Hagen-Mitte. Das Jahrhunderthochwasser zerstörte den CVJM in Hagen bis auf die Grundmauern. Drei Jahre später kommt die Heimatministerin zu Besuch.
Das konnte Ina Scharrenbach nicht wissen. Aber ihr Fahrer parkte den wuchtigen Audi unter dem Ginkgo-Baum hinter der Zentrale des CVJM am Märkischen Ring. 1870 hatte ihn Textilfabrikant Carl Elbers, dessen prächtige Villa einst hier am Fuße des Rembergs stand, dort angepflanzt. Der älteste Baum dieser Art in der Region wurde im Zweiten Weltkrieg durch Granatsplitter schwer beschädigt. Nun ist er Naturdenkmal. Keine Sorge, es folgt kein Botanik-Vortrag. Aber der Parkplatz ist Sinnbild für Scharrenbachs Besuch beim CVJM. Denn der trotzte auch einer Katastrophe.
Als das kam, was als Jahrhundertflut in die Geschichte dieser Stadt eingegangen ist, soff der CVJM ab. Die Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 war das. Das Innere des 1964 errichteten Gebäudes glich danach einem Rohbau mit Fenstern. Die Jahrhundertflut hatte alles verwüstet. Im Keller stand das Wasser bis zur Decke, im Erdgeschoss 60 Zentimeter hoch. Alles musste raus, nichts war mehr zu gebrauchen.
150.000 Bücher zerstört
150.000 Bücher landeten auf dem Müll, musikalisches Equipment, Tische, Stühle, das Material für die Kinder- und Jugendarbeit, technische Einrichtungsgegenstände. Das Wasser der Volme schwappte über die Marktbrücke und wälzte sich über den Märkischen Ring, innerhalb einer Stunde war das CVJM-Quartier überflutet. 95 Prozent des Inventars, so schätzten die Verantwortlichen damals, wurden zerstört. Auch die Räume der benachbarten Suppenküche, in der mittellose Menschen ein warmes Mittagessen erhalten, ertranken in der braunen Brühe. Sie sind mittlerweile wieder saniert und am Start.
Einige Gruppen treffen sich jetzt in dem großen Zelt, das provisorisch im Innenhof aufgebaut wurde, jedoch bald von einer Containeranlage abgelöst werden soll. Dort werden dann auch die 40 Männer aus dem Wohnheim, deren Schlafstätten in den oberen Etagen liegen und deshalb von der Flut verschont wurden, verköstigt werden.
Immer noch große Emotionen
Der CVJM-Vorsitzenden Katrin Kaiser zittert teilweise die Stimme, als sie beim Besuch der Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Mittwoch zur Zuhörerschaft spricht. „Wie man merkt, fasst uns alle das Thema immer noch sehr an“, sagte sie und bedankte sich für jene Welle, die mindestens genauso stark wie die Flut war: die der Solidarität und Hilfe aus der Gesellschaft, von der Stadt Hagen, aber vor allem vom Land.
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Mag sein, dass nicht jeder sich immer gleich mitgenommen oder seinen Fall als zügig bearbeitet empfand. Das räumt Ministerin Scharrenbach in ihrer Ansprache wiederum auch ein. Die Zahlen, die sie aber rezitiert, zeugen - das darf man bei aller Objektivität so sagen - von zeitnahem und wirkungsvollen Handeln von Land und Landesregierung. Rund 1500 Hilfe-Anträge waren durch flutgeschädigte Bürger an das Land gerichtet worden. 28 Millionen Euro ließ das Land ihnen zukommen. Im Rahmen des Wiederaufbaus der in Teilen zerstörten Stadt-Infrastruktur flossen daneben 88 Millionen Euro nach Hagen. „Ich glaube, das zeigt, wie ernst wir die Lage in Hagen genommen haben und sie bis heute nehmen“, sagt Ina Scharrenbach.
Während sie das sagt, schaut sie sich sie um. Die Räumlichkeiten des CVJM strahlen wieder. So angemessen, dass es der Bedeutung dieser Einrichtung sehr gerecht wird. Das findet auch Oberbürgermeister Erik O. Schulz, der selbst eine Verbindung zu diesem Ort hat. Er berichtet davon, wie sein heute 86-jähriger Vater einst „aus der Ostzone“ kam und wo zunächst wohnte? „Genau, im CVJM-Turm.“
Das Hilfe-Geld vom Land hat der CVJM längst verbaut. Ina Scharrenbachs Scheckübergabe hat somit Symbolwert. 1,6 Millionen Euro flossen an den Christlichen Verein Junger Männer in Hagen. „Sie haben wirklich das Beste daraus gemacht“, sagt Ina Scharrenbach. Wohl wahr . . .