Hagen. . Wer auf das Schumacher-Museum in Hagen schaut, ahnt in der Regel nicht, dass dieser Ort einst der blutigste der Stadt war. Doch das ist lange her. Knapp 90 Jahre lang gingen Scharfrichter hier ihrer Tätigkeit nach. Allerdings nicht allzu oft.
Hagens blutigster Ort befand sich einst mitten in der Innenstadt. An einer Stelle, die seit einigen Jahren wieder zu den prominenteren zählt. Dort, wo seit 2009 ein lichtdurchfluteter, heller Bau Kulturinteressierte begeistert, ging einst ein Scharfrichter seiner Tätigkeit nach.
„Allerdings dürften es zwischen 1830 und 1914 nicht mehr als 20 Hinrichtungen gewesen sein, die am Standort des heutigen Schumacher-Museum vollstreckt wurden“, sagt der Hagener Historiker Dr. Ralf Blank, Fachdienstleiter Wissenschaft, Museen und Archive bei der Stadt Hagen. Durch das Handbeil wurden die Delinquenten hingerichtet.
„Die Termine waren öffentlich und wurden durch rote Plakate in der Stadt bekanntgegeben“, sagt Blank, der sich intensiv mit der Historie des geschichtsträchtigen Ortes, an dem sich lange Zeit das Polizeigefängnis der Stadt befand, beschäftigt hat. „Das bestätigt eine Akte im Stadtarchiv. Zuschauer erhielten Eintrittskarten, um im Hof des Gefängnisses dem ,Theater des Schreckens“ beizuwohnen.“
Unterbringung politischer Gegner
Ein Schauplatz der Gewalt und des Terrors war das Polizeigefängnis auch zu Zeiten des Nationalsozialismus zwischen 1933 und 1945. Ab 1934 war in der Polizeiverwaltung direkt neben dem Gefängnisbau die Außenstelle der Geheimen Staatspolizei Dortmund untergebracht. „Das Polizeigefängnis nutzte die Staatspolizei als Haftstätte für ihre Gefangenen“, so Dr. Ralf Blank. „Bis 1940 wurden hier überwiegend politische Gegner und Menschen untergebracht, die aus ideologischen Gründen verfolgt wurden. Darunter waren auch Juden, die während der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November inhaftiert wurden.“
Aufnahmestopp im Gefängnis
Während des zweiten Weltkriegs nahm die Anzahl der Inhaftierten dramatisch zu. „Durch die schlimmen Haftbedingungen und die tausenden Gefangenen, die durch die Gestapo aus verbrecherischen Gründen festgehalten und misshandelt wurden, wurde das Polizeigefängnis zum Unrechtsort“, sagt Ralf Blank. Eingesperrt wurden nicht mehr nur Regimegegner und „Volksgenossen“, die mit den nationalsozialistischen Gesetzen in Konflikt geraten waren, sondern zunehmend auch ausländische Arbeitskräfte. „In den letzten drei Kriegsjahren waren die Zellen derartig überfüllt, dass über Wochen ein Aufnahmestopp verhängt werden musste.“
Durch die großen Bombenangriffe auf die Hagener Innenstadt wurden die Zustände im Polizeigefängnis immer schlimmer. „Ungeschützt waren die Gefangenen in ihren Zellen den Bombardements der Alliierten ausgeliefert“, so Blank, „gelang den Gefangenen wie im Dezember 1944 und im März 1945 die Flucht, drohte ihnen bei der Wiederergreifung im günstigsten Fall die Einweisung in eine Konzentrationslager.“
Gestapo holte Gefangene
Gerade gegen Kriegsende ließen sich die Mitglieder des Gestapo von Wachpersonal des Polizeigefängnisses immer wieder Gefangene aushändigen. „Sie wurden dann in den Wäldern im Umkreis von Hagen oder in Gestapo-Lagern in der Stadt ermordet“, sagt Ralf Blank, „von rund 50 Menschen ist ein solches Schicksal bekannt. Vermutlich waren es aber noch mehr Gefangene des Polizeigefängnisses, die dem Vernichtungsterror der Gestapo in den letzten Kriegswochen zum Opfer fielen.“
1975 zog die Polizeiverwaltung aus der Innenstadt zur Hoheleye. Die Wache Mitte ist nach wie vor an der Prenzelstraße beheimatet. Das Gebäude, in dem einst das Polizeigefängnis untergebracht war, wurde 1978 abgerissen.
Ort mit düsterer Geschichte
Für Blank ist und bleibt das Gebäude ein Ort mit düsterer Geschichte. „Vielleicht“, so der Historiker, „sind Kunst, die ja ein positives Lebensgefühl vermitteln soll und die Erinnerung an Emil Schumacher, der das Nazi-Regime verabscheute, an diesem Ort ja genau richtig aufgehoben.“