Hagen.. Im Hagener Stadtarchiv im Historischen Centrum schlummern viele Schätze. Neben unzähligen Akten und Zeitungen, die die Stadtgeschichte dokumentieren, lagert dort auch das älteste Foto der Hagener Innenstadt.

Große Schätze glänzen nicht immer golden und liegen in eisenbeschlagenen Truhen. Manchmal sind große Schätze ganz unscheinbar. Insofern ist das Hagener Stadtarchiv eine wahre Schatzkammer. Ohne Truhen, aber mit Pappkisten, Regalen und Schubladen. In ihnen schlummert ein unvorstellbar wertvoller Schatz: die Geschichte einer Großstadt.

Endlose Regale

Andreas Korthals hütet diesen Schatz. Er ist Historiker im Historischen Centrum der Stadt Hagen an der Eilper Straße. Und der Archivar bewegt sich mit traumwandlerischen Sicherheit zwischen den endlos scheinenden Regalen, deren Systematik sich erst auf den zweiten Blick erschließt.

Die Orden von Liselotte Funcke werden im Archiv aufbewahrt.
Die Orden von Liselotte Funcke werden im Archiv aufbewahrt. © WP | WP

Aber es gibt ein System und eine feste Ordnung. Korthals und seine Kollegen hüten sie wie ihre eigenen Augäpfel. Weil sie wissen, das ein Teil des großen Schatzes verloren geht, wenn Fotos oder Akten an einem Ort abgelegt werden, an dem sie nichts zu suchen haben.

Der Schatz im Historischen Centrum wächst unaufhörlich. Geschichte hat – theoretisch betrachtet – keinen Anfangs- und keinen Endpunkt. Immer wieder landen neue Kostbarkeiten in städtischen Händen. Sie werden erfasst, beschrieben und abgelegt. So wie jüngst all die Orden und Auszeichnungen, die die Nachkommen der verstorbenen Hagener Ehrenbürgerin Liselotte Funcke dem Archiv überlassen haben.

Öffentlicher Schatz

 Der Schatz der Stadt ist im Grunde öffentlich. Aber große Teile schlummern eher im Verborgenen vor sich hin. Andreas Korthals arbeitet daran, dass sich das ändert. Er scannt Fotos ein, die im kommenden Jahr über eine onlinebasierte Datenbank abrufbar werden sollen.

Unzählige Fotos befinden sich auf archivierten Negativrollen,
Unzählige Fotos befinden sich auf archivierten Negativrollen, © WP | WP

„Wir haben hier in Hagen eine der größten Fotosammlungen aller Kommunalarchive in Nordrhein-Westfalen“, sagt der Historiker Dr. Ralf Blank, der künftig gemeinsam mit Dr. Birgit Schulte den Kompetenzbereich Wissenschaft, Archive, Museen des Fachbereichs Kultur leitet, „wir verfügen mindestens über 300.000 Positive, Negative und Glasplatten – vermutlich sind es sogar noch viel mehr.“

Ein kostbarer Schatz ist die erste Aufnahme der Hagener Innenstadt. Derjenige, der sie gemacht hat, stand oberhalb der heutigen Stadthalle. Das Bild zeigt die Johanniskirche umgeben von Fachwerkshäusern, davor den Bereich der Springe, auf der heute der Cinestar steht. „Das Foto stammt aus dem Jahr 1865“, sagt Andreas Korthals. „Wer es geschossen hat, wissen wir nicht.“

Erstes Fotostudio am Bahnhof

Professionelle Fotografen gab es in Hagen schon früh. Die Gebrüder Mende eröffneten eines der ersten Studios überhaupt. „Es befand sich zunächst in der Nähe des Bahnhofs“, sagt Ralf Blank, „vermutlich, weil sie davon ausgegangen sind, dass Menschen, die einem modernen Verkehrsmittel gegenüber offen eingestellt sind, auch etwas für Fotografie übrig haben.“

Diese Steuerliste vom Gericht Hagen stammt aus dem Jahr 1677.
Diese Steuerliste vom Gericht Hagen stammt aus dem Jahr 1677. © WP | WP

Auch einer der ersten Zeitungsfotografen arbeitete in Hagen. „Die Sammlung von Willi Lehmacher haben wir übernommen“, erklärt Ralf Blank, „fotogeschichtlich ist das ein Schatz.“ Lehmacher (1902 bis 1976) galt „als der Prototyp eines rasenden Bildreporters. Er war schon in den 20er Jahren in Hagen unterwegs.“ Lehmacher arbeitete als freier Fotograf auch für die WESTFALENPOST.

Mehr als 30.000 Akten

Erfasst aber sind nicht nur Fotos, sondern auch mehr als 30.000 Akten. Hinzu kommen Hagener Zeitungen – die erste, die Wochenzeitung „Hermann“, aus dem Jahr 1814. „Aus dieser Kombination lässt sich der Wandel der Stadt nahezu lückenlos nachvollziehen“, so Korthals.

Und trotzdem bröckelt der Schatz im Historischen Centrum zuweilen. Neue Kommunikationswege tragen die Schuld. „Vieles wird heute per E-Mail abgewickelt“, so Korthals, „da kriegen wir manches gar nicht mit. Parallel stellt sich die Frage der Haltbarkeit.

Wir haben hier Bücher, die sind älter als 500 Jahre, in denen man Dinge nachlesen kann. Aber was ist in 500 Jahren mit Festplatten und Servern? Suchen Sie doch heute mal einen Rechner, in den sie noch eine Diskette einlegen können...“