall-Center aussehen: Der Haupteingang befindet sich an der Bahnhofsstraße.
So soll das neue Wall-Center aussehen: Der Haupteingang befindet sich an der Bahnhofsstraße. © Arnd Gatermann

Dornseifer schreibt in seiner Stellungnahme: „Das ist enorm gefährlich und unverantwortbar. Man denke nur an die Kinder, die morgens schnell zur Schule aufbrechen, Freunde besuchen wollen, einen Moment unaufmerksam sind bzw. die Gefahr nicht richtig einschätzen können. Auch ältere Bewohner sind erheblich gefährdet.“ Weil die Gefährdungslage offensichtlich sei, müssten die an der Planung Beteiligten im Falle eines Unfalls die „moralische und unter Umständen auch strafrechtliche Verantwortung“ tragen. Ebenso sei eine Anlieferzone aus Immissionsgründen weniger Meter vor einem bestehenden Wohnhaus „komplett rücksichtslos, unzumutbar und (...) rechtmäßig nicht planbar“. Dornseifer kritisiert: „In den bisherigen Planungen führt die Anlieferzone dazu, dass die Mieterinnen und Mieter fast täglich aus dem Schlaf gerissen werden. Das ist auf Dauer unzumutbar und wird zu Mietminderungen, (...) Auszügen und letztlich zu einer wirtschaftlichen Unvermietbarkeit der Wohnungen führen.“

Im Gebäude rangieren

Die Attendorner Stadtverwaltung und der Düsseldorfer Investor halten zwar dagegen, dass die Bewohner beim Verlassen des Hauses nicht direkt in der Rangierzone stehen würden, sondern in „einem Vorbereich auf dem eigenen Grundstück“, dass eine schalltechnische Untersuchung keine Lärmüberschreitungen vorweisen und dass der Anlieferverkehr mit Schrittgeschwindigkeit in die Anlieferzone rangieren würde, dennoch nahm der Investor Abstand von seinem Ursprungsplan und ließ eine leichte Anpassung des Verkehrsgutachtens vornehmen.

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So findet die Waren-Anlieferung für Müller und Hit bzw. Edeka künftig komplett im Einkaufszentrum statt, also neben den Parkplätzen im Erdgeschoss. „Das hat den Nachteil, dass die Lkws im Gebäude zurückstoßen müssen. Ursprünglich wären sie in diesen Bereich rückwärts reingefahren, ohne dort noch rangieren zu müssen“, erklärt Stephan Raida, Projektverantwortlicher der ITG. Zudem könnten entgegen der ersten Planungen nun keine zwei Sattelzüge parallel in die Anlieferzone fahren. Doch auch wenn der Anliefer-Bereich nun anders ausfalle und kleiner sei, an der Anzahl der Parkplätze und der Größe der Verkaufsflächen im Wall-Center würde sich kaum etwas ändern, betont Raida. Stadt und Investor wollen mit dieser veränderten Anliefer-Situation ihr Bauprojekt rechtssicher machen, um im Fall der Fälle bei einem Klageverfahren gewappnet zu sein.