Repetal. Der Stadtrat wird nächste Woche wohl mehrheitlich beschließen, dass sich Windkraft-Zonen auf das südliche Stadtgebiet von Attendorn beschränken.

Viele Bewohner des Repetals fühlen sich ungerecht behandelt. Es stößt ihnen sauer auf, dass Windräder in Zukunft ausschließlich auf dem Höhenzug zwischen Bremge und Niederhelden gebaut werden sollen. Und zwar in sogenannten Konzentrationszonen, also in explizit für Windkraft ausgewiesenen Bereichen. Die Stadt will damit das Heft des Handelns in der Hand halten und verhindern, dass Windkraft-Projektierer das gesamte Stadtgebiet in Beschlag nehmen. Es deutet vieles, wenn nicht alles darauf hin, dass die Politik im Stadtrat nächste Woche Mittwoch (ab 17 Uhr im Rathaus) die nächste Planungshürde nimmt, an deren Ende stehen könnte, dass der Attendorner Süden zur Windkraft-Hochburg wird.

+++ Das könnte Sie interessieren: Windkraft in Attendorn: Prokon möchte vier Windräder bauen +++

Günter Schulte, pensionierter Lehrer und SPD-Politiker aus Helden, ist einer derer, die sich zwar nicht grundsätzlich verwehren, allerdings ein Problem darin sehen, dass ausschließlich das schöne Repetal zur Windkraft-Zone werden soll. Und dafür das nördliche Stadtgebiet und mögliche Bereiche am Biggesee „verschont“ bleiben. „Mir ist klar, dass wir überproportional mit Windrädern zu rechnen haben“, weiß Schulte, dass seine Heimat aufgrund der Höhenlage prädestiniert zu sein scheint. „Aber wir sollten schon zusehen, eine ansatzweise gerechte Verteilung zu schaffen.“ Das wünscht sich auch Meinolf Schmidt von der UWG. Er betont: „Windkraft ja, aber nicht nur im südlichen Stadtgebiet, das kann’s nicht sein.“

Scheingerechtigkeit

Die komplette Fokussierung auf den Attendorner Süden schlägt nun jedoch ein externes Fachbüro vor, nachdem es im Auftrag der Stadt sämtliche Potenzialzonen anhand verschiedener Kriterien – von Abstandsregelungen zu Wohnbebauung bis hin zum Artenschutz – überprüft hat. Doch ist das gerecht? „Wir sollten das Ergebnis akzeptieren“, verteidigt Bürgermeister Christian Pospischil (SPD) und verweist darauf, dass alle Flächen nach einheitlichen Kriterien untersucht worden seien und eine Scheingerechtigkeit im Sinne der unzufriedenen Repetaler der Realität und rechtlichen Gegebenheiten niemals standhalten würde. Zwei Ausschluss-Argumente für anderen Gebiete in Attendorn liegen ihm besonders auf dem Herzen.

Erstens: Die in Betracht gezogenen Flächen am Biggesee seien zu klein und man wolle das Landschaftsbild am Tourismusstandort Biggesee auch nicht beeinträchtigen. Und zweitens: Die in Betracht gezogenen Flächen im nördlichen Stadtgebiet liegen zu nah am Drehfunkfeuer „Germinghausen“, Windräder dort könnten die Flugsignale stören und sind daher – zumindest nach aktueller Rechtsauffassung – im Norden der Hansestadt auszuschließen.

+++ Lesen Sie hier: Windkraft in Finnentrop: SL Windenergie klagt vor dem OVG +++

Für Günter Schulte haben die Ausschluss-Kriterien allerdings einen faden Beigeschmack und er fragt sich, ob tatsächlich alle Flächen einer identisch angelegten Analyse unterzogen wurden. Er vergleicht dabei die als Potenzialfläche erkannte Zone oberhalb des Golfplatzes beim Hotel Platte in Niederhelden und eine nicht als Potenzialfläche erkannte Zone oberhalb der Burg Schnellenberg. An der Burg, zweifelsfrei ein Alleinstellungsmerkmal und touristisches Highlight der Stadt, gebe es eine Sichtachse zur Heldener Höhe, hat Schulte auf einer der unzähligen Seiten zur Windkraft-Planung in Attendorn gelesen. Demnach sollen Gäste, wenn sie abends vor der Burg bei einem Glas Wein sitzen, nicht auf Windräder blicken müssen.

Warum aber sollen diejenigen Gäste, die vor dem Hotel Platte sitzen, anders behandelt werden und sehrwohl in Zukunft auf Windräder oberhalb des Golfplatzes schauen? Schultes Vorwurf: Hier wurde eine ungleiche Gewichtung vorgenommen. Ganz zu Schweigen davon, dass in dieser Fläche bei Niederhelden der streng geschützte Schwarzstorch in der Vergangenheit genistet habe und jederzeit zurückkommen könne, so der SPD-Politiker.

Stellungnahme zum Regionalplanentwurf

Und dann gibt es noch etwas, das Schulte nervt. Als die Stadt Attendorn im Jahr 2014 eine Stellungnahme zum damaligen Regionalplanentwurf bei der Bezirksregierung einreichte, legte die Politik besonderen Wert auf die Formulierung, dass das Repetal als Tourismus- und Naherholungsgebiet besonders zu schützen sei. Alles vergessen? Schulte hat diesen Eindruck, auch wenn er eingesteht: „Heute ist die Situation eine andere, der Druck zum Ausbau erneuerbarer Energien ist viel größer geworden.“ Doch statt das damals als herausragend eingestufte Landschaftsbild im Repetal zu schützen, würde dieses Gebiet jetzt sogar einer Doppelbelastung unterzogen. Denn während die Windräder eines Tages das Landschaftsbild verändern würden, tue dies die unübersehbare Stromtrasse schon heute.

+++ Lesen Sie hier: Explodierende Verbraucherpreise: Was Kleiderläden erleben +++

Günter Schulte hat sich dennoch damit abgefunden, dass eine politische Mehrheit die Ausweisung von Konzentrationszonen ausschließlich im Repetal mittragen wird. Er akzeptiert das auch, fordert allerdings eine Entlastung für die Bürger zwischen Bremge und Niederhelden, wenn die ersten Windräder gebaut werden – „wie auch immer sie aussehen könnte.“ Zu den Mitgliedern bzw. Fürsprechern der Initiative „Lebenswertes Repetal“, die sämtliche Windenergie-Anlagen ablehnen, zählt sich Schulte aber nicht. Anders als Marcus Bruse, der erster Vorsitzender der Initiative ist. Was sagt er dazu? Erstmal gar nichts. Aufgrund der aktuell unklaren Rechtslage in Sachen Windkraft wolle sich die Initiative öffentlich (noch) nicht äußern. Mit Freude werden Bruse und seine Mitstreiter die ausschließliche Fokussierung auf ihr Repetal aber sicherlich nicht verfolgen.