Eine Stunde mit dem Hagener Dirigenten Florian Ludwig
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Hagen. . Unsere Leser erhalten bei der Aktion „Eine Stunde mit“ von Generalmusikdirektor Florian Ludwig einen spannenden Einblick mit vielen Experimenten in die Herausforderungen des Dirigierens.
Kaum ein Beruf ist so geheimnisumwoben wie der des Dirigenten. Deshalb haben sich außerordentlich viele unserer Leser für „eine Stunde mit“ Generalmusikdirektor Florian Ludwig beworben. Bei unserer Aktion im Theater Hagen hat Florian Ludwig den Zauberkasten des Maestro-Handwerks gestern Nachmittag weit aufgemacht. Aus ganz Südwestfalen sind die Gewinner unserer Aktion angereist, von Olsberg und Bad Berleburg ebenso wie von Meschede, Arnsberg, Balve, Menden, Hemer, Iserlohn, Hagen und Wetter.
Schokolade ist ein einfaches Wort. Das sollte man meinen. Aber wenn zwei Personen es mit dem Rücken zueinander gleichzeitig laut aussprechen müssen, während ein Dritter den Einsatz gibt, erkennt man grundlegende Probleme des Dirigierens: Wie fängt man gemeinsam an? Wie hört man zusammen wieder auf?
Zeichensprache ist für den Dirigenten effektiver
Fritz Höller aus Wetter und Stephanie Appelhans aus Arnsberg sind die Freiwilligen bei diesem Experiment. „Ein Dirigent kann sich über zwei Sachen vermitteln: über das Wort und über Zeichen. Die Zeichensprache ist viel effektiver. Es ist ganz wichtig, dass man eine Zeichensprache erlernt, die für jeden nachvollziehbar ist“, erläutert Florian Ludwig. „Und was noch wichtiger ist: Ich muss immer vorausberechenbar sein.“ Andernfalls tanzt der Maestro auf dem Podium Ballett, und im Orchester regiert das Chaos. Denn Musik ist eine Kunst, die sich in der Zeit vollzieht. Der Dirigent muss der Zeit immer einen Takt voraus sein, damit die Musik rechtzeitig erklingen kann.
Eine Stunde mit....
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Jetzt skandieren alle Teilnehmer „Schokolade“ unter Ludwigs Dirigat und klatschen dann Rhythmen - auch das vermittelt elementare Erkenntnisse. Das improvisierte Klatsch-Orchester versteht die Körpersprache des Maestros, und man orientiert sich instinktiv an den Nachbarn, die es besser können. „Wir schauen im Orchester auf den Dirigenten und müssen sehr gut aufeinander hören. Die Kommunikation untereinander ist wichtig“, vermittelt Ludwig.
„Jedes Orchester klingt unter jedem Dirigenten jeden Tag anders“
Ein Orchester wie die Hagener Philharmoniker besteht aus 60 hoch spezialisierten Individuen, die ihr Instrument von Kindesbeinen an studiert haben. „Jedes Orchester klingt unter jedem Dirigenten jeden Tag anders“, weiß Ludwig. „Das sind nicht 60 Maschinen, das sind 60 Menschen. Diese Vielfarbigkeit macht die Faszination eines Orchesters aus.“ Daher ist auch nicht derjenige der bessere Maestro, der mit dem Taktstock in wilden Bewegungen die Luft zerteilt. „Im Kern bleibt der Dirigent ein Metronom, die Basis des Ganzen ist das Steuern des Zeitablaufs. Wenn man das vergisst, hört man auf, ein guter Dirigent zu sein“, unterstreicht Ludwig und ergänzt: „Es ist ein Irrglaube, dass Dirigenten sich dadurch auszeichnen, dass sie relativ zackig dirigieren. Das Interessanteste passiert immer bei den weichen Bewegungen.“
Einige Freiwillige leiten nun die Leser-Gruppe, um primäre Techniken zu erforschen. Zum Beispiel, wie alle gemeinsam anfangen können. Die Stichprobe wagt Dagmar Koch aus Witten. Und Ludwig stellt fest, dass die Test-Dirigentin auf die Gruppe reagiert und nicht umgekehrt die Führung übernimmt. Benjamin Mausolf aus Arnsberg und Alexandra Sieberg aus Menden probieren, wie man schneller oder langsamer wird. Lili Dahm aus Hemer ist eine Freiwillige für die wichtige Einsicht, dass, wer gut führen will, sich gut führen lassen können muss.
Teilnehmer aller Altersklassen
Steffen Jungmann aus Olsberg leitet den Musikverein 1898 Wulmeringhausen und dessen Jugendorchester. Er ist also praktisch ein Profi und muss daher mit Mimik und Charisma der Gruppe die Buchstaben „A B C“ in unterschiedlichen Gefühlstönen entlocken. Anke Kortmann aus Menden soll als künftige Musikstudentin die Emotionen „freundlich“, „traurig“ und „larmoyant“ hervorrufen. Es ist keine Überraschung, dass „larmoyant“ nicht so gut klappt. „Man muss sich ganz sicher sein, was man will, dann kann man es transportieren“, tröstet Florian Ludwig.
Die Teilnehmer unserer „Stunde mit“ kommen aus allen Altersstufen. Sie lieben die Musik als Zuhörer, singen im Chor oder spielen in Instrumentalensembles. Ihre helle Begeisterung über die „Stunde mit“ ist das schönste Kompliment für das große Engagement des Hagener Generalmusikdirektors in der ganzen Region, das immer die Brückenschläge zu den musizierenden Laien mit im Blick hat. Und Florian Ludwig bringt seine Berufsphilosophie noch einmal auf den Punkt: „Wer führt, muss sich auch führen lassen, muss bereit sein für Rückkoppelungen.“
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