Hagen. Der Wirtschaftsbetrieb Hagen baut Pflanzen-Kläranlagen in Afrika - und fällt damit auf. Nun kam die Entwicklungsministerin zu Besuch:
Eigentlich muss es den Chef des Hagener Wirtschaftsbetriebs (WBH) nicht kümmern, welche Sorte Sand sich am besten für pflanzliche Kläranlagen in Afrika eignet. Doch über dieses Thema kann Hans-Joachim Bihs inzwischen fachsimpeln. Denn der WBH war als Entwicklungshelfer in Burkina Faso aktiv und hat mehrere kleine Pflanzen-Kläranlagen in der Hauptstadt des Landes aufgebaut. Außerdem wurden Handbücher angefertigt, mit denen die Menschen vor Ort künftig weitere solcher Anlagen nachbauen können.
Rund 200.000 Euro kostete das Projekt, größtenteils aus Fördermitteln finanziert. Rund ein Viertel der Kosten trug der WBH aus Eigenmitteln.
Kann es sich eine Kommune mit knappen Haushaltsmitteln wie Hagen erlauben, als Entwicklungshelfer aufzutreten? „Die Stadt muss es sich erlauben“, ist Bihs überzeugt, solange es im finanziell vertretbaren Rahmen bleibe. „Wenn wir unser Wissen nicht mit Entwicklungsländern teilen, dann werden wir unsere Probleme nie unter Kontrolle bekommen“, denkt er an den hohen Zustrom von Flüchtlingen. Projekte wie die Pflanzen-Kläranlagen könnten Fluchtursachen in den Ländern bekämpfen.
Mitarbeiter gründen Förderverein
Auch habe das Projekt die Mitarbeiter im Hause motiviert. So gründete sich ein Förderverein, der Spenden für das Projekt sammelt. Auch schickte der WBH mit Unterstützung des Programms Konkreter Friedensdienst eine Gruppe Azubis in das afrikanische Land. Dass Kommunen in der Entwicklungsarbeit tätig werden, sei nicht selbstverständlich, betont Svenja Schulze, Bundesentwicklungsministerin. Sie informierte sich in der WBH-Verwaltungszentrale über die Hintergründe des Projektes in Burkina Faso.
In der Hauptstadt Ouagadougou, wo die jährliche Durchschnittstemperatur bei 29 Grad liegt, ist Wasser ein kostbares und zugleich fahrlässig behandeltes Gut. Aufbereitung findet nicht statt. An diesem Punkt setzt das Projekt des WBH an. Vor zehn Jahren begannen die Hagener, vor Ort eine erste Pflanzen-Kläranlage mit einfachen Mitteln zu entwickeln. Die Anlagen funktionieren ohne Pumpen, allein durch die Schwerkraft. Eine Technik, die ähnlich auch in Hagen vom WBH längst eingesetzt wird.
„Die Technik solcher Pflanzen-Kläranlagen ist in Deutschland längst bekannt, allerdings halfen uns die DIN-Normen solcher Anlagen in Burkina Faso nicht weiter“, so Bihs. Entwickelt wurde mit Materialien vor Ort und im Jahr 2018 konnte schließlich eine erste einfache Pflanzen-Kläranlage im Dorf Ouidtenga aufgebaut werden.
Grauwasser gereinigt
Frauen aus einer Initiative im Dorf sammelten Abwasser aus Duschen und Küche und brachten es in Fässern zu der Anlage, die von Eseln getragen wurden. Die Pflanzen-Kläranlage des WBH reinigt durch Pflanzenwurzeln und Bakterien das Grauwasser. Ergebnis: Das Wasser ist so sauber, dass es wieder genutzt werden kann, um Nutzpflanzen zu bewässern. Gerade in Trockenzeiten eine wichtige Hilfe. Trinkwasserqualität nach europäischen Standards hat dieses Wasser allerdings nicht.
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Einfache Technik
Die Kläranlage wurde so entwickelt, dass sie ohne spezielles Material und Fachwissen nachgebaut werden kann. Der WBH schrieb Handbücher in deutsch und der französischen Landessprache, damit die Menschen vor Ort solche Anlagen andernorts nachbauen können. Die Anlage in Ouidtenga wurde im vergangenen Jahr dank 10.000 Euro-Förderung der Georg Kraus Stiftung und Unterstützung des Vereins zur Förderung der Entwicklungszusammenarbeit e.V. mit einem Brunnen und einer WC-Anlage ausgestattet.
Zwei weitere Pflanzen-Kläranlagen realisierte der WBH an zwei Schulen in der Hauptstadt Ouagadougou. Eine konnte wegen der Pandemie nicht in Betrieb genommen werden. „Dort befindet sich heute ein Müllplatz“, berichtet Bihs. Die andere Kläranlage wird heute von Schülern betreut. Sie liefert Wasser für einen Schulgarten, das aus den Abwassern der Schulküche gewonnen wird.
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Lob von Ministerin
„Das Schöne an diesem Projekt ist, dass es nachhaltig ist“, sagt Entwicklungsministerin Schulze. „Es wurde mit Materialien vor Ort gebaut und kann in Burkina Faso an anderer Stelle wiederholt werden. Das ist vorbildlich.“ Zudem profitierten beide Seiten von so einem Projekt. Das Ministerium berate Kommunen bei Fragen der Entwicklungszusammenarbeit und könne auch finanzielle Hilfe leisten. Worte, die Oberbürgermeister Erik O. Schulz gerne hören dürfte. „Wir werden keine nennenswerten eigenen Mittel in die Hand nehmen können“, sagt Schulz. „Um Entwicklungsarbeit zu finanzieren, braucht es Fördergelder.“
Weiterer Austausch
Für den Sommer 2024 haben sich Vertreter aus der Hauptstadt von Burkina Faso zu einem Besuch beim Hagener Wirtschaftsbetrieb angekündigt, um über Themen wie Müllentsorgung zu sprechen. Ende 2024 folgen Vertreter des stattlichen Wasserversorgers Burkina Fasos (ONEA), um sich über Wasser- und Abwasserthemen auszutauschen.