Hagen. . Das Theater Hagen zeigt Lortzings Oper „Der Wildschütz“ in einer quietschbunten Inszenierung. Bassbariton Rainer Zaun ist ein umwerfender Schulmeister Baculus zwischen Komik und Tragik. Einige Striche hätten der Inszenierung dennoch nicht geschadet.

Wenn eine Bühne einen so großartigen Bassbariton wie Rainer Zaun unter Vertrag hat, muss unweigerlich ein „Wildschütz“ um die Ecke kommen. Das Theater Hagen zeigt Albert Lortzings komische Oper um den Schulmeister, der einen veritablen Bock, pardon Esel, schießt, jetzt in einer quietschbunten Inszenierung. Und Rainer Zaun ist als Baculus eine echte Traumbesetzung. Dennoch hätte der dreistündige Abend einige Striche gut vertragen können.

Willkommen im Spießer-Idyll: Von der Stimme der Natur sind nur noch die Wunderbäumchen übrig geblieben, die in der Dorfkneipe als Girlande von der Decke hängen. Schalke spielt im Hintergrund auf dem Bildschirm gegen Dortmund, während das Landvolk die Verlobung des Schulmeisters Baculus mit dem jungen Gretchen feiert.

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Regisseurin Annette Wolf hat in Hagen bereits Rossinis „Barbier von Sevilla“ und „La Cenerentola“ mit ebenso leichter Hand wie vielen pfiffigen Ideen inszeniert. Auch den „Wildschütz“ würzt sie mit einer Überfülle von witzigen Einfällen, die sich in der ironisch-liebevoll gestalteten Drehbühne Lena Brexendorffs entfalten können. Mit Theater-im-Theater-Situationen versucht die Regie, Lortzings braves Libretto etwas aufzupeppen. So erweist sich das Bekenntnis „Auf dem Lande ist’s so schön“ als 3-D-Vision von Schneewittchen und den sieben Zwergen, und im Wolkenkuckucksheim des Grafenschlosses zieht Werner Hahn als Faktotum Pankratius mit der Fernbedienung die Fäden.

Der Graf raucht verbotene Kräuter

In der früheren DDR hat man versucht, Albert Lortzing zum politischen Komponisten hochzustilisieren, weil die Macht des Geldes im „Wildschütz“ ebenso angesprochen wird wie die Lasterhaftigkeit des Adels. Annette Wolf verzichtet auf Sozialkritik und lässt den Grafen verbotene Kräuter inhalieren, derweil der Opernchor als Dorfbevölkerung sein Dasein mit Alkohol bändigt. Doch alle die geistreichen Brechungen der Handlung können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Lortzings Werk zwar spannende Momente hat, aber auch viele Längen.

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Bariton Raymond Ayers singt den lüsternen Grafen von Eberbach ebenso kultiviert wie Jeffery Kruegers schöner lyrischer Tenor ideal zu seinem Baron Kronthal passt. Sopranistin Jaclyn Bermudez ist eine süße, eigenwillige Baronin von Freimann. Maria Kliers Sopran hat die bewegliche Höhe des Gretchens, ihre Stimme ist jedoch noch zu klein. Marilyn Bennett kann als von der Griechenmode infizierte Gräfin auf himmelhohen Hacken ihr komisches Talent voll ausspielen.

GMD Florian Ludwig liebt die deutschen Romantiker und sucht mit den Hagener Philharmonikern einen weichen, geschmeidigen Orchesterklang, der mit goldenem Hörnerglanz jenes Naturideal beschwört, das sich auf der Bühne längst in psychedelische Dirndl-Erotik verwandelt hat.

Zwischen Tragik und Komik

Wenn Rainer Zaun nicht wäre, bliebe der Abend also eher durchwachsen. Doch Zaun ist ein herausragender Sänger und gleichzeitig ein phantastischer Darsteller, der die berühmte 5000-Taler-Arie seines Schulmeisters mit willkommenen Anspielungen auf die lokale Politik anreichert.

Er legt den Baculus nicht als Knallcharge an, sondern macht mit vielen kleinen Details einen Charakter aus ihm: ein bisschen eitel, ein bisschen weltfremd, ein bisschen beutegierig, kurzsichtig aus Lebensprinzip, der mit arthritischen Altherrenschritten in sein Unglück stolziert, und der unter Sexappeal versteht, sich die Hosen bis unter die Achseln hochzuziehen. So ist dieser Baculus zwischen Komik und Tragik doch die einzige Figur des Stücks, die einen emotional wirklich berührt.

Wieder am 22. März, 17., 21., 24. April. Karten: 02331 / 2073218; 02331 / 2075777 oder www.theater.hagen.de.