Die Betrugs- und Untreueverdächtigungen rund um den in die Insolvenz geschlitterten Stadtmarketingverein scheinen im Sande zu verlaufen.

Nach Informationen unserer Redaktion wird es den Ermittlern der Hagener Staatsanwaltschaft angesichts sich widersprechender Aussagen wohl kaum gelingen, eindeutige Schuldnachweise zu führen. Ein Ergebnis, das angesichts der Tatsache, dass auf beiden Seiten des Tisches - Stadtmarketingverein an einem, Stadt Hagen am anderen Ende - vorzugsweise dieselben einflussreichen Köpfe aus Politik und Verwaltung sitzen, erwartet werden durfte. Am Ende bleibt neben einem hohen Insolvenz- vor allem ein erheblicher Imageschaden. Für beides wird absehbar niemand zur Verantwortung gezogen.

Nachdem erste Betrugsverdächtigungen laut geworden waren, rückte Anfang April die Hagener Staatsanwaltschaft in der Elberfelder Straße 51 an, durchsuchte die Büros und beschlagnahmte Akten und Computer. Auslöser der Aktion waren Vorwürfe, der Verein habe weitaus höhere Beträge mit der Stadt abgerechnet als ihm eigentlich zustanden. Denn die vertragliche Regelung mit der Kommune sah laut Ratsbeschluss vor, dass ausschließlich Spendenbeträge von Mitgliedern durch den Kämmerer verdoppelt würden, jedoch nicht etwa - wie offenbar über Jahre praktiziert - auch Summen von Dritten.

Anwürfe, die sich schon bald als Fakten herausstellen sollten. Zudem flossen vor allem im Jahr 2008 die Spenden an den Verein nur so dürftig, dass es für die pauschal von der Stadt überwiesenen 160 000 Euro lediglich einen Gegenbetrag von 105 000 Euro in der Vereinskasse gab. Als die Kämmerei daraufhin die zu viel gezahlten, aber längst ausgegebenen 55 000 Euro wieder zurückforderte, beschloss die Vereinsführung mit Oberbürgermeister Peter Demnitz, Fernuni-Rektor Helmut Hoyer sowie sämtlichen Fraktionsführern und namhaften Vertretern der heimischen Wirtschaft an der Spitze im Mai die Einleitung eines Insolvenzverfahrens.

Dieses läuft seitdem parallel zu den staatsanwaltlichen Ermittlungen. Diese fokussieren sich neben einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung vor allem auf City-Manager Christian Isenbeck sowie den im Rahmen der Stadtwerke-Affäre bereits vorbestraften geschäftsführenden Vorstand Ludwig Heimann. Insgesamt, so zeichnet sich ab, wurde durch das systematische Aufstocken sämtlicher Spendengelder der Stadt ein Gesamtschaden von nahezu 200.000 Euro zugefügt.

Allerdings hat bis heute die Kommune darauf verzichtet, Anzeige zu erstatten. Was sicherlich nicht nur daran liegt, dass die verantwortlich Handelnden sich selbst hätten beschuldigen müssen. Vielmehr, so die Lesart bei Stadt und Stadtmarketingverein, sei auch im Geist der guten Sache - nämlich Mittel für ein positives Standortmarketing zusammenzutragen - gehandelt worden. „Es hat nie eine Kontroverse über die Methoden und Ziele gegeben”, versichert Helmut Hoyer. „Wenn es irgendwelche Zweifel gegeben hätte, wäre dieser Vorstand nie zustande gekommen.”

Bei den staatsanwaltschaftlichen Vernehmungen haben entsprechend alle Beteiligten für sich in Anspruch genommen, dass sie den rechtlichen Rahmen durch entsprechende Ratsbeschlüsse selbstverständlich nachgebessert hätten, wenn ihnen das illegale Prozedere bewusst gewesen wäre. Da zudem der von der Stadt bereitgestellte Maximalbetrag nie vollständig ausgereizt wurde, stellt sich für die Ermittlungsbehörde zudem die Frage, ob überhaupt ein Schaden eingetreten sei.

Lediglich bei der Sammlung von Geldern für die Weihnachtsbeleuchtung fühlt sich die Stadt betrogen. Diesen Job hatte nach dem Ende der Werbegemeinschaft damals der Stadtmarketingverein übernommen. Die Einzelhändler warfen nahezu die gesamte Summe in den Hut, und der Stadtmarketing ließ sich auch diese zweckgebundene Kollekte von der Stadt verdoppeln. Somit wurde die Weihnachtsbeleuchtung doppelt finanziert. Ein Vergehen, das die Staatsanwaltschaft maximal mit einer Geldstrafe ahnden dürfte, von deren Höhe sich nicht einmal der Lichterglanz für den nächsten Advent finanzieren lässt.

Bleibt das Insolvenzverfahren, das sich nach Angaben der Düsseldorfer Notar-Kanzlei Andres durchaus noch ein Jahr hinziehen kann. Hierbei stehen vor allem aus einem Warengutschein-System in Zusammenarbeit mit Stora Enso noch fünfstellige Beträge aus, auf denen neben dem Papierhersteller vor allem Hagener Einzelhändler sitzen bleiben.

Für Helmut Hoyer als Vorstandssprecher des Stadtmarketingvereins bleibt unter dem Strich als größtes Desaster jedoch der erhebliche Imageschaden übrig, mit dem das zuletzt durchaus positiv behaftete Thema jetzt beschädigt wurde: „Ich hoffe, dass der neue Oberbürgermeister das Thema Stadtmarketing zur Chefsache erklärt. Die Sache hat einen vernünftigen Neustart verdient.” Gleichzeitig appellierte er an Staatsanwaltschaft und Insolvenzverwalter, die „unerträgliche Hängepartie” schnellstmöglich zu beenden.

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