Hagen. Beratung – im Notfall gegen Gebühr – darauf setzen Einzelhändler in Hagen im Kampf gegen Dumpingpreise der Internetanbieter. Fliesenhändler Hans de Myn aus Vorhalle hat in seinem Geschäft sogar ein Fotografierverbot erlassen. Eine von vielen Maßnahmen, um die Kunden für das Thema zu sensibilisieren.
Die einen haben ihr Geschäft erst vor knapp einem Jahr eröffnet, der andere führt es seit Jahrzehnten. Doch sowohl Stefanie (31) und Julia (29) Kranz als auch Hans de Myn (72) treibt die Frage um: Wie soll man als Hagener Fachhändler auf das Phänomen „Einkaufen im Internet” reagieren?
Denn oft genießen Kunden zwar gerne die Beratung vor Ort, gekauft wird aber billiger im Internet. Sowohl die Schwestern Kranz mit ihrem Schultornister- und Kofferhandel als auch Fliesenhändler Hans de Myn setzen darauf, dass sich die fundierte Beratung am Ende doch auszahlen wird. Doch sie alle denken auch schon daran, eine Beratungsgebühr zu erheben, die dann beim Kauf eines Produktes wieder erstattet wird.
Der Schulranzenhandel
Seit Mai vergangenen Jahres betreiben Stefanie und Julia Kranz ihren Laden in der Frankfurter Straße 95 in Sichtweite zur Fußgängerzone. „Schulranzen.com” heißt er und der Namen suggeriert eine große Nähe zum Internet. Doch eigentlich setzen die beiden Schwestern, die durch das Geschäft ihrer Eltern (Bürotechnik Kranz) schon seit Kindheitstagen mit dem Einzelhandel vertraut sind, auf die reale Welt in Hagen.
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„Wir machen den Schulranzenkauf zu einem regelrechten Event in unserem Laden”, sagt Stefanie Kranz. Die Eltern oder Großeltern werden intensiv beraten, das Kind darf natürlich so viele Tornister testen, wie es möchte. „Und am Ende gibt es ein Foto mit Urkunde.” Bei der Auswahl, so die beiden Schwestern, sei man quasi konkurrenzlos: „Wir haben alle Marken, das finden Sie so auf keiner anderen Fläche in Hagen, auch wenn andere Kaufhäuser oder Läden auch Schulranzen anbieten.”
17 Fachcenter bundesweit
Das Unternehmen „Schulranzen.com” mit Sitz im baden-württembergischen Biberach setzt – wie der Namen schon sagte – stark auf den Handel im Internet. Aber es gibt deutschlandweit auch 17 Fachcenter, die im Franchisesystem selbstständig geführt werden. Stefanie und Julia Kranz waren die ersten in Nordrhein-Westfalen, inzwischen sind noch vier hinzugekommen.
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Die beiden Geschäftsführerinnen sind sich sicher, dass das Konzept, auf eine breite Auswahl und intensive Beratung zu setzen, aufgeht – und dass es auch dem Einkaufsstandort Hagen sehr gut tut. „Wir haben Kunden aus Mülheim, Oberhausen, Gelsenkirchen – und selbst aus der Einkaufsstadt Dortmund kommen sie nach Hagen”, sagt Julia Kranz nicht ohne Stolz. Mit einer ebenfalls großen Auswahl an Koffern und Rucksäcken wird das Angebot ergänzt, da nicht ganzjährig Saison für Schulranzen ist.
Beratungsgebühr als Option für ein Geschäftsmodell?
Aber trägt die Geschäftsidee auch langfristig? Stefanie Kranz, die in Elsey zusammen mit ihrem Mann noch ein Schreibwarengeschäft mit Ticketverkauf betreibt, sagt ehrlich: „Es gibt natürlich bessere und schlechtere Tage. Aber wir sind sehr optimistisch, dass es klappt.”
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Könnte da eine Beratungsgebühr noch ein Geschäftsmodell für alle die, die doch letztlich im Internet kaufen, sein? Stefanie Kranz sagt: „Ich denke, die Leute würden sie zahlen. Und alle, die dann doch bei uns kaufen, bekämen sie ja erstattet.”
Der Fliesenhändler
Als Hans de Myn begonnen hatte, mit Fliesen zu handeln, da hatte noch niemand an das Internet gedacht. Der 72-Jährige ist keineswegs ein Feind der neuen Technik, bedient sein Smartphone gekonnt. Und dennoch hat das Internet seine Arbeit verändert.
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Ein deutliches Zeichen dafür: Ein Schild an der Eingangstür seines Ladens in Vorhalle, auf dem auf das Fotografierverbot hingewiesen wird. Warum? „Es gibt die Kunden, die sich beraten lassen, die Fliesen bei uns fotografieren, um sie später billiger im Internet zu suchen“, sagt de Myn. „Oder es werden Fotos ausgetauscht: Der eine lässt sich hier beraten, der andere kauft sie billiger in einem Baumarkt ohne Beratung.”
Fotografieverbot im Laden eines Fliesenhändlers
Und die Fliesenberatung ist aufwändig, wie der langjährige Geschäftsmann weiß: „Wenn wir ein Einfamilienhaus ausstatten, dann können Sie zwei- bis dreimal zwei bis drei Stunden ansetzen.” Bei einer Bad-Komplettplanung sei es sogar noch länger. Dies könne ein Unternehmen nicht leisten, wenn am Ende die Produkte woanders gekauft würden. „Ich habe sogar mal auf der Seite eines Internethandels für Fliesen den Satz gelesen, ‘Lassen Sie sich von ihren Fachhändler vor Ort beraten und kaufen sie später günstiger bei uns.”
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Neben dem Fotografierverbot hat er zu weiteren Maßnahmen greifen müssen: Auf den Ausstellungsstücken sind nirgends mehr die Artikelnummern oder Serienamen zu sehen, stattdessen nur firmeninterne Bezeichnungen. So soll verhindert werden, dass nach intensiver Beratung genau die gleiche Fliese billiger von einem Unternehmen gekauft werden kann, dass keine Beratung bietet und keine Ausstellungsräume vorhält. Hans de Myn will keine Kunden-Schelte betreiben, aber er will sensibilisieren: „Meine Beschäftigten haben alle eine abgeschlossene Ausbildung, sind kompetent und werden natürlich ordentlich bezahlt.”
Fliesenhandel wird es auch noch in zehn Jahren geben
Eine eigene Beratungsgebühr sei zwar noch nicht konkret geplant: „Aber ich habe schon darüber nachgedacht. Wenn die Entwicklung so weiter geht, dann wird sie aber vielleicht kommen.” Doch trotz der Herausforderungen bleibt er optimistisch: „Unseren Fliesenhandel wird es hier auch noch in zehn oder zwanzig Jahren geben.”