Hagen. Die Reform des EEG soll im Bundestag beschlossen werden. Der Umweltökonom und Wirtschaftstheoretiker Prof. Alfred Endres von der Fernuniversität Hagen betrachtet das EEG nach den Regeln seiner Zunft und bewertet es wenig positiv. Seine Einschätzung ist nicht schmeichelhaft für die Politik.
In der ökonomischen Theorie geht es mehr ums Grundsätzliche als um die schmutzigen Details der EEG-Reform, die morgen im Bundestag beschlossen werden soll. Aber wenn Prof. Alfred Endres, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftstheorie an der Fernuniversität Hagen und ein führender Umweltökonomen im Land, mit seinen Instrumenten auf Einspeisevergütung, Abnahmegarantie und Ausnahmeregelung schaut, kommt eine durchaus konkrete Einschätzung heraus. Und die ist nicht schmeichelhaft für die Politik.
Nicht aus Prinzip. „Wir Ökonomen sind, anders als in der Öffentlichkeit vermutet, keine Wissenschaftler mit Tunnelblick, die staatliche Interventionen in das Marktgeschehen dogmatisch ablehnen“, sagt Endres. Eingreifen sei angezeigt, wenn der Markt versage. Darum handele es sich, wenn Verursacher von Schadstoffen die knappe Aufnahmekapazität der Umwelt in Anspruch nähmen, ohne dafür einen Preis zahlen zu müssen. Das Prinzip nennen Ökonomen negativen externen Effekt. Der positive externe Effekt: Gesellschaftlich Nützliches wird nicht angemessen honoriert. Das treffe oft auf Forschungsanstrengungen zu.
EEG klimapolitisch wirkungslos
Wenn der Staat also Forschung fördere und verhindere, dass fossile Energieträger die Kosten ihres Beitrages zur Energieversorgung auf die Gesellschaft abwälzten, korrigiere er ein Marktungleichgewicht, erklärt der Wirtschaftswissenschaftler. Die Energiewende lasse sich also von Grundsatz her gut begründen. Allerdings schneide das EEG bei Kriterien wie Effizienz und ökologischer Treffsicherheit weniger gut ab. Endres: „Ein umweltpolitisches Instrument kann nur effizient sein, wenn es Anreize dafür aussendet, dass Emissionen dort vermieden werden, wo dies am kostengünstigsten möglich ist.“
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Mit dem EEG werde jedoch die Vermeidung von CO2 durch den Einsatz von Solartechnik mit Kosten gefördert, die um den Faktor 100 höher lägen als die Vermeidung im Bereich fossiler Energieträger. Klimapolitisch sei das EEG wirkungslos, weil die Menge der in der EU ausgegebenen Emissionszertifikate auf einen festen Betrag begrenzt seien und durch den Einsatz von regenerierbaren Ressourcen frei werdende Emissionsrechte an anderer Stelle verwendet würden. Dazu kommt: Wie die Expertenkommission Forschung und Innovation feststellt, geht vom EEG kein Anreiz zur Entwicklung neuartiger Technologien aus.
Stromkunden, Gewerbe und Kleinunternehmer sind die Verlierer
Den Emissionshandel, der wegen der niedrigen Zertifikatspreise derzeit keine Anreize zur CO2-Reduktion bietet, hält Endres grundsätzlich für geeignet, den politischen Auftrag der CO2-Reduktion effizient zu lösen. So lange der praktisch ausfalle, müsse das EEG dessen Funktion mit übernehmen.
Die Frage, wie es dazu ausgestaltet werden müsse, sei bei der EEG-Reform aber gar nicht diskutiert worden, kritisiert Endres. Vielmehr habe sich der Eindruck reiner Klientelpolitik gezeigt: „Bei den Verhandlungen ging es vor allem darum, wie die Interessen der beteiligten Industrien der Wind-, Solar und Biomasseenergie befriedigt werden konnten.“
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Im Zusammenhang mit dem Versagen beim Emissionshandel spricht Alfred Endres deshalb von einer „doppelt schwachen Politik“. Deren Verlierer seien private Stromkunden, Gewerbe und Kleinunternehmer, die in der Lobbyistenrunde schlecht vertreten seien. Aber nicht sie allein: „Verlierer zweiter Ordnung ist die Klimapolitik selbst. Es darf nämlich vermutet werden, dass der Elan bei der Durchsetzung anspruchsvoller klimapolitischer Ziele umso eher erlahmt, je höher die Kosten für die Energiepolitik ausfallen.“