Vorhalle-Nord. . Anders als Foxterrier-Dame Emma, die erst seit kurzem im Quartier lebt, ist Herrchen Michael Erdtmann schon oft durch diese Straßenzüge spaziert. Der 52-Jährige ist in Vorhalle groß geworden und lebt heute in seinem Elternhaus an der Vorhaller Straße. Aus seinem Viertel wegzuziehen, dieser Gedanke liegt ihm fern: „Ich will hier gar nicht weg, ich wüsste auch nicht warum.“

Das Schönste am Bezirk sei, dass man schnell im Grünen und am Wasser sei. „Toll ist, dass alles fußläufig zu erreichen ist. Sie können zum Wasserschloss oder zum Kaisberg laufen, wann immer Sie Lust haben oder auch zum Yachthafen Baukey am Harkortsee.“ Vorhalle habe daher, so seine Ansicht, seinen schlechten Ruf zu Unrecht.

Vollsortimenter fehlt im Bezirk

Unterschiedliche Ladenlokale säumen die Vorhaller Straße. „Es fehlen aber zum Beispiel eine Drogerie, ein Vollsortimenter und ein Bioladen“, sagt Michael Erdtmann. Das bestätigt auch Astrid Jung, die heute mit Enkelin Paula unterwegs ist. „Es wäre nicht schlecht, wenn es einen Vollsortimenter gäbe.“

Die 60-Jährige ist vor sieben Jahren nach Vorhalle gekommen, weil ihre Tochter in Hagen wohnt. Sie habe das Gefühl, dass sich viele Menschen im Bezirk gut kennen, weil sie schon lange hier leben. „Nach Vorhalle bin ich gezogen, weil ich gern Fahrrad fahre. Das geht hier besser als in anderen Stadtteilen“, sagt sie mit einem Lächeln und fügt hinzu: „Ich fühle mich wohl.“

Ein paar Schritte entfernt bestückt Anna Führt mit Lebenspartner Tobias Rettberg die Auslagen mit bunten Blumen. Die Floristin hat ein Blumenfachgeschäft übernommen. Im Gegensatz zur Stadt, so ihre Erfahrung, gebe es im Viertel eher eine Art Dorfcharakter. „Es ist persönlicher.“ Allerdings hat sich das Umfeld für sie verändert. „Die Einkaufsstraße stirbt ein wenig aus. Das finde ich schade. Seit die Drogerie nicht mehr da ist, ist die Laufkundschaft weniger geworden“, bedauert die 29-Jährige den Wegzug der Kette.

Zusammenleben funktioniert

„Früher hat es jede Menge kleiner Lebensmittelgeschäfte gegeben“, wirft Michael Erdtmann einen Blick zurück in die Vergangenheit. „Auch ein Uhrmacher oder ein Schallplattenladen sind längst Geschichte. Ich kann mich noch daran erinnern, als hier die Straßenbahn durchgefahren ist. Die rumpelte direkt an unserem Haus vorbei.“ Das alles ist lang vorbei.

Könnte die heutige Versorgungssituation aus seiner Sicht verbessert werden, das Zusammenleben in seiner Nachbarschaft scheint jedenfalls zu funktionieren. „Wir haben ein gutes Verhältnis zueinander. Man hilft sich.“

Viele nette Nachbarn in Vorhalle 

Das bestätigt auch Erdtmanns Nachbarin Mümine Kaya, die in der Vorhaller Straße wohnt und direkt gegenüber eine kleine Änderungsschneiderei betreibt. „Ich fühle mich wohl in Vorhalle, denn es gibt viele nette Nachbarn.“ Seit 25 Jahren lebt sie schon in Deutschland, davon 19 Jahre in Vorhalle. Ihre Kinder sind im Quartier aufgewachsen, ihre Tochter hat einen deutschen Ehemann und Freunde, die von überall herkommen.

Menschen aus unterschiedlichen Ländern

„Die Menschen aus unterschiedlichen Ländern kommen gut miteinander aus“, so ihre Wahrnehmung. Viele Bewohner ihres Viertels kenne sie schon seit vielen Jahren und verstehe sich gut mit ihnen. Sie und ihr Mann Ersoy fühlen sich daher als Teil ihres Bezirks. „Wir gehören dazu. Der Stadtteil ist für uns alle da. Da müsste eigentlich jeder dazugehören“, findet Ersoy Kaya und fügt noch hinzu. „Wir müssen etwas dafür tun, um gut miteinander zu leben und uns gegenseitig zu unterstützen.“

Auch interessant

Etwas weiter die Vorhaller Straße hinunter steht das Stadtteilhaus. Gegenüber liegt der große Europaplatz. Jedem im Bezirk ist er ein Begriff. „Beim Stadtteilfest auf dem Europaplatz nehmen im Grunde alle Kulturen teil“, sagt Michael Erdtmann. Allerdings sei es im Alltag schwieriger, alle Menschen mit ins Boot zu holen, so seine Wahrnehmung.

Gleise des Güterbahnhofs unterteilen Quartier

Im Bezirk Vorhalle-Nord unterteilen Gleise des Güterbahnhofs das Quartier. Es hat mittlerweile zu regnen begonnen, kaum jemand hat sich auf den Weg nach draußen gemacht. Kein Wetter für ausgiebige Sommerspaziergänge. Ein nebelig-feuchtwarmer Schwaden liegt nun über dem Areal. Ein wenig bergauf führt die Straße nach Brockhausen, wo unter anderem hohe Wohnblöcke aus dem Boden ragen. Hier leben viele Menschen unterschiedlicher Nationalitäten.

Michael Erdtmann weiß, dass es Bemühungen gibt, auch die Menschen hier stärker in die Gemeinschaft einzubeziehen. Das ist allerdings nicht immer einfach.

Als Kind in Brockhausen aufgewachsen

Auch Nachbar Ersoy Kaya, der vor 20 Jahren als Kind in Brockhausen aufgewachsen ist und nun an der Vorhaller Straße lebt, hat seine Gedanken dazu: „Es ist gut, wenn die Kulturen sich begegnen, dadurch kann man sich besser kennen lernen.“ In der gemeinsamen Nachbarschaft der beiden hat das offenbar schon gut funktioniert.