Hagen. . Über Jahre soll eine Papierfabrik im Hagener Vorort Kabel trickreich betrogen worden sein. Der Vorwurf: In 487 Fällen wurde ein Lastwagen, der dort regelmäßig Holz ablud, absichtlich falsch gewogen. Ein Pförtner und ein Holzlieferant mussten sich jetzt vor Gericht wegen Betrugs verantworten. Die Firma Stora Enso beklagte einen Schaden von 204.000 Euro.
Der Holzlieferant und der Pförtner – ein kriminell-lukratives Zusammenspiel zum Nachteil des Papierherstellers Stora Enso. Über Jahre soll die Fabrik in Kabel trickreich betrogen worden sein. Der Vorwurf: In 487 Fällen wurde ein Lastwagen, der dort regelmäßig Holz ablud, absichtlich falsch gewogen. Dadurch schien die Lieferung schwerer, als sie tatsächlich war. Der von Stora Enso errechnete Schaden hätte gut 204.000 Euro betragen.
Spediteur sieht aus wie Wildecker Herzbube
Jetzt der Prozess vor dem Schöffengericht. Der Spediteur und Holzlieferant (69) sitzt im karierten Holzfällerhemd behäbig auf der Anklagebank. Sein Aussehen erinnert an einen der beiden Wildecker Herzbuben. Der Mann aus dem Aachener Land hatte das raffinierte Betrugssystem ausgeklügelt und gibt das auch reumütig zu.
Ihm zur Seite der Stora-Enso-Pförtner (62), der inzwischen in einem ostwestfälischen Kurort lebt. Er ist schmächtig und wirkt voller Scham darüber, dass er sich regelmäßig einen 20-Euro-Schein, ab und zu auch schon mal 50 Euro zustecken ließ. „Trinkgeld“, wie er es nennt, das ihm der Mitangeklagte in die Pförtnerloge reichte. Die Wahrheit: Es war kein Trinkgeld, sondern Bestechungsgeld.
Schmu an der Waage mit zwei Lastwagen
Und so lief der Schmu an der Waage ab: 35 Jahre lang hat der angeklagte Spediteur die Papierfabrik Stora Enso mit Holz beliefert. Dazu benutzte er zwei Lastwagen: Einen schweren Lkw (mit Kranaufsatz) und einen leichteren Lkw (ohne Kran). Die Gewichte der beiden Lastwagen waren in der Firma erfasst und hinterlegt worden.
Der Trick: Beide Autos wurden mit zum Verwechseln ähnlichen Kennzeichen ausgestattet. Derselbe Zulassungsort, dieselbe Zahl, lediglich die Buchstabenkombination wich leicht voneinander ab – einmal IR und einmal JR.
Kran-Gewicht als Holzlieferung vergütet - Falsches Kennzeichen eingetippt
Lieferte der schwere Kran-Lastwagen Holzstämme an, wurde bei der Einfahrt aufs Gelände das Fahrzeug mit der Ladung verwogen – bei der Ausfahrt vom Gelände jedoch vom Pförtner das falsche Kennzeichen des leichteren Lastwagens ohne Kran eingetippt. Das Gewicht des Krans wurde somit als „geliefertes Holz“ mitvergütet. Bei jeder Lieferung entstand Stora Enso ein Schaden zwischen 300 und 400 Euro.
Pförtner kassierte 2500 Trinkgeld
Es habe aber keinerlei Absprachen gegeben, erklärte der Pförtner vor Gericht, von einem gemeinschaftlichen Tatplan könne deshalb auch keine Rede sein: „Das Ganze begann wortlos und es endete auch wortlos.“ „Was haben Sie sich dabei gedacht, für gut zweieinhalbtausend Euro Trinkgeld die Finger schmutzig zu machen?“, wollte Verteidiger Wolfgang Zwiehoff wissen.
Auch interessant
Offensichtlich Frust. Er sei mal Geschäftsleiter eines großen Baumarkts gewesen, hätte gut verdient. Doch dann hätte es geheißen: Sie sind jetzt zu alt, Kündigung. Dann sei er Pförtner geworden. „Es ist nur noch bergab gegangen.“
15 und 18 Monate Haft auf Bewährung
Das Schöffengericht unter Richter Manfred Kleeschulte ging im Urteil von lediglich 120 Taten und 40.000 Euro Schaden aus, verhängte 15 Monate Haft für den Pförtner, 18 Monate Haft für den Holzlieferanten und setzte beide Strafen zur Bewährung aus. Der Spediteur ist ohnehin schon gestraft: Seine Firma ging nach Bekanntwerden der Vorfälle pleite.