Hagen. „Es ist schon eine tolle Erinnerung, wenn der eigene Urgroßvater auf so einem historischen Bild zu sehen ist“, sagt Rainer Stöcker beim Blick auf das Deckblatt des historischen Kalenders 2012 mit dem Titel „Streiflichter“. Auf der Novemberseite ist das Bild im Vollformat noch einmal zu bewundern.

Zehn kräftige Männer und vier stämmige Pferde. Handschriftlich wurde die Jahreszahl 1925 vermerkt und ein kleines Kreuz weist auf den Urgroßvater hin. „Das war der Hagener Fuhrpark vor fast 90 Jahren“, weiß Rainer Stöcker.

Aus der eigenen Sammlung, aus dem Stadtarchiv und aus dem Fundus von Wilhelm Droste und Werner Kötter haben Stöcker und der Vereinsvorsitzende Wolfgang Müller den Monatskalender für den Hagener Geschichtsverein zusammengestellt. Damit „streifen“ sie aber nicht nur die „gute alte Zeit“, sie erinnern und erzählen mit ihren qualitativ hochwertigen Schwarz-weiß-Bildern Geschichten aus dem Arbeits-, Freizeit- und kulturellen Leben der Hagener im letzten und vorletzten Jahrhundert.

Juli-Blatt zeigt bisher unveröffentlichtes Bild

Zwölf Monate und zwölf historische Stationen, die den Betrachter oft schmunzeln lassen, aber auch nachdenklich stimmen. So stammt die älteste Aufnahme von 1890 und zeigt die Belegschaft der Hohenlimburger Firma Boecker & Haver. Mit Holzpantinen an den Füßen und Schürzen um den Körper stehen und sitzen die Arbeiter vor dem Fotografen, darunter ganz junge Gesichter – Kinderarbeiter war vor über 100 Jahren an der Tagesordnung. Auch das Klassenfoto von 1904, auf dem die Kinder der Hestertschule mit ernster Miene in die Kamera schauen, zeigt eine unglückliche Generation. Zehn Jahre später mussten viele von ihnen den Militärdienst antreten – so mancher Schüler von damals fiel im 1. Weltkrieg.

Aus dem Fass in die Flasche

Doch zurück zu den amüsanten Episoden, zum Beispiel eingefangen mit der Kamera 1960 in Haspe. In der Brückenschänke An der Kohlenbahn, die wegen der darüber liegenden Bahnlinie auch „Ratata-Bar“ genannt wurde, wird gerade Eversbusch aus dem Fass in die Flasche gefüllt. Oder wie wäre es im Monat Juni mit Camping im Schatten der Hasper Hütte? Im Oktober zeigen hingegen die Turner auf dem Sportplatz Rehsieper Weg, was sie in den Armen haben. Im Hintergrund ist das Gasometer an der Wehringhauser Straße zu sehen.

Unveröffentlicht und damit auch ein besonderer Anlass zur Herausgabe des „Streiflicht-Kalenders“ ist das Juli-Foto. „Das Bild zeigt den Festzug zum 50-jährigen Bestehen des Hasper Kirmesfestzug-Vereins am 2. Juli 1910 auf der Voerder Straße. Da in diesem Jahr der 150ste Geburtstag der Hasper Kirmes gefeiert wurde, ist das doch eine schöne Kombination der Ereignisse“, so Rainer Stöcker. Den ersten Preis erhielt damals übrigens „die große Segelregatta auf der Ennepe“.