Hagen/Breckerfeld. . Einen wahren Geldsegen erhielt die Gemeinde Waldbauer. Allerdings geschah das schon vor fast 290 Jahren. Es waren auch nicht Euros, sondern damals gängige Reichstaler (Rt.). Insgesamt 1200 Taler schenkte 1724 der im fernen Wismar in Mecklenburg lebende Kaufmann Johann Georg (Jürgen) Velthusen (Feldhausen) den Einwohnern von Waldbauer. Die ermöglichten den Bau der ersten Schule im Ort.
Das war für die damalige Zeit eine gewaltige Summe. Ein Amtmann z. B. bezog seinerzeit ein Jahresgehalt von etwa 160 Rt. und für 300 bis 900 Rt. bekam man ein solides Haus. Velthusen stammte aus Feldhausen in der damaligen Waldbauerschaft (heute Breckerfeld Ober- und Niederfeldhausen) und war von dort nach Wismar ausgewandert. Durch eigene Geschäftstüchtigkeit oder durch seine Heirat mit einer reichen Nürnberger Patriziertochter hatte er es zu einem großen Vermögen gebracht, doch darüber seine alte Heimat nicht vergessen.
Wie er in seiner heute im Landeskirchlichen Archiv der Ev. Kirche von Westfalen aufbewahrten Schenkungsurkunde erläuterte, wollte er als Dank für die ihm von Gott gewährten „fast unzählbaren Wollthaten“ ein Denkmal errichten und zu diesem Zweck seiner „Heymath“ das Kapital von 1200 Rt. stiften.
Allerdings stand die Summe der Gemeinde nicht zur freien Verfügung. Der Betrag sollte nach dem Willen des Stifters zinsbringend angelegt und von dem Zinsgewinn ein Lehrer angestellt und besoldet werden. Denn, so heißt es in der Urkunde weiter, den Einwohnern der Waldbauerschaft hätten bisher eine Möglichkeit und auch die Mittel gefehlt, ihre Kinder in eine Schule zu schicken.
Bauernschaft zur Evangelisch-Lutherischen Religion verpflichtet
Velthusen war aber nicht nur ein großer Wohltäter, sondern auch ein frommer Protestant. Daher bestimmte er, dass als Lehrer ein Kandidat der Theologie zu wählen sei. Dieser sollte nämlich zusätzlich zum Schulunterricht an Sonn- und Festtagen nachmittags den Kindern den Katechismusunterricht erteilen und anschließend predigen, damit Junge und Alte „von allen unnützen Zeitvertreib und Entheiligung des Sabbaths“ abgehalten würden.
Die Waldbauerschaft gehörte damals noch zur evangelischen Pfarrei Hagen und der Besuch der Pfarrkirche in Hagen am Markt (Johanniskirche) war wegen der großen Entfernung für viele, vor allem alte Einwohner der Bauerschaft beschwerlich bis unmöglich. Nach den Bestimmungen der Stiftungsurkunde war es die Hauptaufgabe des Lehrers, die Kinder der Bauerschaft zur „wahren Gottesfurcht und seligmachenden Lehre der Ev.-Lutherischen Religion“ zu erziehen. Darüber hinaus hatte er ihnen Unterricht lediglich im Lesen und Schreiben zu erteilen. Rechnen war, wie damals allgemein in den ländlichen Elementarschulen, im Unterrichtsplan nicht vorgesehen.
Mit Hilfe der Velthusen-Stiftung bekam Waldbauer die erste Schule
Wie es mit den Kenntnissen selbst in den beiden elementaren Kulturtechniken des Lesens und Schreibens damals in der Waldbauerschaft bestellt war, bezeugt ein Schriftstück aus dem Jahr 1739: Von den 60 dortigen „Hausvätern“ konnten weit über ein Drittel nicht einmal ihren Namen schreiben.
Mit Hilfe der Velthusen-Stiftung hat Waldbauer dann seine erste (Elementar-)Schule erhalten, aber noch lange kein eigenes Schulhaus. Der Unterricht fand in Privathäusern statt. Bei der „Schule“ handelte es sich aber auch nur um eine sogenannte Winkel- oder Heckschule. Das waren Schulen, die anders als die von den Behörden genehmigten „öffentlichen“ Schulen, reine Privatveranstaltungen und daher von der Obrigkeit auch nicht gerne gesehen waren.
Steintafel erinnert an Velthusen
Erster Lehrer in Waldbauer war Johann Nikolaus Bühren, der aber bereits 1729 als Pastor nach (Essen-)Rellinghausen ging. Nachdem 1741 das Gesuch der Waldbauerschaft, eine eigene Pfarrgemeinde zu bilden, die königliche Genehmigung erhalten hatte, wurde der Nachfolger des J. N. Bühren, Schmitz, auch der erste Pastor in Waldbauer. Die evangelisch-lutherische Pfarrei Waldbauer bestand noch genau 270 Jahre. Zum 1. Juli 2011 ging sie in der neuen Ev. Jakobus-Kirchengemeinde Breckerfeld auf.
Inschrift in Originalschreibweise über Kirchentür
An Velthusen und seine Stiftung erinnert heute noch die Inschrift auf einer Steintafel über der alten Eingangstür der in ihrer heutigen Form durch Umbau 1837 entstandenen evangelischen Kirche in Waldbauer-Zurstraße. Der Text der Inschrift lautet in der Originalschreibweise: Diesz Hausz, so hier ist aufgebaut, wo man des Herrn Wort lehrt, hat Herr Johann Georg Veltthaus zu Wiszmar wohl beehrt. O Gott, der Du die Sinne lenckst, lasz künfftig hin aufs Neue übr diesen Gönner und Patron aufgehn Dein Güt und Treüe. Ja Allen, die hier Guts erzeigt, woll Gott in Gnaden sein geneigt.