Hagen-Garenfeld. . Ein Stadtteilspaziergang durch Garenfeld. An diesem heißen Julitag weht einmal kein Wind über die Höhe, nicht einmal ein laues Lüftchen ist zu spüren. Schwalben und Mauersegler schießen durch den blauen Himmel, trotz der vielen neuen Häuser hat das Dorf seinen landwirtschaftlichen Charakter bewahrt.

An diesem heißen Julitag weht einmal kein Wind über die Höhe, nicht einmal ein laues Lüftchen ist zu spüren. Schwalben und Mauersegler schießen durch den blauen Himmel, trotz der vielen neuen Häuser hat das Dorf seinen landwirtschaftlichen Charakter bewahrt. „Obwohl heutzutage keine Kühe mehr durch die Straßen getrieben werden“, lacht Hans-Joachim Müller.

Das war vor 30 Jahren anders, als der Pädagoge nach Garenfeld zog. Bauernhöfe prägten den Ort, der heute zu den attraktivsten Wohngebieten Hagens gehört. Rund 250 Euro sollen junge Familien auf dem Sonnenplateau pro Quadratmeter für ihr Grundstück bezahlt haben. Sehr zum Ärger mancher Alteingesessener stellen die Neubürger andere Erwartungen an ihr Umfeld. So wurde der Gräweken zur Spielstraße umfunktioniert, auf Wunsch von Anwohnern überprüfte die Polizei per Radarfalle die Schrittgeschwindigkeit: „Die reinste Abzocke“, schimpft Gerd Borgmann (69).

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Wandel der dörflichen Struktur

Der Landwirt hat sein ganzes Leben in Garenfeld verbracht, in ihm personifiziert sich sozusagen der Wandel der dörflichen Struktur. Zwar baut Borgmann noch Getreide an, doch wie andere Landwirte hat sein Sohn aus Äckern und Grünland einen Reiterhof gemacht, um den Familienbetrieb in die Zukunft zu führen.

Die Sache mit der Radarkontrolle ist natürlich ein Luxusproblem, das ist den Garenfeldern bewusst. Das geplante neue Umspannwerk der Firma Amprion zwischen Ober- und Unterdorf empfinden viele Bewohner dagegen als Bedrohung ihrer Lebensqualität. Die Stadt Hagen sei doch auf der Suche nach attraktiven Neubaugebieten, so Müller: „Hier könnte man viele ausweisen. Wenn die Amprion-Pläne Wirklichkeit werden, zieht niemand mehr nach Garenfeld.“

Das soziale Gerüst blieb unversehrt

Wie gesagt, es lässt sich friedlich-beschaulich leben in Garenfeld, auch wenn es nicht einmal eine Bäckerei, geschweige denn einen Arzt im Ort gibt. Aber in einer Zeit, in der fast jeder Auto fährt, fällt das kaum ins Gewicht, zumal Garenfeld über den öffentlichen Nahverkehr hervorragend an Hagen angeschlossen ist, alle halbe Stunde fährt ein Bus in die große Stadt. „Mir gefällt es wunderbar hier, ich hätte keinen besseren Ort finden können“, schwärmt Familienvater André Krumke (44) für sein Garenfeld: „Unsere Kinder wachsen behütet auf, und man ist schnell im Wald oder auf den Feldern.“

Dorfleben in Garenfeld ist intakt 

Und das Dorfleben ist intakt – so intakt, dass junge Leute kaum Sehnsucht nach einem anderen Freizeitrevier verspüren: „Alle meine Freunde wohnen hier“, berichtet Lorena Wolter (15), Schülerin der Gesamtschule in Helfe. „Und es gibt viele Feste in Garenfeld.“

Obwohl das Dorf stark gewachsen ist, blieb das soziale Gerüst unversehrt. Das mag daran gelegen haben, dass zunächst Baulücken im Ort geschlossen wurden und erst nach und nach neue Wohngebiete hinzukamen. „Garenfeld hat sich nicht radikal verändert“, fasst Hans-Joachim Müller den Entwicklungsprozess zusammen und verweist darauf, dass es weiterhin landwirtschaftliche Betriebe gebe.

Hofladen im Umland bekannt

Ein Geschäft haben wir denn doch gefunden auf unserem Rundgang durch das im Sonnenlicht schlummernde Garenfeld: den Hofladen von Friedrich Brenne, in dem die Familie Fleisch und Wurst aus eigener Erzeugung vermarktet. Schade, dass trotz der guten Qualität und der verlässlichen Herkunft der Metzgerwaren kaum Garenfelder zur Kundschaft gehören, wie Silke Brenne berichtet: „Fast alle kommen aus Hagen, Schwerte und der weiteren Umgebung zu uns.“

Nun, und natürlich haben wir dem Deelenkrug, der einstigen Dorfkneipe, die sich in ein formidables Speiserestaurant (zwei Kochlöffel im Schlemmeratlas) verwandelt hat, einen Besuch abgestattet. Helga Toennies (90) hat unweit der Theke zwei 100 Jahre alte Aussteuertruhen ihrer Schwiegermutter platziert, die das rustikale Ambiente der Gaststätte unterstreichen. Die Kavalleriesättel aus dem 1. Weltkrieg hat ihr Sohn Heinrich Toennies genannt Fischer (65) auf den Barhockern befestigt. Er hat es geschafft, den Betrieb auch im neuen Jahrtausend zu etablieren.

Aber der Wind weht wie einst über die Garenfelder Höhe und legt nur an heißen Julitagen eine Pause ein.